und der Mord an Guido, Astorre, Simonetto und Gis-1. Abschnitt. mondo vollzogen; die Andern konnten entweichen.
Als Astorre's Leiche mit der des Simonetto auf der Gasse lag, verglichen ihn die Zuschauer "und besonders die fremden Studenten" mit einem alten Römer; so würdig und groß war der Anblick; in Simonetto fanden sie noch das Trotzigkühne, als hätte ihn selbst der Tod nicht ge- bändigt. Die Sieger gingen bei den Freunden der Familie herum und wollten sich empfehlen, fanden jedoch Alles in Thränen und mit der Abreise auf die Landgüter beschäftigt. Aber die entronnenen Baglionen sammelten draußen Mann- schaft, und drangen, Gianpaolo an der Spitze, des folgen- den Tages in die Stadt, wo andere Anhänger, so eben von Bareiglia mit dem Tode bedroht, schleunig zu ihm stießen; als bei S. Ercolano Grifone in seine Hände fiel, überließ er es seinen Leuten, ihn niederzumachen; Barciglia und Penna aber flüchteten sich nach Camerino zum Hauptanstifter des Unheils, Varano; in einem Augenblick, fast ohne Ver- lust, war Gianpaolo Herr der Stadt.
Atalanta, Grifone's noch schöne und junge Mutter,Atalanta Ba- glione. die sich Tags zuvor sammt seiner Gattin Zenobia und zwei Kindern Gianpaolo's auf ein Landgut zurückgezogen und den ihr nacheilenden Sohn mehrmals mit ihrem Mutter- fluche von sich gewiesen, kam jetzt mit der Schwiegertochter herbei und suchte den sterbenden Sohn. Alles wich vor den beiden Frauen auf die Seite; Niemand wollte als der erkannt sein, der den Grifone erstochen hätte, um nicht die Verwünschung der Mutter auf sich zu ziehen. Aber man irrte sich; sie selber beschwor den Sohn, denjenigen zu ver- zeihen, welche die tödtlichen Streiche geführt, und er ver- schied unter ihren Segnungen. Ehrfurchtsvoll sahen die Leute den beiden Frauen nach, als sie in ihren blutigen Kleidern über den Platz schritten. Diese Atalanta ist es, für welche später Rafael die weltberühmte Grablegung ge-
und der Mord an Guido, Aſtorre, Simonetto und Gis-1. Abſchnitt. mondo vollzogen; die Andern konnten entweichen.
Als Aſtorre's Leiche mit der des Simonetto auf der Gaſſe lag, verglichen ihn die Zuſchauer „und beſonders die fremden Studenten“ mit einem alten Römer; ſo würdig und groß war der Anblick; in Simonetto fanden ſie noch das Trotzigkühne, als hätte ihn ſelbſt der Tod nicht ge- bändigt. Die Sieger gingen bei den Freunden der Familie herum und wollten ſich empfehlen, fanden jedoch Alles in Thränen und mit der Abreiſe auf die Landgüter beſchäftigt. Aber die entronnenen Baglionen ſammelten draußen Mann- ſchaft, und drangen, Gianpaolo an der Spitze, des folgen- den Tages in die Stadt, wo andere Anhänger, ſo eben von Bareiglia mit dem Tode bedroht, ſchleunig zu ihm ſtießen; als bei S. Ercolano Grifone in ſeine Hände fiel, überließ er es ſeinen Leuten, ihn niederzumachen; Barciglia und Penna aber flüchteten ſich nach Camerino zum Hauptanſtifter des Unheils, Varano; in einem Augenblick, faſt ohne Ver- luſt, war Gianpaolo Herr der Stadt.
Atalanta, Grifone's noch ſchöne und junge Mutter,Atalanta Ba- glione. die ſich Tags zuvor ſammt ſeiner Gattin Zenobia und zwei Kindern Gianpaolo's auf ein Landgut zurückgezogen und den ihr nacheilenden Sohn mehrmals mit ihrem Mutter- fluche von ſich gewieſen, kam jetzt mit der Schwiegertochter herbei und ſuchte den ſterbenden Sohn. Alles wich vor den beiden Frauen auf die Seite; Niemand wollte als der erkannt ſein, der den Grifone erſtochen hätte, um nicht die Verwünſchung der Mutter auf ſich zu ziehen. Aber man irrte ſich; ſie ſelber beſchwor den Sohn, denjenigen zu ver- zeihen, welche die tödtlichen Streiche geführt, und er ver- ſchied unter ihren Segnungen. Ehrfurchtsvoll ſahen die Leute den beiden Frauen nach, als ſie in ihren blutigen Kleidern über den Platz ſchritten. Dieſe Atalanta iſt es, für welche ſpäter Rafael die weltberühmte Grablegung ge-
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und der Mord an Guido, Aſtorre, Simonetto und Gis-
mondo vollzogen; die Andern konnten entweichen.
1. Abſchnitt.
Als Aſtorre's Leiche mit der des Simonetto auf der
Gaſſe lag, verglichen ihn die Zuſchauer „und beſonders die
fremden Studenten“ mit einem alten Römer; ſo würdig
und groß war der Anblick; in Simonetto fanden ſie noch
das Trotzigkühne, als hätte ihn ſelbſt der Tod nicht ge-
bändigt. Die Sieger gingen bei den Freunden der Familie
herum und wollten ſich empfehlen, fanden jedoch Alles in
Thränen und mit der Abreiſe auf die Landgüter beſchäftigt.
Aber die entronnenen Baglionen ſammelten draußen Mann-
ſchaft, und drangen, Gianpaolo an der Spitze, des folgen-
den Tages in die Stadt, wo andere Anhänger, ſo eben von
Bareiglia mit dem Tode bedroht, ſchleunig zu ihm ſtießen;
als bei S. Ercolano Grifone in ſeine Hände fiel, überließ
er es ſeinen Leuten, ihn niederzumachen; Barciglia und
Penna aber flüchteten ſich nach Camerino zum Hauptanſtifter
des Unheils, Varano; in einem Augenblick, faſt ohne Ver-
luſt, war Gianpaolo Herr der Stadt.
Atalanta, Grifone's noch ſchöne und junge Mutter,
die ſich Tags zuvor ſammt ſeiner Gattin Zenobia und zwei
Kindern Gianpaolo's auf ein Landgut zurückgezogen und
den ihr nacheilenden Sohn mehrmals mit ihrem Mutter-
fluche von ſich gewieſen, kam jetzt mit der Schwiegertochter
herbei und ſuchte den ſterbenden Sohn. Alles wich vor
den beiden Frauen auf die Seite; Niemand wollte als der
erkannt ſein, der den Grifone erſtochen hätte, um nicht die
Verwünſchung der Mutter auf ſich zu ziehen. Aber man
irrte ſich; ſie ſelber beſchwor den Sohn, denjenigen zu ver-
zeihen, welche die tödtlichen Streiche geführt, und er ver-
ſchied unter ihren Segnungen. Ehrfurchtsvoll ſahen die
Leute den beiden Frauen nach, als ſie in ihren blutigen
Kleidern über den Platz ſchritten. Dieſe Atalanta iſt es,
für welche ſpäter Rafael die weltberühmte Grablegung ge-
Atalanta Ba-
glione.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/41>, abgerufen am 23.11.2024.
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