Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.5. Abschnitt.für alle edlern Leibesübungen und für den höhern geselligen Volksspiele.Spiele und Wettübungen des Volkes unterschieden sich 1) Coelius Calcagninus (Opera, p. 514) schildert die Erziehung eines jungen Italieners von Stande um 1500 (in der Leichenrede auf Antonio Costabili) wie folgt: zuerst artes liberales et ingenuae disciplinae; tum adolescentia in iis exercitationibus acta, quae ad rem militarem corpus animumque praemuniunt. Nunc gymnastae (d. h. dem Turnlehrer) operam dare, luctari, excurrere, natare, equitare, venari, aucupari, ad palum et apud lanistam ictus inferre aut declinare, caesim punctimve hostem ferire, hastam vibrare, sub armis hyemem iuxta et aestatem traducere, lanceis occursare, veri ac communis Martis simulacra imitari. -- Cardanus (de propria vita, c. 7) nennt unter seinen Turnübungen auch das Hinaufspringen auf das hölzerne Pferd. 2) Sansovino, Venezia, fol. 172, s. Sie sollen entstanden sein bei
Anlaß des Hinausfahrens zum Lido, wo man mit der Armbrust zu 5. Abſchnitt.für alle edlern Leibesübungen und für den höhern geſelligen Volksſpiele.Spiele und Wettübungen des Volkes unterſchieden ſich 1) Coelius Calcagninus (Opera, p. 514) ſchildert die Erziehung eines jungen Italieners von Stande um 1500 (in der Leichenrede auf Antonio Coſtabili) wie folgt: zuerſt artes liberales et ingenuæ disciplinæ; tum adolescentia in iis exercitationibus acta, quæ ad rem militarem corpus animumque præmuniunt. Nunc gymnastae (d. h. dem Turnlehrer) operam dare, luctari, excurrere, natare, equitare, venari, aucupari, ad palum et apud lanistam ictus inferre aut declinare, cæsim punctimve hostem ferire, hastam vibrare, sub armis hyemem iuxta et æstatem traducere, lanceis occursare, veri ac communis Martis simulacra imitari. — Cardanus (de propria vita, c. 7) nennt unter ſeinen Turnübungen auch das Hinaufſpringen auf das hölzerne Pferd. 2) Sansovino, Venezia, fol. 172, s. Sie ſollen entſtanden ſein bei
Anlaß des Hinausfahrens zum Lido, wo man mit der Armbruſt zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0396" n="386"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">5. Abſchnitt.</hi></hi></note>für alle edlern Leibesübungen und für den höhern geſelligen<lb/> Anſtand. Für Reiten, Fechten und Tanzen haben ſie durch<lb/> Werke mit Abbildungen und durch Unterricht den Ton an-<lb/> gegeben; das Turnen, abgelöst von der Kriegsübung wie<lb/> vom bloßen Spiel, iſt vielleicht zu allererſt von Vittorino<lb/> da Feltre (S. 208) gelehrt worden, und dann ein Requiſit<lb/> der höhern Erziehung geblieben <note place="foot" n="1)">Coelius Calcagninus (<hi rendition="#aq">Opera, p.</hi> 514) ſchildert die Erziehung eines<lb/> jungen Italieners von Stande um 1500 (in der Leichenrede auf<lb/> Antonio Coſtabili) wie folgt: zuerſt <hi rendition="#aq">artes liberales et ingenuæ<lb/> disciplinæ; tum adolescentia in iis exercitationibus acta, quæ<lb/> ad rem militarem corpus animumque præmuniunt. Nunc<lb/><hi rendition="#g">gymnastae</hi></hi> (d. h. dem Turnlehrer) <hi rendition="#aq">operam dare, luctari,<lb/> excurrere, natare, equitare, venari, aucupari, ad palum et<lb/> apud lanistam ictus inferre aut declinare, cæsim punctimve<lb/> hostem ferire, hastam vibrare, sub armis hyemem iuxta et<lb/> æstatem traducere, lanceis occursare, veri ac communis<lb/> Martis simulacra imitari.</hi> — Cardanus (<hi rendition="#aq">de propria vita, c.