schildern wenn und weil er bedeutend ist. Als Vorbilder4. Abschnitt. wirken hierauf außer Sueton auch Nepos, die viri illustres und Plutarch ein, so weit er bekannt und übersetzt war; für literaturgeschichtliche Aufzeichnungen scheinen die Lebens- beschreibungen der Grammatiker, Rhetoren und Dichter, welche wir als Beilagen zu Sueton kennen 1), wesentlich als Vorbilder gedient zu haben, auch das viel gelesene Leben Virgil's von Donatus.
Wie nun biographische Sammlungen, Leben berühmter Männer, berühmter Frauen, mit dem XIV. Jahrh. auf- kamen, wurde schon oben (S. 148, f.) erwähnt. Soweit sie nicht Zeitgenossen schildern, hängen sie natürlich von den frühern Darstellern ab; die erste bedeutende freie Leistung ist wohl das Leben Dante's von Boccaccio. Leicht undToscanische Biographik. schwungvoll hingeschrieben und reich an Willkürlichkeiten, giebt diese Arbeit doch das lebhafte Gefühl von dem Außer- ordentlichen in Dante's Wesen. Dann folgen, zu Ende des XIV. Jahrhunderts, die "vite" ausgezeichneter Florentiner, von Filippo Villani. Es sind Leute jedes Faches: Dichter, Juristen, Aerzte, Philologen, Künstler, Staats- und Kriegs- männer, darunter noch lebende. Florenz wird hier behan- delt wie eine begabte Familie, wo man die Sprößlinge notirt, in welchen der Geist des Hauses besonders kräftig ausgesprochen ist. Die Characteristiken sind nur kurz, aber mit einem wahren Talent für das Bezeichnende gegeben und noch besonders merkwürdig durch das Zusammenfassen der äußern Physiognomie mit der innern. Fortan 2) haben die Toscaner nie aufgehört, die Menschenschilderung als eine Sache ihrer speciellen Befähigung zu betrachten, und von ihnen haben wir die wichtigsten Characteristiken der Italiener des XV. und XVI. Jahrhunderts überhaupt.
1) Wie früh auch Philostratus, wage ich nicht zu entscheiden.
2) Hier ist wieder auf jene oben, S. 139, f., excerpirte Biographie des L. B. Alberti hinzuweisen, sowie auf die zahlreichen florent. Bio- graphien bei Muratori, im Archivio storico u. a. a. O.
ſchildern wenn und weil er bedeutend iſt. Als Vorbilder4. Abſchnitt. wirken hierauf außer Sueton auch Nepos, die viri illustres und Plutarch ein, ſo weit er bekannt und überſetzt war; für literaturgeſchichtliche Aufzeichnungen ſcheinen die Lebens- beſchreibungen der Grammatiker, Rhetoren und Dichter, welche wir als Beilagen zu Sueton kennen 1), weſentlich als Vorbilder gedient zu haben, auch das viel geleſene Leben Virgil's von Donatus.
Wie nun biographiſche Sammlungen, Leben berühmter Männer, berühmter Frauen, mit dem XIV. Jahrh. auf- kamen, wurde ſchon oben (S. 148, f.) erwähnt. Soweit ſie nicht Zeitgenoſſen ſchildern, hängen ſie natürlich von den frühern Darſtellern ab; die erſte bedeutende freie Leiſtung iſt wohl das Leben Dante's von Boccaccio. Leicht undToscaniſche Biographik. ſchwungvoll hingeſchrieben und reich an Willkürlichkeiten, giebt dieſe Arbeit doch das lebhafte Gefühl von dem Außer- ordentlichen in Dante's Weſen. Dann folgen, zu Ende des XIV. Jahrhunderts, die „vite“ ausgezeichneter Florentiner, von Filippo Villani. Es ſind Leute jedes Faches: Dichter, Juriſten, Aerzte, Philologen, Künſtler, Staats- und Kriegs- männer, darunter noch lebende. Florenz wird hier behan- delt wie eine begabte Familie, wo man die Sprößlinge notirt, in welchen der Geiſt des Hauſes beſonders kräftig ausgeſprochen iſt. Die Characteriſtiken ſind nur kurz, aber mit einem wahren Talent für das Bezeichnende gegeben und noch beſonders merkwürdig durch das Zuſammenfaſſen der äußern Phyſiognomie mit der innern. Fortan 2) haben die Toscaner nie aufgehört, die Menſchenſchilderung als eine Sache ihrer ſpeciellen Befähigung zu betrachten, und von ihnen haben wir die wichtigſten Characteriſtiken der Italiener des XV. und XVI. Jahrhunderts überhaupt.
1) Wie früh auch Philoſtratus, wage ich nicht zu entſcheiden.
