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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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von Straflosigkeit keine Rede sein können, weil es dem neuen
Erwerber bekannt ist, daß er unerachtet der bona fides seines
Vorgängers sich einer Beförderung der Fortdauer der Rechts-
verletzung schuldig mache.

Daß eine culpose Begünstigung nicht angenommen werden
könne (s. auch Schütze Lehrbuch), ergebe sich, meint G. §. 45
N. 1, aus seinem Vorhergehenden. Es ist das aber nicht der
Fall; denn man darf nicht das erst noch zu Beweisende als
begründendes Moment in die beliebige Definition aufnehmen
und sich damit die Beweisführung ersparen (s. auch l. c.
§§. 1, 8, 25). Das Strafgesetzbuch hat sogar ausdrücklich
in §. 259, wie ausgeführt, eine culpose Begünstigung instituirt,
und es ist in der That nicht einzusehen, wie andernfalls im
praktischen Leben die Hehlerei ausreichend verfolgt werden
könnte. -- Die Begünstigung eines verbrecherischen Versuchs,
welche G. l. c. für möglich erklärt, kann nur in der Form
der Sicherstellung des Verbrechers vor der Strafe vorkommen.



Es bliebe etwa noch eine Erörterung der Lehre von dem
Versuche übrig. Aber sie müßte sich vorwiegend mit dem Nach-
weise beschäftigen, daß man es hierbei mit der Causalität nicht
zu thun habe, würde also von dem Gegenstand dieser Abhand-
lung zu weit abführen. Bereits in m. Abh. 1862 S. 53--90 ist,
die Unhaltbarkeit der Theorie eingehend nachzuzeigen, versucht
worden, deren Signatur hauptsächlich in dem Satze gipfelt,
daß der Versuch auch einen objectiven Thatbestand habe, indem
sich in demselben die Rechtsverletzung zugleich auch objectiv
theilweise vollzogen haben müsse, die objective Seite des
Versuchs mithin als ein objectiver Theil der Vollendung
erscheine. Versuch sei vielmehr schon gegeben, wenn aus der

von Strafloſigkeit keine Rede ſein können, weil es dem neuen
Erwerber bekannt iſt, daß er unerachtet der bona fides ſeines
Vorgängers ſich einer Beförderung der Fortdauer der Rechts-
verletzung ſchuldig mache.

Daß eine culpoſe Begünſtigung nicht angenommen werden
könne (ſ. auch Schütze Lehrbuch), ergebe ſich, meint G. §. 45
N. 1, aus ſeinem Vorhergehenden. Es iſt das aber nicht der
Fall; denn man darf nicht das erſt noch zu Beweiſende als
begründendes Moment in die beliebige Definition aufnehmen
und ſich damit die Beweisführung erſparen (ſ. auch l. c.
§§. 1, 8, 25). Das Strafgeſetzbuch hat ſogar ausdrücklich
in §. 259, wie ausgeführt, eine culpoſe Begünſtigung inſtituirt,
und es iſt in der That nicht einzuſehen, wie andernfalls im
praktiſchen Leben die Hehlerei ausreichend verfolgt werden
könnte. — Die Begünſtigung eines verbrecheriſchen Verſuchs,
welche G. l. c. für möglich erklärt, kann nur in der Form
der Sicherſtellung des Verbrechers vor der Strafe vorkommen.



Es bliebe etwa noch eine Erörterung der Lehre von dem
Verſuche übrig. Aber ſie müßte ſich vorwiegend mit dem Nach-
weiſe beſchäftigen, daß man es hierbei mit der Cauſalität nicht
zu thun habe, würde alſo von dem Gegenſtand dieſer Abhand-
lung zu weit abführen. Bereits in m. Abh. 1862 S. 53—90 iſt,
die Unhaltbarkeit der Theorie eingehend nachzuzeigen, verſucht
worden, deren Signatur hauptſächlich in dem Satze gipfelt,
daß der Verſuch auch einen objectiven Thatbeſtand habe, indem
ſich in demſelben die Rechtsverletzung zugleich auch objectiv
theilweiſe vollzogen haben müſſe, die objective Seite des
Verſuchs mithin als ein objectiver Theil der Vollendung
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[152/0156] von Strafloſigkeit keine Rede ſein können, weil es dem neuen Erwerber bekannt iſt, daß er unerachtet der bona fides ſeines Vorgängers ſich einer Beförderung der Fortdauer der Rechts- verletzung ſchuldig mache. Daß eine culpoſe Begünſtigung nicht angenommen werden könne (ſ. auch Schütze Lehrbuch), ergebe ſich, meint G. §. 45 N. 1, aus ſeinem Vorhergehenden. Es iſt das aber nicht der Fall; denn man darf nicht das erſt noch zu Beweiſende als begründendes Moment in die beliebige Definition aufnehmen und ſich damit die Beweisführung erſparen (ſ. auch l. c. §§. 1, 8, 25). Das Strafgeſetzbuch hat ſogar ausdrücklich in §. 259, wie ausgeführt, eine culpoſe Begünſtigung inſtituirt, und es iſt in der That nicht einzuſehen, wie andernfalls im praktiſchen Leben die Hehlerei ausreichend verfolgt werden könnte. — Die Begünſtigung eines verbrecheriſchen Verſuchs, welche G. l. c. für möglich erklärt, kann nur in der Form der Sicherſtellung des Verbrechers vor der Strafe vorkommen. Es bliebe etwa noch eine Erörterung der Lehre von dem Verſuche übrig. Aber ſie müßte ſich vorwiegend mit dem Nach- weiſe beſchäftigen, daß man es hierbei mit der Cauſalität nicht zu thun habe, würde alſo von dem Gegenſtand dieſer Abhand- lung zu weit abführen. Bereits in m. Abh. 1862 S. 53—90 iſt, die Unhaltbarkeit der Theorie eingehend nachzuzeigen, verſucht worden, deren Signatur hauptſächlich in dem Satze gipfelt, daß der Verſuch auch einen objectiven Thatbeſtand habe, indem ſich in demſelben die Rechtsverletzung zugleich auch objectiv theilweiſe vollzogen haben müſſe, die objective Seite des Verſuchs mithin als ein objectiver Theil der Vollendung erſcheine. Verſuch ſei vielmehr ſchon gegeben, wenn aus der

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/156>, abgerufen am 21.11.2024.