</hi> 7)<lb/> nennt unter ſeinen Turnübungen auch das Hinaufſpringen auf das<lb/> hölzerne Pferd.</note>. Entſcheidend iſt dabei,<lb/> daß es kunſtgemäß gelehrt wird; welche Uebungen vor-<lb/> kamen, ob die jetzt vorwiegenden auch damals gekannt<lb/> waren, können wir freilich nicht ermitteln. Wie ſehr aber<lb/> außer der Kraft und Gewandtheit auch die Anmuth als<lb/> Zweck und Ziel galt, geht nicht nur aus der ſonſt bekann-<lb/> ten Denkweiſe der Nation, ſondern auch aus beſtimmten<lb/> Nachrichten hervor. Es genügt an den großen Federigo<lb/> von Montefeltro (S. 45) zu erinnern, wie er die abend-<lb/> lichen Spiele der ihm anvertrauten jungen Leute leitete.</p><lb/> <p><note place="left">Volksſpiele.</note>Spiele und Wettübungen des Volkes unterſchieden ſich<lb/> wohl nicht weſentlich von den im übrigen Abendlande ver-<lb/> breiteten. In den Seeſtädten kam natürlich das Wettrudern<lb/> hinzu und die venezianiſchen Regatten waren ſchon frühe<lb/> berühmt <note xml:id="seg2pn_24_1" next="#seg2pn_24_2" place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Sansovino, Venezia, fol. 172, s.</hi> Sie ſollen entſtanden ſein bei<lb/> Anlaß des Hinausfahrens zum Lido, wo man mit der Armbruſt zu</note>. Das claſſiſche Spiel Italiens war und iſt be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [386/0396]
für alle edlern Leibesübungen und für den höhern geſelligen
Anſtand. Für Reiten, Fechten und Tanzen haben ſie durch
Werke mit Abbildungen und durch Unterricht den Ton an-
gegeben; das Turnen, abgelöst von der Kriegsübung wie
vom bloßen Spiel, iſt vielleicht zu allererſt von Vittorino
da Feltre (S. 208) gelehrt worden, und dann ein Requiſit
der höhern Erziehung geblieben 1). Entſcheidend iſt dabei,
daß es kunſtgemäß gelehrt wird; welche Uebungen vor-
kamen, ob die jetzt vorwiegenden auch damals gekannt
waren, können wir freilich nicht ermitteln. Wie ſehr aber
außer der Kraft und Gewandtheit auch die Anmuth als
Zweck und Ziel galt, geht nicht nur aus der ſonſt bekann-
ten Denkweiſe der Nation, ſondern auch aus beſtimmten
Nachrichten hervor. Es genügt an den großen Federigo
von Montefeltro (S. 45) zu erinnern, wie er die abend-
lichen Spiele der ihm anvertrauten jungen Leute leitete.
5. Abſchnitt.
Spiele und Wettübungen des Volkes unterſchieden ſich
wohl nicht weſentlich von den im übrigen Abendlande ver-
breiteten. In den Seeſtädten kam natürlich das Wettrudern
hinzu und die venezianiſchen Regatten waren ſchon frühe
berühmt 2). Das claſſiſche Spiel Italiens war und iſt be-
Volksſpiele.
1) Coelius Calcagninus (Opera, p. 514) ſchildert die Erziehung eines
jungen Italieners von Stande um 1500 (in der Leichenrede auf
Antonio Coſtabili) wie folgt: zuerſt artes liberales et ingenuæ
disciplinæ; tum adolescentia in iis exercitationibus acta, quæ
ad rem militarem corpus animumque præmuniunt. Nunc
gymnastae (d. h. dem Turnlehrer) operam dare, luctari,
excurrere, natare, equitare, venari, aucupari, ad palum et
apud lanistam ictus inferre aut declinare, cæsim punctimve
hostem ferire, hastam vibrare, sub armis hyemem iuxta et
æstatem traducere, lanceis occursare, veri ac communis
Martis simulacra imitari. — Cardanus (de propria vita, c. 7)
nennt unter ſeinen Turnübungen auch das Hinaufſpringen auf das
hölzerne Pferd.
2) Sansovino, Venezia, fol. 172, s. Sie ſollen entſtanden ſein bei
Anlaß des Hinausfahrens zum Lido, wo man mit der Armbruſt zu
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