2) Hier iſt wieder auf jene oben, S. 139, f., excerpirte Biographie des L. B. Alberti hinzuweiſen, ſowie auf die zahlreichen florent. Bio- graphien bei Muratori, im Archivio storico u. a. a. O.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0339"n="329"/>ſchildern wenn und weil er bedeutend iſt. Als Vorbilder<noteplace="right"><hirendition="#b"><hirendition="#u">4. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/>
wirken hierauf außer Sueton auch Nepos, die <hirendition="#aq">viri illustres</hi><lb/>
und Plutarch ein, ſo weit er bekannt und überſetzt war;<lb/>
für literaturgeſchichtliche Aufzeichnungen ſcheinen die Lebens-<lb/>
beſchreibungen der Grammatiker, Rhetoren und Dichter,<lb/>
welche wir als Beilagen zu Sueton kennen <noteplace="foot"n="1)">Wie früh auch Philoſtratus, wage ich nicht zu entſcheiden.</note>, weſentlich<lb/>
als Vorbilder gedient zu haben, auch das viel geleſene<lb/>
Leben Virgil's von Donatus.</p><lb/><p>Wie nun biographiſche Sammlungen, Leben berühmter<lb/>
Männer, berühmter Frauen, mit dem <hirendition="#aq">XIV.</hi> Jahrh. auf-<lb/>
kamen, wurde ſchon oben (S. 148, f.) erwähnt. Soweit ſie<lb/>
nicht Zeitgenoſſen ſchildern, hängen ſie natürlich von den<lb/>
frühern Darſtellern ab; die erſte bedeutende freie Leiſtung<lb/>
iſt wohl das Leben Dante's von Boccaccio. Leicht und<noteplace="right">Toscaniſche<lb/>
Biographik.</note><lb/>ſchwungvoll hingeſchrieben und reich an Willkürlichkeiten,<lb/>
giebt dieſe Arbeit doch das lebhafte Gefühl von dem Außer-<lb/>
ordentlichen in Dante's Weſen. Dann folgen, zu Ende des<lb/><hirendition="#aq">XIV.</hi> Jahrhunderts, die „<hirendition="#aq">vite</hi>“ ausgezeichneter Florentiner,<lb/>
von Filippo Villani. Es ſind Leute jedes Faches: Dichter,<lb/>
Juriſten, Aerzte, Philologen, Künſtler, Staats- und Kriegs-<lb/>
männer, darunter noch lebende. Florenz wird hier behan-<lb/>
delt wie eine begabte Familie, wo man die Sprößlinge<lb/>
notirt, in welchen der Geiſt des Hauſes beſonders kräftig<lb/>
ausgeſprochen iſt. Die Characteriſtiken ſind nur kurz, aber<lb/>
mit einem wahren Talent für das Bezeichnende gegeben<lb/>
und noch beſonders merkwürdig durch das Zuſammenfaſſen<lb/>
der äußern Phyſiognomie mit der innern. Fortan <noteplace="foot"n="2)">Hier iſt wieder auf jene oben, S. 139, f., excerpirte Biographie des<lb/>
L. B. Alberti hinzuweiſen, ſowie auf die zahlreichen florent. Bio-<lb/>
graphien bei Muratori, im <hirendition="#aq">Archivio storico</hi> u. a. a. O.</note> haben<lb/>
die Toscaner nie aufgehört, die Menſchenſchilderung als<lb/>
eine Sache ihrer ſpeciellen Befähigung zu betrachten, und<lb/>
von ihnen haben wir die wichtigſten Characteriſtiken der<lb/>
Italiener des <hirendition="#aq">XV.</hi> und <hirendition="#aq">XVI.</hi> Jahrhunderts überhaupt.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[329/0339]
ſchildern wenn und weil er bedeutend iſt. Als Vorbilder
wirken hierauf außer Sueton auch Nepos, die viri illustres
und Plutarch ein, ſo weit er bekannt und überſetzt war;
für literaturgeſchichtliche Aufzeichnungen ſcheinen die Lebens-
beſchreibungen der Grammatiker, Rhetoren und Dichter,
welche wir als Beilagen zu Sueton kennen 1), weſentlich
als Vorbilder gedient zu haben, auch das viel geleſene
Leben Virgil's von Donatus.
4. Abſchnitt.
Wie nun biographiſche Sammlungen, Leben berühmter
Männer, berühmter Frauen, mit dem XIV. Jahrh. auf-
kamen, wurde ſchon oben (S. 148, f.) erwähnt. Soweit ſie
nicht Zeitgenoſſen ſchildern, hängen ſie natürlich von den
frühern Darſtellern ab; die erſte bedeutende freie Leiſtung
iſt wohl das Leben Dante's von Boccaccio. Leicht und
ſchwungvoll hingeſchrieben und reich an Willkürlichkeiten,
giebt dieſe Arbeit doch das lebhafte Gefühl von dem Außer-
ordentlichen in Dante's Weſen. Dann folgen, zu Ende des
XIV. Jahrhunderts, die „vite“ ausgezeichneter Florentiner,
von Filippo Villani. Es ſind Leute jedes Faches: Dichter,
Juriſten, Aerzte, Philologen, Künſtler, Staats- und Kriegs-
männer, darunter noch lebende. Florenz wird hier behan-
delt wie eine begabte Familie, wo man die Sprößlinge
notirt, in welchen der Geiſt des Hauſes beſonders kräftig
ausgeſprochen iſt. Die Characteriſtiken ſind nur kurz, aber
mit einem wahren Talent für das Bezeichnende gegeben
und noch beſonders merkwürdig durch das Zuſammenfaſſen
der äußern Phyſiognomie mit der innern. Fortan 2) haben
die Toscaner nie aufgehört, die Menſchenſchilderung als
eine Sache ihrer ſpeciellen Befähigung zu betrachten, und
von ihnen haben wir die wichtigſten Characteriſtiken der
Italiener des XV. und XVI. Jahrhunderts überhaupt.
Toscaniſche
Biographik.
1) Wie früh auch Philoſtratus, wage ich nicht zu entſcheiden.
2) Hier iſt wieder auf jene oben, S. 139, f., excerpirte Biographie des
L. B. Alberti hinzuweiſen, ſowie auf die zahlreichen florent. Bio-
graphien bei Muratori, im Archivio storico u. a. a. O.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/339>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.