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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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ausdrücklich von seinem Willen umfaßt war, eine Ver-
schuldung des Willens -- jedenfalls eine culpa zur Last.
Darum hätte er wenigstens in Concurrenz mit Versuch der
Vollendung für culpose Vollendung einzustehen.

Man wird aber wohl behaupten können, daß Dasjenige,
was man sofort wissen kann, wenn man will, bereits im
Bereiche des Wissens liegt, wenn auch gegenwärtig nicht
besonders daran gedacht wird. Wenn ich, morgen mit der
Eisenbahn auf längere Zeit zu verreisen, beabsichtige, so
weiß ich jetzt schon -- und will -- daß ich mir zu diesem
Behufe ein Billet kaufen und mich mit Wäsche und Kleidungs-
stücken versehen muß, sollte ich mir auch gegenwärtig noch
keine besondere Vorstellung hiervon machen. Ob man nicht
Kenntniß von einer Sache, die man überhaupt wissen kann,
besitze, läßt sich erst behaupten, wenn man über die Sache
nachgedacht hat. Jst dies noch nicht in ausreichendem Maße
geschehen, so hat derjenige, welcher sich einen Verlauf der
Causalität zu dem gewollten Erfolge als mit einiger Wahr-
scheinlichkeit bevorstehend vorgestellt hat, nicht allein das
Bewußtsein der Möglichkeit eines anderweiten Causalverlaufs,
sondern er ist sich zugleich auch bewußt, daß er von diesem
anderweiten Causalverlauf möglicher Weise bereits Kenntniß
besitze, die er sich sofort, wenn er nur wolle, zum ausdrück-
lichen Bewußtsein bringen konne. Unterläßt dies nun der
Handelnde, weil er kein besonderes Jnteresse daran hat, so
liegt hierin der Wille ausgesprochen, daß sich der Causal-
zusammenhang eventuell dieser Kenntniß gemäß zu dem beab-
sichtigten Erfolge vollziehen möge, und er haftet darum für
diesen anderweiten Causalverlauf als seinem Wissen und Willen
entsprechend. Wer seinen Gegner tief im Walde an einen
Baum festbindet, damit er in seiner hülflosen Lage verhungern
solle, der haftet auch dann für vollendete Tödtung, wenn der

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ausdrücklich von ſeinem Willen umfaßt war, eine Ver-
ſchuldung des Willens — jedenfalls eine culpa zur Laſt.
Darum hätte er wenigſtens in Concurrenz mit Verſuch der
Vollendung für culpoſe Vollendung einzuſtehen.

Man wird aber wohl behaupten können, daß Dasjenige,
was man ſofort wiſſen kann, wenn man will, bereits im
Bereiche des Wiſſens liegt, wenn auch gegenwärtig nicht
beſonders daran gedacht wird. Wenn ich, morgen mit der
Eiſenbahn auf längere Zeit zu verreiſen, beabſichtige, ſo
weiß ich jetzt ſchon — und will — daß ich mir zu dieſem
Behufe ein Billet kaufen und mich mit Wäſche und Kleidungs-
ſtücken verſehen muß, ſollte ich mir auch gegenwärtig noch
keine beſondere Vorſtellung hiervon machen. Ob man nicht
Kenntniß von einer Sache, die man überhaupt wiſſen kann,
beſitze, läßt ſich erſt behaupten, wenn man über die Sache
nachgedacht hat. Jſt dies noch nicht in ausreichendem Maße
geſchehen, ſo hat derjenige, welcher ſich einen Verlauf der
Cauſalität zu dem gewollten Erfolge als mit einiger Wahr-
ſcheinlichkeit bevorſtehend vorgeſtellt hat, nicht allein das
Bewußtſein der Möglichkeit eines anderweiten Cauſalverlaufs,
ſondern er iſt ſich zugleich auch bewußt, daß er von dieſem
anderweiten Cauſalverlauf möglicher Weiſe bereits Kenntniß
beſitze, die er ſich ſofort, wenn er nur wolle, zum ausdrück-
lichen Bewußtſein bringen konne. Unterläßt dies nun der
Handelnde, weil er kein beſonderes Jntereſſe daran hat, ſo
liegt hierin der Wille ausgeſprochen, daß ſich der Cauſal-
zuſammenhang eventuell dieſer Kenntniß gemäß zu dem beab-
ſichtigten Erfolge vollziehen möge, und er haftet darum für
dieſen anderweiten Cauſalverlauf als ſeinem Wiſſen und Willen
entſprechend. Wer ſeinen Gegner tief im Walde an einen
Baum feſtbindet, damit er in ſeiner hülfloſen Lage verhungern
ſolle, der haftet auch dann für vollendete Tödtung, wenn der

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[17/0021] ausdrücklich von ſeinem Willen umfaßt war, eine Ver- ſchuldung des Willens — jedenfalls eine culpa zur Laſt. Darum hätte er wenigſtens in Concurrenz mit Verſuch der Vollendung für culpoſe Vollendung einzuſtehen. Man wird aber wohl behaupten können, daß Dasjenige, was man ſofort wiſſen kann, wenn man will, bereits im Bereiche des Wiſſens liegt, wenn auch gegenwärtig nicht beſonders daran gedacht wird. Wenn ich, morgen mit der Eiſenbahn auf längere Zeit zu verreiſen, beabſichtige, ſo weiß ich jetzt ſchon — und will — daß ich mir zu dieſem Behufe ein Billet kaufen und mich mit Wäſche und Kleidungs- ſtücken verſehen muß, ſollte ich mir auch gegenwärtig noch keine beſondere Vorſtellung hiervon machen. Ob man nicht Kenntniß von einer Sache, die man überhaupt wiſſen kann, beſitze, läßt ſich erſt behaupten, wenn man über die Sache nachgedacht hat. Jſt dies noch nicht in ausreichendem Maße geſchehen, ſo hat derjenige, welcher ſich einen Verlauf der Cauſalität zu dem gewollten Erfolge als mit einiger Wahr- ſcheinlichkeit bevorſtehend vorgeſtellt hat, nicht allein das Bewußtſein der Möglichkeit eines anderweiten Cauſalverlaufs, ſondern er iſt ſich zugleich auch bewußt, daß er von dieſem anderweiten Cauſalverlauf möglicher Weiſe bereits Kenntniß beſitze, die er ſich ſofort, wenn er nur wolle, zum ausdrück- lichen Bewußtſein bringen konne. Unterläßt dies nun der Handelnde, weil er kein beſonderes Jntereſſe daran hat, ſo liegt hierin der Wille ausgeſprochen, daß ſich der Cauſal- zuſammenhang eventuell dieſer Kenntniß gemäß zu dem beab- ſichtigten Erfolge vollziehen möge, und er haftet darum für dieſen anderweiten Cauſalverlauf als ſeinem Wiſſen und Willen entſprechend. Wer ſeinen Gegner tief im Walde an einen Baum feſtbindet, damit er in ſeiner hülfloſen Lage verhungern ſolle, der haftet auch dann für vollendete Tödtung, wenn der 2

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/21>, abgerufen am 21.11.2024.