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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Bildung des Arztes.
stellt badurch die Heilkunst in die Reihe der Wissenschaften
(§ 42).

§ 586.

Endlich gewährt ihr Studium Schärfe des Urtheils,
Bündigkeit der Folgerung, und überhaupt Vollkommenheit
im Denken: Eigenschaften, ohne welche die Heilkunst über-
haupt nie vollkommen realisirt werden kann.

§ 587.

Auf diese Art bildet die Philosophie die Heilkunst, giebt
ihr aber keinen Stoff an die Hand, denn sie betrachtet die
geistige Natur des Menschen immer nur nach dem in ihr ent-
haltenen Grunde für eine sich gleich bleibende nothwendige
Form ihrer Thätigkeit, und nach dem Zwecke dieser Thä-
tigkeit.

§ 588.

Die Heilkunst hingegen untersucht zwar auch die geistige
Natur des Menschen, aber nicht nach dem Grunde oder dem
Zwecke ihrer Thätigkeit, sondern überhaupt nach ihren Aeus-
serungen, wie dieselben durch die Erfahrung erkannt werden,
und bedient sich dieser Beobachtung zufolge, entweder der
geistigen Vermögen selbst, oder der Würkung auf dieselben
nach ihrem bestimmten Zwecke.

§ 589.

Die Geschichte belehrt uns daher, daß in demselben
Grade, als die Philosophie von ihrem ursprünglichen Zwecke
abwich, sich in metaphysischen Spitzfündigkeiten und blin-
dem Dogmatismus verlor, auch die Heilkunst von der Stufe,
welche sie erreicht hatte, herab sank. Und wenn dieselbe in
unsrem Zeitalter sich ihrer möglichen Vollkommenheit mehr
nähert, so hat sie dies einzig und allein dem Lichte der Phi-

losophie
M 3

Bildung des Arztes.
ſtellt badurch die Heilkunſt in die Reihe der Wiſſenſchaften
(§ 42).

§ 586.

Endlich gewaͤhrt ihr Studium Schaͤrfe des Urtheils,
Buͤndigkeit der Folgerung, und uͤberhaupt Vollkommenheit
im Denken: Eigenſchaften, ohne welche die Heilkunſt uͤber-
haupt nie vollkommen realiſirt werden kann.

§ 587.

Auf dieſe Art bildet die Philoſophie die Heilkunſt, giebt
ihr aber keinen Stoff an die Hand, denn ſie betrachtet die
geiſtige Natur des Menſchen immer nur nach dem in ihr ent-
haltenen Grunde fuͤr eine ſich gleich bleibende nothwendige
Form ihrer Thaͤtigkeit, und nach dem Zwecke dieſer Thaͤ-
tigkeit.

§ 588.

Die Heilkunſt hingegen unterſucht zwar auch die geiſtige
Natur des Menſchen, aber nicht nach dem Grunde oder dem
Zwecke ihrer Thaͤtigkeit, ſondern uͤberhaupt nach ihren Aeuſ-
ſerungen, wie dieſelben durch die Erfahrung erkannt werden,
und bedient ſich dieſer Beobachtung zufolge, entweder der
geiſtigen Vermoͤgen ſelbſt, oder der Wuͤrkung auf dieſelben
nach ihrem beſtimmten Zwecke.

§ 589.

Die Geſchichte belehrt uns daher, daß in demſelben
Grade, als die Philoſophie von ihrem urſpruͤnglichen Zwecke
abwich, ſich in metaphyſiſchen Spitzfuͤndigkeiten und blin-
dem Dogmatismus verlor, auch die Heilkunſt von der Stufe,
welche ſie erreicht hatte, herab ſank. Und wenn dieſelbe in
unſrem Zeitalter ſich ihrer moͤglichen Vollkommenheit mehr
naͤhert, ſo hat ſie dies einzig und allein dem Lichte der Phi-

loſophie
M 3
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[181/0199] Bildung des Arztes. ſtellt badurch die Heilkunſt in die Reihe der Wiſſenſchaften (§ 42). § 586. Endlich gewaͤhrt ihr Studium Schaͤrfe des Urtheils, Buͤndigkeit der Folgerung, und uͤberhaupt Vollkommenheit im Denken: Eigenſchaften, ohne welche die Heilkunſt uͤber- haupt nie vollkommen realiſirt werden kann. § 587. Auf dieſe Art bildet die Philoſophie die Heilkunſt, giebt ihr aber keinen Stoff an die Hand, denn ſie betrachtet die geiſtige Natur des Menſchen immer nur nach dem in ihr ent- haltenen Grunde fuͤr eine ſich gleich bleibende nothwendige Form ihrer Thaͤtigkeit, und nach dem Zwecke dieſer Thaͤ- tigkeit. § 588. Die Heilkunſt hingegen unterſucht zwar auch die geiſtige Natur des Menſchen, aber nicht nach dem Grunde oder dem Zwecke ihrer Thaͤtigkeit, ſondern uͤberhaupt nach ihren Aeuſ- ſerungen, wie dieſelben durch die Erfahrung erkannt werden, und bedient ſich dieſer Beobachtung zufolge, entweder der geiſtigen Vermoͤgen ſelbſt, oder der Wuͤrkung auf dieſelben nach ihrem beſtimmten Zwecke. § 589. Die Geſchichte belehrt uns daher, daß in demſelben Grade, als die Philoſophie von ihrem urſpruͤnglichen Zwecke abwich, ſich in metaphyſiſchen Spitzfuͤndigkeiten und blin- dem Dogmatismus verlor, auch die Heilkunſt von der Stufe, welche ſie erreicht hatte, herab ſank. Und wenn dieſelbe in unſrem Zeitalter ſich ihrer moͤglichen Vollkommenheit mehr naͤhert, ſo hat ſie dies einzig und allein dem Lichte der Phi- loſophie M 3

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/199>, abgerufen am 24.11.2024.