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Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.

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letzte Berufung an die Menschenseele, welche noch einiges Gefühl von innerer Würde bewahrt hat; es ist ein letzter Versuch, das Herz des Familienvaters zu erschüttern.

Ein Mensch, welcher jede Woche seiner Familie als ein Beispiel der widerwärtigsten Unsittlichkeit vor Augen tritt, aus dessen Munde nur Gotteslästerungen oder schmutzige Aeußerungen hervorgehen, dessen Geberden alle Schicklichkeit auf's Gröblichste verletzen, dessen Nachhausekunft stets wie eine Plage gefürchtet wird, der sich sogar einen Spaß daraus macht, seine kleinen Kinder an den Genuß der starken Liqueure zu gewöhnen und so bei ihnen Seele und Gesundheit gleichzeitig zu Grunde richtet, darf ein solcher Mensch noch irgend eines der Vorrechte des Familienvaters behalten? Begründet seine Aufführung nicht eine wahre Anregung zur Lüderlichkeit, und liegt dem Gesetzgeber nicht die Pflicht ob, mit Strafe dagegen einzuschreiten?

Es darf die Trunkenheit nicht länger als ein Scherz, als ein Zeitvertreib betrachtet werden. Der Betrunkene sei, statt seinen schmachvollen Zustand wie bisher öffentlich zur Schau zu tragen, fortan genöthigt, sich zu verbergen und zu schweigen, um der gesetzlichen Strafe zu entgehen. Es würde dieß schon ein großer Gewinn für die öffentliche Sittlichkeit sein.

Ich verhehle mir nicht," sagt Herr Baroche weiter, "was meine Worte Strenges enthalten; wenn jedoch das Interesse, was wir an dem Schicksale der Arbeiter nehmen, weniger lebhaft und weniger begründet wäre, dann würden wir nicht so beseelt sein von dem Wunsche, es dahin zu bringen, daß diese Leute das in so verhängnißvoller Weise für sich verwendete Geld zum allgemeinen Besten ihrer Familie zurücklegen. Besonders würden wir es gerne sehen, wenn sie ihre glücklichen Jahre, wo ihnen die Arbeit reicheren Gewinn abwirft, dazu benutzten, sich für die schlimmen Zeiten des Darniederliegens der Industrie, da, diese nun

letzte Berufung an die Menschenseele, welche noch einiges Gefühl von innerer Würde bewahrt hat; es ist ein letzter Versuch, das Herz des Familienvaters zu erschüttern.

Ein Mensch, welcher jede Woche seiner Familie als ein Beispiel der widerwärtigsten Unsittlichkeit vor Augen tritt, aus dessen Munde nur Gotteslästerungen oder schmutzige Aeußerungen hervorgehen, dessen Geberden alle Schicklichkeit auf’s Gröblichste verletzen, dessen Nachhausekunft stets wie eine Plage gefürchtet wird, der sich sogar einen Spaß daraus macht, seine kleinen Kinder an den Genuß der starken Liqueure zu gewöhnen und so bei ihnen Seele und Gesundheit gleichzeitig zu Grunde richtet, darf ein solcher Mensch noch irgend eines der Vorrechte des Familienvaters behalten? Begründet seine Aufführung nicht eine wahre Anregung zur Lüderlichkeit, und liegt dem Gesetzgeber nicht die Pflicht ob, mit Strafe dagegen einzuschreiten?

Es darf die Trunkenheit nicht länger als ein Scherz, als ein Zeitvertreib betrachtet werden. Der Betrunkene sei, statt seinen schmachvollen Zustand wie bisher öffentlich zur Schau zu tragen, fortan genöthigt, sich zu verbergen und zu schweigen, um der gesetzlichen Strafe zu entgehen. Es würde dieß schon ein großer Gewinn für die öffentliche Sittlichkeit sein.

Ich verhehle mir nicht,“ sagt Herr Baroche weiter, „was meine Worte Strenges enthalten; wenn jedoch das Interesse, was wir an dem Schicksale der Arbeiter nehmen, weniger lebhaft und weniger begründet wäre, dann würden wir nicht so beseelt sein von dem Wunsche, es dahin zu bringen, daß diese Leute das in so verhängnißvoller Weise für sich verwendete Geld zum allgemeinen Besten ihrer Familie zurücklegen. Besonders würden wir es gerne sehen, wenn sie ihre glücklichen Jahre, wo ihnen die Arbeit reicheren Gewinn abwirft, dazu benutzten, sich für die schlimmen Zeiten des Darniederliegens der Industrie, da, diese nun

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[64/0074] letzte Berufung an die Menschenseele, welche noch einiges Gefühl von innerer Würde bewahrt hat; es ist ein letzter Versuch, das Herz des Familienvaters zu erschüttern. Ein Mensch, welcher jede Woche seiner Familie als ein Beispiel der widerwärtigsten Unsittlichkeit vor Augen tritt, aus dessen Munde nur Gotteslästerungen oder schmutzige Aeußerungen hervorgehen, dessen Geberden alle Schicklichkeit auf’s Gröblichste verletzen, dessen Nachhausekunft stets wie eine Plage gefürchtet wird, der sich sogar einen Spaß daraus macht, seine kleinen Kinder an den Genuß der starken Liqueure zu gewöhnen und so bei ihnen Seele und Gesundheit gleichzeitig zu Grunde richtet, darf ein solcher Mensch noch irgend eines der Vorrechte des Familienvaters behalten? Begründet seine Aufführung nicht eine wahre Anregung zur Lüderlichkeit, und liegt dem Gesetzgeber nicht die Pflicht ob, mit Strafe dagegen einzuschreiten? Es darf die Trunkenheit nicht länger als ein Scherz, als ein Zeitvertreib betrachtet werden. Der Betrunkene sei, statt seinen schmachvollen Zustand wie bisher öffentlich zur Schau zu tragen, fortan genöthigt, sich zu verbergen und zu schweigen, um der gesetzlichen Strafe zu entgehen. Es würde dieß schon ein großer Gewinn für die öffentliche Sittlichkeit sein. Ich verhehle mir nicht,“ sagt Herr Baroche weiter, „was meine Worte Strenges enthalten; wenn jedoch das Interesse, was wir an dem Schicksale der Arbeiter nehmen, weniger lebhaft und weniger begründet wäre, dann würden wir nicht so beseelt sein von dem Wunsche, es dahin zu bringen, daß diese Leute das in so verhängnißvoller Weise für sich verwendete Geld zum allgemeinen Besten ihrer Familie zurücklegen. Besonders würden wir es gerne sehen, wenn sie ihre glücklichen Jahre, wo ihnen die Arbeit reicheren Gewinn abwirft, dazu benutzten, sich für die schlimmen Zeiten des Darniederliegens der Industrie, da, diese nun

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Zitationshilfe: Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdel_trunksucht_1855/74>, abgerufen am 26.11.2024.