Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.Verlassene aus Mangel an Wasser gestorben ist. Denn, wenn Tritt aber in die Kette des Causalzusammenhangs ein Verlaſſene aus Mangel an Waſſer geſtorben iſt. Denn, wenn Tritt aber in die Kette des Cauſalzuſammenhangs ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022" n="18"/> Verlaſſene aus Mangel an Waſſer geſtorben iſt. Denn, wenn<lb/> er auch bei Vornahme ſeiner Handlung nicht beſonders an<lb/> dieſe Entwicklung des Cauſalzuſammenhangs dachte, ſo war<lb/> es ihm doch damals ſchon bekannt, daß auch eine ſolche Ent-<lb/> wicklung mit einiger Wahrſcheinlichkeit zu erwarten ſtehe, und<lb/> er auch hiermit einverſtanden ſei.</p><lb/> <p>Tritt aber in die Kette des Cauſalzuſammenhangs ein<lb/> Ereigniß ein, welches der Handelnde auch bei einer näheren<lb/> Prüfung der Verhältniſſe nicht als mit einiger Wahrſchein-<lb/> lichkeit bevorſtehend vorausgeſehen haben würde, ſo kann nicht<lb/> behauptet werden, daß ſich der anderweite Cauſalverlauf mit<lb/> dem Wiſſen und Willen des Handelnden vollzogen habe.<lb/> Denn, wenn man auch ſagen kann, man wolle eventuell auch<lb/> die etwa weiter noch in der eigenen Handlung gelegenen,<lb/> noch nicht zum ausdrücklichen Bewußtſein gebrachten, Keime<lb/> zur Entwicklung des Erfolgs, ſo hat doch dieſes <hi rendition="#g">Wollen</hi><lb/> ſeine natürlichen Grenzen in dem Bewußtſein, man könne<lb/> das nicht <hi rendition="#g">wollen,</hi> was man nicht mit einiger Wahrſchein-<lb/> lichkeit als bevorſtehend vorauszuſehen vermöge. Es muß<lb/> darum der Handelnde ſeinen <hi rendition="#g">Willen</hi> auf diejenige ander-<lb/> weite Entwicklung des Cauſalverlaufs beſchränken, welche er,<lb/> wenn er gewollt hätte, vorausgeſehen haben würde. War<lb/> Jemand in dem Augenblicke, als er im Begriffe ſtand, ein<lb/> Schiff zur Auswanderung nach Amerika zu beſteigen, <hi rendition="#aq">an.<lb/> necandi</hi> verletzt worden, ſo daß er ſein Vorhaben aufgeben<lb/> mußte, und wird er dann nach ſeiner Wiederherſtellung in<lb/> Europa durch einen vom Dache heruntergefallenen Ziegel<lb/> erſchlagen, ſo liegt Haftbarkeit für vollendete Tödtung nicht<lb/> vor. Nicht darum, weil hier der Cauſalzuſammenhang eine<lb/> Unterbrechung erlitten hätte, ſondern weil der Willens-<lb/> zuſammenhang zwiſchen Handlung und Erfolg unterbrochen<lb/> worden iſt. Denn hätte ſogar der Handelnde an einen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0022]
Verlaſſene aus Mangel an Waſſer geſtorben iſt. Denn, wenn
er auch bei Vornahme ſeiner Handlung nicht beſonders an
dieſe Entwicklung des Cauſalzuſammenhangs dachte, ſo war
es ihm doch damals ſchon bekannt, daß auch eine ſolche Ent-
wicklung mit einiger Wahrſcheinlichkeit zu erwarten ſtehe, und
er auch hiermit einverſtanden ſei.
Tritt aber in die Kette des Cauſalzuſammenhangs ein
Ereigniß ein, welches der Handelnde auch bei einer näheren
Prüfung der Verhältniſſe nicht als mit einiger Wahrſchein-
lichkeit bevorſtehend vorausgeſehen haben würde, ſo kann nicht
behauptet werden, daß ſich der anderweite Cauſalverlauf mit
dem Wiſſen und Willen des Handelnden vollzogen habe.
Denn, wenn man auch ſagen kann, man wolle eventuell auch
die etwa weiter noch in der eigenen Handlung gelegenen,
noch nicht zum ausdrücklichen Bewußtſein gebrachten, Keime
zur Entwicklung des Erfolgs, ſo hat doch dieſes Wollen
ſeine natürlichen Grenzen in dem Bewußtſein, man könne
das nicht wollen, was man nicht mit einiger Wahrſchein-
lichkeit als bevorſtehend vorauszuſehen vermöge. Es muß
darum der Handelnde ſeinen Willen auf diejenige ander-
weite Entwicklung des Cauſalverlaufs beſchränken, welche er,
wenn er gewollt hätte, vorausgeſehen haben würde. War
Jemand in dem Augenblicke, als er im Begriffe ſtand, ein
Schiff zur Auswanderung nach Amerika zu beſteigen, an.
necandi verletzt worden, ſo daß er ſein Vorhaben aufgeben
mußte, und wird er dann nach ſeiner Wiederherſtellung in
Europa durch einen vom Dache heruntergefallenen Ziegel
erſchlagen, ſo liegt Haftbarkeit für vollendete Tödtung nicht
vor. Nicht darum, weil hier der Cauſalzuſammenhang eine
Unterbrechung erlitten hätte, ſondern weil der Willens-
zuſammenhang zwiſchen Handlung und Erfolg unterbrochen
worden iſt. Denn hätte ſogar der Handelnde an einen
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