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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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ständig beherrscht, eben weil er diese unter sich so verschie-5. Abschnitt.
denen Menschen in Freiheit sich ergehen läßt 1). Man sieht
z. B. wie er seinen großen Hauslehrer Poliziano schonte,
wie die souveränen Manieren des Gelehrten und Dichters
eben noch kaum verträglich waren mit den nothwendigen
Schranken, welche der sich vorbereitende Fürstenrang des
Hauses und die Rücksicht auf die empfindliche Gemahlin
vorschrieben; dafür ist aber Poliziano der Herold und das
wandelnde Symbol des mediceischen Ruhmes. Lorenzo
freut sich dann auch recht in der Weise eines Medici, seinLorenzo als
Schilderer sei-
nes Kreises.

geselliges Vergnügen selber zu verherrlichen, monumental
darzustellen. In der herrlich improvisirten "Falkenjagd"
schildert er seine Genossen scherzhaft, in dem "Gelage" sogar
höchst burlesk, allein so, daß man die Fähigkeit des ernst-
haftesten Verkehrs deutlich durchfühlt2). Von diesem Ver-
kehr geben dann seine Correspondenz und die Nachrichten
über seine gelehrte und philosophische Conversation reichliche
Kunde. Andere spätere gesellige Kreise in Florenz sind zum
Theil theoretisirende politische Clubbs, die zugleich eine
poetische und philosophische Seite haben wie z. B. die so-
genannte platonische Academie, als sie sich nach Lorenzo's
Tode in den Gärten der Ruccellai versammelte 3).

1) Vgl. Lor. Magnif. de' Medici, Poesie I, 204 (das Gelage);
291 (die Falkenjagd). -- Roscoe, vita di Lorenzo, III, p. 140
und Beilagen 17 bis 19.
2) Der Titel Simposio ist ungenau; es sollte heißen: die Heimkehr
von der Weinlese. Lorenzo schildert in höchst vergnüglicher Weise,
nämlich in einer Parodie nach Dante's Hölle, wie er, zumeist in
Via Faenza, alle seine guten Freunde nacheinander mehr oder weniger
benebelt vom Lande her kommend antrifft. Von der schönsten Komik
ist im 8. Capitolo das Bild des Piovano Arlotto, welcher auszieht
seinen verlorenen Durst zu suchen und zu diesem Endzweck an sich
hängen hat: dürres Fleisch, einen Häring, einen Reif Käse, ein
Würstchen und vier Sardellen, e tutte si cocevan nel sudore.
3) Ueber Cosimo Ruccellai als Mittelpunkt dieses Kreises zu Anfang
des XVI. Jahrh. vgl. Macchiavelli, arte della guerra, L. I.

ſtändig beherrſcht, eben weil er dieſe unter ſich ſo verſchie-5. Abſchnitt.
denen Menſchen in Freiheit ſich ergehen läßt 1). Man ſieht
z. B. wie er ſeinen großen Hauslehrer Poliziano ſchonte,
wie die ſouveränen Manieren des Gelehrten und Dichters
eben noch kaum verträglich waren mit den nothwendigen
Schranken, welche der ſich vorbereitende Fürſtenrang des
Hauſes und die Rückſicht auf die empfindliche Gemahlin
vorſchrieben; dafür iſt aber Poliziano der Herold und das
wandelnde Symbol des mediceiſchen Ruhmes. Lorenzo
freut ſich dann auch recht in der Weiſe eines Medici, ſeinLorenzo als
Schilderer ſei-
nes Kreiſes.

geſelliges Vergnügen ſelber zu verherrlichen, monumental
darzuſtellen. In der herrlich improviſirten „Falkenjagd“
ſchildert er ſeine Genoſſen ſcherzhaft, in dem „Gelage“ ſogar
höchſt burlesk, allein ſo, daß man die Fähigkeit des ernſt-
hafteſten Verkehrs deutlich durchfühlt2). Von dieſem Ver-
kehr geben dann ſeine Correſpondenz und die Nachrichten
über ſeine gelehrte und philoſophiſche Converſation reichliche
Kunde. Andere ſpätere geſellige Kreiſe in Florenz ſind zum
Theil theoretiſirende politiſche Clubbs, die zugleich eine
poetiſche und philoſophiſche Seite haben wie z. B. die ſo-
genannte platoniſche Academie, als ſie ſich nach Lorenzo's
Tode in den Gärten der Ruccellai verſammelte 3).

