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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Kritik der Heilkunst.
ist: wir müssen nun untersuchen, wie sie diesem Versprechen
Genüge leistet, und welches deshalb ihre Quellen sind.

§ 56.

Alle Kenntnisse der Heilkunst sind Naturkenntnisse (§. 45),
d. h. sie betreffen Erscheinungen, welche unabhängig von
der Willkühr des Menschen, nur in der allgemeinen Natur-
kraft begründet, aber durch den Menschen in ihren Aeuße-
rungen modificirt sind. Es gilt daher das Gemeinsame,
welches auf alle unsere Naturkenntnisse sich bezieht, auch
von der Heilkunst.

§ 57.

Die Natur lernen wir zuerst aus ihren Werken, aus
den Erscheinungen, welche uns umgeben, und welche wir
vermittelst unserer Sinne wahrnehmen, kennen. Wahr-
nehmung
ist also der erste Schritt zur Kenntniß der
Natur.

§ 58.

Verbinden wir sodann die einzelnen Wahrnehmungen
zu einem Ganzen, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf
die Folge der Erscheinungen, in welcher sie sich uns darbie-
ten: so erhalten wir eine Beobachtung.

§ 59.

Erweitern wir den Kreis unserer Kenntnisse durch Be-
obachtung einer Erscheinung in der Natur, welche uns bis-
her noch unbekannt war: so machen wir eine Entdek-
kung
.

§ 60.

Die aufmerksame Beobachtung der Natur im Allge-
meinen und in ihren einzelnen Wirkungen belehrt uns von

einem
B 4

Kritik der Heilkunſt.
iſt: wir muͤſſen nun unterſuchen, wie ſie dieſem Verſprechen
Genuͤge leiſtet, und welches deshalb ihre Quellen ſind.

§ 56.

Alle Kenntniſſe der Heilkunſt ſind Naturkenntniſſe (§. 45),
d. h. ſie betreffen Erſcheinungen, welche unabhaͤngig von
der Willkuͤhr des Menſchen, nur in der allgemeinen Natur-
kraft begruͤndet, aber durch den Menſchen in ihren Aeuße-
rungen modificirt ſind. Es gilt daher das Gemeinſame,
welches auf alle unſere Naturkenntniſſe ſich bezieht, auch
von der Heilkunſt.

§ 57.

Die Natur lernen wir zuerſt aus ihren Werken, aus
den Erſcheinungen, welche uns umgeben, und welche wir
vermittelſt unſerer Sinne wahrnehmen, kennen. Wahr-
nehmung
iſt alſo der erſte Schritt zur Kenntniß der
Natur.

§ 58.

Verbinden wir ſodann die einzelnen Wahrnehmungen
zu einem Ganzen, richten wir unſere Aufmerkſamkeit auf
die Folge der Erſcheinungen, in welcher ſie ſich uns darbie-
ten: ſo erhalten wir eine Beobachtung.

§ 59.

Erweitern wir den Kreis unſerer Kenntniſſe durch Be-
obachtung einer Erſcheinung in der Natur, welche uns bis-
her noch unbekannt war: ſo machen wir eine Entdek-
kung
.

§ 60.

Die aufmerkſame Beobachtung der Natur im Allge-
meinen und in ihren einzelnen Wirkungen belehrt uns von

einem
B 4
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[23/0041] Kritik der Heilkunſt. iſt: wir muͤſſen nun unterſuchen, wie ſie dieſem Verſprechen Genuͤge leiſtet, und welches deshalb ihre Quellen ſind. § 56. Alle Kenntniſſe der Heilkunſt ſind Naturkenntniſſe (§. 45), d. h. ſie betreffen Erſcheinungen, welche unabhaͤngig von der Willkuͤhr des Menſchen, nur in der allgemeinen Natur- kraft begruͤndet, aber durch den Menſchen in ihren Aeuße- rungen modificirt ſind. Es gilt daher das Gemeinſame, welches auf alle unſere Naturkenntniſſe ſich bezieht, auch von der Heilkunſt. § 57. Die Natur lernen wir zuerſt aus ihren Werken, aus den Erſcheinungen, welche uns umgeben, und welche wir vermittelſt unſerer Sinne wahrnehmen, kennen. Wahr- nehmung iſt alſo der erſte Schritt zur Kenntniß der Natur. § 58. Verbinden wir ſodann die einzelnen Wahrnehmungen zu einem Ganzen, richten wir unſere Aufmerkſamkeit auf die Folge der Erſcheinungen, in welcher ſie ſich uns darbie- ten: ſo erhalten wir eine Beobachtung. § 59. Erweitern wir den Kreis unſerer Kenntniſſe durch Be- obachtung einer Erſcheinung in der Natur, welche uns bis- her noch unbekannt war: ſo machen wir eine Entdek- kung. § 60. Die aufmerkſame Beobachtung der Natur im Allge- meinen und in ihren einzelnen Wirkungen belehrt uns von einem B 4

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/41>, abgerufen am 21.11.2024.