Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

möglich, daß man durch Unterlassung der Berichtigung eines
bona fide geschworenen unrichtigen Eides des Meineides,
durch die Unterlassung der Zurückgabe einer gutgläubig in
Besitz genommenen fremden Sache, die man später als solche
erkannt hat, des Diebstrahls schuldig werden könne. Es ist
auch unrichtig, wenn Glaser meint, ein Beamter, welcher aus
Jrrthum eine unwahre Thatsache in einem Protokolle beur-
kundet habe, dasselbe aber nach erkanntem Jrrthum seinen
Weg gehen lasse, sei so anzusehen, als habe er absichtlich die
falsche Thatsache in das Protokoll aufgenommen. Aber
unrichtig ist doch auch die Behauptung v. B. (S. 110), sei
einmal Jemand durch eine schuldlose Handlung wirklich
verletzt worden, so erwachse keine Haftbarkeit für den später
eingetretenen Tod des Beschädigten, wenn er auch, damit er
sterben solle, hülflos liegen gelassen werde. Denn die Cau-
salität der ursprünglichen, schuldlosen, Handlung erstreckt sich
bis zum Tode, und es muß darum dieser Erfolg abgewendet
werden. Jn ähnlicher Weise kann man für die Folgen eines
gutgläubigen Eides haftbar werden, insofern man etwa nach
erkanntem Jrrthum den Verurtheilten seine Strafe verbüßen
läßt; oder für die Folgen einer unwahren Mittheilung, im
Falle man die schuldige Aufklärung auch dann unterläßt,
wenn der Bezüchtigte für die angebliche verläumderische Nachrede
gezüchtigt werden soll.



IX. Theilnahme.

Das deutsche Strafgesetzbuch sagt in §. 47, sei eine
strafbare That von Mehreren gemeinschaftlich ausgeführt

möglich, daß man durch Unterlaſſung der Berichtigung eines
bona fide geſchworenen unrichtigen Eides des Meineides,
durch die Unterlaſſung der Zurückgabe einer gutgläubig in
Beſitz genommenen fremden Sache, die man ſpäter als ſolche
erkannt hat, des Diebſtrahls ſchuldig werden könne. Es iſt
auch unrichtig, wenn Glaſer meint, ein Beamter, welcher aus
Jrrthum eine unwahre Thatſache in einem Protokolle beur-
kundet habe, daſſelbe aber nach erkanntem Jrrthum ſeinen
Weg gehen laſſe, ſei ſo anzuſehen, als habe er abſichtlich die
falſche Thatſache in das Protokoll aufgenommen. Aber
unrichtig iſt doch auch die Behauptung v. B. (S. 110), ſei
einmal Jemand durch eine ſchuldloſe Handlung wirklich
verletzt worden, ſo erwachſe keine Haftbarkeit für den ſpäter
eingetretenen Tod des Beſchädigten, wenn er auch, damit er
ſterben ſolle, hülflos liegen gelaſſen werde. Denn die Cau-
ſalität der urſprünglichen, ſchuldloſen, Handlung erſtreckt ſich
bis zum Tode, und es muß darum dieſer Erfolg abgewendet
werden. Jn ähnlicher Weiſe kann man für die Folgen eines
gutgläubigen Eides haftbar werden, inſofern man etwa nach
erkanntem Jrrthum den Verurtheilten ſeine Strafe verbüßen
läßt; oder für die Folgen einer unwahren Mittheilung, im
Falle man die ſchuldige Aufklärung auch dann unterläßt,
wenn der Bezüchtigte für die angebliche verläumderiſche Nachrede
gezüchtigt werden ſoll.



