Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.Aber auch die Mönche selber schonten oft Fürsten, Be-6. Abschnitt. 1) Matteo Villani VIII, 1, s. Er predigte zuerst gegen die Tyrannis überhaupt, dann, als ihn das herrschende Haus der Beccaria hatte wollen ermorden lassen, änderte er in einer Predigt selbst die Ver- fassung und die Behörden und nöthigte die Beccaria zur Flucht (1357). 2) Bisweilen stellte auch das regierende Haus in bedrängten Zeiten Mönche an, um das Volk für Loyalität zu begeistern. Ein Beispiel aus Ferrara bei Sanudo (Murat. XXII, Col. 1218). 3) Prato, arch. stor. III, p. 251. -- Spätere fanatisch antifranzö- sische Prediger, nach der Vertreibung der Franzosen erwähnt Buri- gozzo, ibid., pag. 443, 449, 485; ad a. 1523, 1526, 1529. 4) Jac. Pitti, storia fior. L. II. p. 112.
Aber auch die Mönche ſelber ſchonten oft Fürſten, Be-6. Abſchnitt. 1) Matteo Villani VIII, 1, s. Er predigte zuerſt gegen die Tyrannis überhaupt, dann, als ihn das herrſchende Haus der Beccaria hatte wollen ermorden laſſen, änderte er in einer Predigt ſelbſt die Ver- faſſung und die Behörden und nöthigte die Beccaria zur Flucht (1357). 2) Bisweilen ſtellte auch das regierende Haus in bedrängten Zeiten Mönche an, um das Volk für Loyalität zu begeiſtern. Ein Beiſpiel aus Ferrara bei Sanudo (Murat. XXII, Col. 1218). 3) Prato, arch. stor. III, p. 251. — Spätere fanatiſch antifranzö- ſiſche Prediger, nach der Vertreibung der Franzoſen erwähnt Buri- gozzo, ibid., pag. 443, 449, 485; ad a. 1523, 1526, 1529. 4) Jac. Pitti, storia fior. L. II. p. 112.
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Aber auch die Mönche ſelber ſchonten oft Fürſten, Be-
hörden, Clerus und ihren eigenen Stand durchaus nicht.
Zwar eine directe Predigt zum Sturz eines Tyrannenhauſes,
wie die des Fra Jacopo Buſſolaro zu Pavia im XIV.
Jahrhundert geweſen war 1), trifft man in den folgenden
Zeiten nicht mehr an, wohl aber muthigen Tadel, ſelbſt
gegen den Papſt in deſſen eigener Capelle (S. 233, Anm.), und
naive politiſche Rathſchläge in Gegenwart von Fürſten, die
deſſen nicht zu bedürfen glaubten 2). Auf dem Caſtellplatz
zu Mailand durfte 1494 ein blinder Prediger aus der In-
coronata (alſo ein Auguſtiner) dem Lodovico Moro von
der Kanzel her zurufen: „Herr, zeige den Franzoſen den
Weg nicht, denn Du wirſt es bereuen! 3)“ Es gab weiſ-
ſagende Mönche, welche vielleicht nicht direct politiſirten,
aber ſo ſchreckliche Bilder der Zukunft entwarfen, daß den
Zuhörern die Beſinnung verging. Ein ganzer Verein von
ſolchen, zwölf Franciscaner Conventualen, durchzogen bald
nach der Wahl Leo's X. (1513) die verſchiedenen Land-
ſchaften Italiens, wie ſie dieſelben unter ſich vertheilt hatten.
Derjenige von ihnen, welcher in Florenz predigte 4), Fra
Francesco di Montepulciano, erregte ein ſteigendes Ent-
ſetzen unter dem ganzen Volke, indem ſeine Aeußerungen,
gewiß eher verſtärkt als gemildert, auch zu denjenigen ge-
langten, welche vor Gedränge nicht ſelber in ſeine Nähe
6. Abſchnitt.
Die Warner.
1) Matteo Villani VIII, 1, s. Er predigte zuerſt gegen die Tyrannis
überhaupt, dann, als ihn das herrſchende Haus der Beccaria hatte
wollen ermorden laſſen, änderte er in einer Predigt ſelbſt die Ver-
faſſung und die Behörden und nöthigte die Beccaria zur Flucht (1357).
2) Bisweilen ſtellte auch das regierende Haus in bedrängten Zeiten
Mönche an, um das Volk für Loyalität zu begeiſtern. Ein Beiſpiel
aus Ferrara bei Sanudo (Murat. XXII, Col. 1218).
3) Prato, arch. stor. III, p. 251. — Spätere fanatiſch antifranzö-
ſiſche Prediger, nach der Vertreibung der Franzoſen erwähnt Buri-
gozzo, ibid., pag. 443, 449, 485; ad a. 1523, 1526, 1529.
4) Jac. Pitti, storia fior. L. II. p. 112.
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