1) Vgl. Lor. Magnif. de' Medici, Poesie I, 204 (das Gelage);
291 (die Falkenjagd). — Roscoe, vita di Lorenzo, III, p. 140
und Beilagen 17 bis 19.
2) Der Titel Simposio iſt ungenau; es ſollte heißen: die Heimkehr
von der Weinleſe. Lorenzo ſchildert in höchſt vergnüglicher Weiſe,
nämlich in einer Parodie nach Dante's Hölle, wie er, zumeiſt in
Via Faenza, alle ſeine guten Freunde nacheinander mehr oder weniger
benebelt vom Lande her kommend antrifft. Von der ſchönſten Komik
iſt im 8. Capitolo das Bild des Piovano Arlotto, welcher auszieht
ſeinen verlorenen Durſt zu ſuchen und zu dieſem Endzweck an ſich
hängen hat: dürres Fleiſch, einen Häring, einen Reif Käſe, ein
Würſtchen und vier Sardellen, e tutte si cocevan nel sudore.
3) Ueber Coſimo Ruccellai als Mittelpunkt dieſes Kreiſes zu Anfang
des XVI. Jahrh. vgl. Macchiavelli, arte della guerra, L. I.
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[383/0393] ſtändig beherrſcht, eben weil er dieſe unter ſich ſo verſchie- denen Menſchen in Freiheit ſich ergehen läßt 1). Man ſieht z. B. wie er ſeinen großen Hauslehrer Poliziano ſchonte, wie die ſouveränen Manieren des Gelehrten und Dichters eben noch kaum verträglich waren mit den nothwendigen Schranken, welche der ſich vorbereitende Fürſtenrang des Hauſes und die Rückſicht auf die empfindliche Gemahlin vorſchrieben; dafür iſt aber Poliziano der Herold und das wandelnde Symbol des mediceiſchen Ruhmes. Lorenzo freut ſich dann auch recht in der Weiſe eines Medici, ſein geſelliges Vergnügen ſelber zu verherrlichen, monumental darzuſtellen. In der herrlich improviſirten „Falkenjagd“ ſchildert er ſeine Genoſſen ſcherzhaft, in dem „Gelage“ ſogar höchſt burlesk, allein ſo, daß man die Fähigkeit des ernſt- hafteſten Verkehrs deutlich durchfühlt 2). Von dieſem Ver- kehr geben dann ſeine Correſpondenz und die Nachrichten über ſeine gelehrte und philoſophiſche Converſation reichliche Kunde. Andere ſpätere geſellige Kreiſe in Florenz ſind zum Theil theoretiſirende politiſche Clubbs, die zugleich eine poetiſche und philoſophiſche Seite haben wie z. B. die ſo- genannte platoniſche Academie, als ſie ſich nach Lorenzo's Tode in den Gärten der Ruccellai verſammelte 3). 5. Abſchnitt. Lorenzo als Schilderer ſei- nes Kreiſes. 1) Vgl. Lor. Magnif. de' Medici, Poesie I, 204 (das Gelage); 291 (die Falkenjagd). — Roscoe, vita di Lorenzo, III, p. 140 und Beilagen 17 bis 19. 2) Der Titel Simposio iſt ungenau; es ſollte heißen: die Heimkehr von der Weinleſe. Lorenzo ſchildert in höchſt vergnüglicher Weiſe, nämlich in einer Parodie nach Dante's Hölle, wie er, zumeiſt in Via Faenza, alle ſeine guten Freunde nacheinander mehr oder weniger benebelt vom Lande her kommend antrifft. Von der ſchönſten Komik iſt im 8. Capitolo das Bild des Piovano Arlotto, welcher auszieht ſeinen verlorenen Durſt zu ſuchen und zu dieſem Endzweck an ſich hängen hat: dürres Fleiſch, einen Häring, einen Reif Käſe, ein Würſtchen und vier Sardellen, e tutte si cocevan nel sudore. 3) Ueber Coſimo Ruccellai als Mittelpunkt dieſes Kreiſes zu Anfang des XVI. Jahrh. vgl. Macchiavelli, arte della guerra, L. I.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/393>, abgerufen am 24.11.2024.