IX. Theilnahme.

Das deutſche Strafgeſetzbuch ſagt in §. 47, ſei eine
ſtrafbare That von Mehreren gemeinſchaftlich ausgeführt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="101"/>
möglich, daß man durch Unterla&#x017F;&#x017F;ung der Berichtigung eines<lb/><hi rendition="#aq">bona fide</hi> ge&#x017F;chworenen unrichtigen Eides des Meineides,<lb/>
durch die Unterla&#x017F;&#x017F;ung der Zurückgabe einer gutgläubig in<lb/>
Be&#x017F;itz genommenen fremden Sache, die man &#x017F;päter als &#x017F;olche<lb/>
erkannt hat, des Dieb&#x017F;trahls &#x017F;chuldig werden könne. Es i&#x017F;t<lb/>
auch unrichtig, wenn Gla&#x017F;er meint, ein Beamter, welcher aus<lb/>
Jrrthum eine unwahre That&#x017F;ache in einem Protokolle beur-<lb/>
kundet habe, da&#x017F;&#x017F;elbe aber nach erkanntem Jrrthum &#x017F;einen<lb/>
Weg gehen la&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ei &#x017F;o anzu&#x017F;ehen, als habe er ab&#x017F;ichtlich die<lb/>
fal&#x017F;che That&#x017F;ache in das Protokoll aufgenommen. Aber<lb/>
unrichtig i&#x017F;t doch auch die Behauptung v. B. (S. 110), &#x017F;ei<lb/>
einmal Jemand durch eine &#x017F;chuldlo&#x017F;e Handlung wirklich<lb/>
verletzt worden, &#x017F;o erwach&#x017F;e keine Haftbarkeit für den &#x017F;päter<lb/>
eingetretenen Tod des Be&#x017F;chädigten, wenn er auch, damit er<lb/>
&#x017F;terben &#x017F;olle, hülflos liegen gela&#x017F;&#x017F;en werde. Denn die Cau-<lb/>
&#x017F;alität der ur&#x017F;prünglichen, &#x017F;chuldlo&#x017F;en, Handlung er&#x017F;treckt &#x017F;ich<lb/>
bis zum Tode, und es muß darum die&#x017F;er Erfolg abgewendet<lb/>
werden. Jn ähnlicher Wei&#x017F;e kann man für die Folgen eines<lb/>
gutgläubigen Eides haftbar werden, in&#x017F;ofern man etwa nach<lb/>
erkanntem Jrrthum den Verurtheilten &#x017F;eine Strafe verbüßen<lb/>
läßt; oder für die Folgen einer unwahren Mittheilung, im<lb/>
Falle man die &#x017F;chuldige Aufklärung auch dann unterläßt,<lb/>
wenn der Bezüchtigte für die angebliche verläumderi&#x017F;che Nachrede<lb/>
gezüchtigt werden &#x017F;oll.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Theilnahme.</hi> </head><lb/>
        <p>Das deut&#x017F;che Strafge&#x017F;etzbuch &#x017F;agt in §. 47, &#x017F;ei eine<lb/>
&#x017F;trafbare That von Mehreren gemein&#x017F;chaftlich ausgeführt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0105] möglich, daß man durch Unterlaſſung der Berichtigung eines bona fide geſchworenen unrichtigen Eides des Meineides, durch die Unterlaſſung der Zurückgabe einer gutgläubig in Beſitz genommenen fremden Sache, die man ſpäter als ſolche erkannt hat, des Diebſtrahls ſchuldig werden könne. Es iſt auch unrichtig, wenn Glaſer meint, ein Beamter, welcher aus Jrrthum eine unwahre Thatſache in einem Protokolle beur- kundet habe, daſſelbe aber nach erkanntem Jrrthum ſeinen Weg gehen laſſe, ſei ſo anzuſehen, als habe er abſichtlich die falſche Thatſache in das Protokoll aufgenommen. Aber unrichtig iſt doch auch die Behauptung v. B. (S. 110), ſei einmal Jemand durch eine ſchuldloſe Handlung wirklich verletzt worden, ſo erwachſe keine Haftbarkeit für den ſpäter eingetretenen Tod des Beſchädigten, wenn er auch, damit er ſterben ſolle, hülflos liegen gelaſſen werde. Denn die Cau- ſalität der urſprünglichen, ſchuldloſen, Handlung erſtreckt ſich bis zum Tode, und es muß darum dieſer Erfolg abgewendet werden. Jn ähnlicher Weiſe kann man für die Folgen eines gutgläubigen Eides haftbar werden, inſofern man etwa nach erkanntem Jrrthum den Verurtheilten ſeine Strafe verbüßen läßt; oder für die Folgen einer unwahren Mittheilung, im Falle man die ſchuldige Aufklärung auch dann unterläßt, wenn der Bezüchtigte für die angebliche verläumderiſche Nachrede gezüchtigt werden ſoll. IX. Theilnahme. Das deutſche Strafgeſetzbuch ſagt in §. 47, ſei eine ſtrafbare That von Mehreren gemeinſchaftlich ausgeführt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/105
Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/105>, abgerufen am 23.11.2024.