1. Abschnitt.bis 1200 in 6 Schulen rechnen lernten; dazu gegen 600 Schüler, welche in vier Schulen in (lateinischer) Gram- matik und Logik unterrichtet wurden. Es folgt die Sta- tistik der Kirchen und Klöster, der Spitäler (mit mehr als 1000 Betten im Ganzen); die Wollen-Industrie, mit äußerst werthvollen Einzelangaben; die Münze, die Verprovianti- rung der Stadt, die Beamtenschaft u. A. m. 1) Anderes erfährt man beiläufig: wie z. B.: bei der Einrichtung der neuen Staatsrenten (monte) im Jahr 1353 u. f. auf den Kanzeln gepredigt wurde, von den Franciscanern dafür, von den Dominicanern und Augustinern dagegen 2); vollends Der schwarze Tod.haben in ganz Europa die öconomischen Folgen des schwarzen Todes nirgends eine solche Beachtung und Darstellung ge- funden noch finden können wie hier 3). Nur ein Flo- rentiner konnte uns überliefern: wie man erwartete, daß bei der Wenigkeit der Menschen Alles wohlfeil werden sollte, und wie statt dessen Lebensbedürfnisse und Arbeits- lohn auf das Doppelte stiegen; wie das gemeine Volk Anfangs gar nicht mehr arbeiten sondern nur gut leben wollte; wie zumal die Knechte und Mägde in der Stadt nur noch um sehr hohen Lohn zu haben waren; wie die Bauern nur noch das allerbeste Land bebauen mochten und das geringere liegen ließen u. s. w.; wie dann die enormen Vermächtnisse für die Armen, die während der Pest gemacht wurden, nachher zwecklos erschienen, weil die Armen theils gestorben theils nicht mehr arm waren. Endlich wird ein- mal bei Gelegenheit eines großen Vermächtnisses, da ein kinderloser Wohlthäter allen Stadtbettlern je sechs Denare hinterließ, eine umfassende Bettelstatistik4) von Florenz versucht.
1) Es gab in dem solid gebauten Florenz bereits eine stehende Lösch- mannschaft, ibid. XII, 35.
2)Matteo Villani, III, 106.
3)Matteo Villani, I, 2--7, vgl. 58.
4)Gio. Villani X, 164.
1. Abſchnitt.bis 1200 in 6 Schulen rechnen lernten; dazu gegen 600 Schüler, welche in vier Schulen in (lateiniſcher) Gram- matik und Logik unterrichtet wurden. Es folgt die Sta- tiſtik der Kirchen und Klöſter, der Spitäler (mit mehr als 1000 Betten im Ganzen); die Wollen-Induſtrie, mit äußerſt werthvollen Einzelangaben; die Münze, die Verprovianti- rung der Stadt, die Beamtenſchaft u. A. m. 1) Anderes erfährt man beiläufig: wie z. B.: bei der Einrichtung der neuen Staatsrenten (monte) im Jahr 1353 u. f. auf den Kanzeln gepredigt wurde, von den Franciscanern dafür, von den Dominicanern und Auguſtinern dagegen 2); vollends Der ſchwarze Tod.haben in ganz Europa die öconomiſchen Folgen des ſchwarzen Todes nirgends eine ſolche Beachtung und Darſtellung ge- funden noch finden können wie hier 3). Nur ein Flo- rentiner konnte uns überliefern: wie man erwartete, daß bei der Wenigkeit der Menſchen Alles wohlfeil werden ſollte, und wie ſtatt deſſen Lebensbedürfniſſe und Arbeits- lohn auf das Doppelte ſtiegen; wie das gemeine Volk Anfangs gar nicht mehr arbeiten ſondern nur gut leben wollte; wie zumal die Knechte und Mägde in der Stadt nur noch um ſehr hohen Lohn zu haben waren; wie die Bauern nur noch das allerbeſte Land bebauen mochten und das geringere liegen ließen u. ſ. w.; wie dann die enormen Vermächtniſſe für die Armen, die während der Peſt gemacht wurden, nachher zwecklos erſchienen, weil die Armen theils geſtorben theils nicht mehr arm waren. Endlich wird ein- mal bei Gelegenheit eines großen Vermächtniſſes, da ein kinderloſer Wohlthäter allen Stadtbettlern je ſechs Denare hinterließ, eine umfaſſende Bettelſtatiſtik4) von Florenz verſucht.
1) Es gab in dem ſolid gebauten Florenz bereits eine ſtehende Löſch- mannſchaft, ibid. XII, 35.
2)Matteo Villani, III, 106.
3)Matteo Villani, I, 2—7, vgl. 58.
4)Gio. Villani X, 164.
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bis 1200 in 6 Schulen rechnen lernten; dazu gegen
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tiſtik der Kirchen und Klöſter, der Spitäler (mit mehr als
1000 Betten im Ganzen); die Wollen-Induſtrie, mit äußerſt
werthvollen Einzelangaben; die Münze, die Verprovianti-
rung der Stadt, die Beamtenſchaft u. A. m. 1) Anderes
erfährt man beiläufig: wie z. B.: bei der Einrichtung der
neuen Staatsrenten (monte) im Jahr 1353 u. f. auf den
Kanzeln gepredigt wurde, von den Franciscanern dafür,
von den Dominicanern und Auguſtinern dagegen 2); vollends
haben in ganz Europa die öconomiſchen Folgen des ſchwarzen
Todes nirgends eine ſolche Beachtung und Darſtellung ge-
funden noch finden können wie hier 3). Nur ein Flo-
rentiner konnte uns überliefern: wie man erwartete, daß
bei der Wenigkeit der Menſchen Alles wohlfeil werden
ſollte, und wie ſtatt deſſen Lebensbedürfniſſe und Arbeits-
lohn auf das Doppelte ſtiegen; wie das gemeine Volk
Anfangs gar nicht mehr arbeiten ſondern nur gut leben
wollte; wie zumal die Knechte und Mägde in der Stadt
nur noch um ſehr hohen Lohn zu haben waren; wie die
Bauern nur noch das allerbeſte Land bebauen mochten und
das geringere liegen ließen u. ſ. w.; wie dann die enormen
Vermächtniſſe für die Armen, die während der Peſt gemacht
wurden, nachher zwecklos erſchienen, weil die Armen theils
geſtorben theils nicht mehr arm waren. Endlich wird ein-
mal bei Gelegenheit eines großen Vermächtniſſes, da ein
kinderloſer Wohlthäter allen Stadtbettlern je ſechs Denare
hinterließ, eine umfaſſende Bettelſtatiſtik 4) von Florenz
verſucht.
1. Abſchnitt.
Der ſchwarze
Tod.
1) Es gab in dem ſolid gebauten Florenz bereits eine ſtehende Löſch-
mannſchaft, ibid. XII, 35.
2) Matteo Villani, III, 106.
3) Matteo Villani, I, 2—7, vgl. 58.
4) Gio. Villani X, 164.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/88>, abgerufen am 21.11.2024.
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