Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Strafen für das objective Ergebniß der vorsätzlichen Zer-
störung von Wasserleitungen u. s. w. von der Gemein-
gefährlichkeit der Handlung ab und hätte darum umsomehr
diese Strafen durch das Vorhandensein von dolus oder culpa
bedingt sein lassen sollen. Jedenfalls ist es ungeeignet, daß
derjenige, welcher mit dem Bewußtsein ihrer Gefährlichkeit
seine Handlung, deren Erfolg er aber nicht will, vornimmt,
im Falle des Ausbleibens des Erfolgs wegen Vergehens mit
Gefängniß, im Falle seines Eintritts aber wegen Verbrechens
mit Zuchthaus zu bestrafen ist. Denn das Vergehen wird
hier lediglich durch ein objectives Ereigniß ohne alle weitere
Verschuldung der Subjectivität in ein Verbrechen umgewandelt.
-- Der Versuch wird auch hier nicht besonders als strafbar
erklärt. Er kann also nur als Versuch einer Sachbeschädigung
in Betracht gezogen und muß, wenn die in §. 321 bezeich-
neten Gegenstände dem Thäter gehören, ganz straflos gelassen
werden.

Aehnliche Einwendungen, wie die seither erörterten,
lassen sich auch gegen die §§. 315, 316, 322 flg. vorbringen.

Geht man von der unter allen Umständen unrichtigen
Ansicht ab, daß der Handelnde, wenn er sich nur im All-
gemeinen
der Gemeingefährlichkeit seiner Handlung bewußt
gewesen sei, für jedes objective Ergebniß derselben zu haften
habe, so soll der Richter in den betreffenden gesetzlichen Be-
stimmungen die Erleichterung finden, daß er nicht zu untersuchen
habe, ob die als mit einiger Wahrscheinlichkeit vorausgesehenen
Erfolge der gemeingefährlichen Handlung gewollt waren oder
nicht, und ob sie auch in ihrem vollen Umfange dem Willen
des Handelnden entsprechen. Jn ersterer Richtung aber kann
die in Wirklichkeit gebotene Untersuchung keine besondere
Schwierigkeit bereiten. Und wenn auch in letzterer Beziehung
der Richter von der Beweisführung formell entbunden wird,

Strafen für das objective Ergebniß der vorſätzlichen Zer-
ſtörung von Waſſerleitungen u. ſ. w. von der Gemein-
gefährlichkeit der Handlung ab und hätte darum umſomehr
dieſe Strafen durch das Vorhandenſein von dolus oder culpa
bedingt ſein laſſen ſollen. Jedenfalls iſt es ungeeignet, daß
derjenige, welcher mit dem Bewußtſein ihrer Gefährlichkeit
ſeine Handlung, deren Erfolg er aber nicht will, vornimmt,
im Falle des Ausbleibens des Erfolgs wegen Vergehens mit
Gefängniß, im Falle ſeines Eintritts aber wegen Verbrechens
mit Zuchthaus zu beſtrafen iſt. Denn das Vergehen wird
hier lediglich durch ein objectives Ereigniß ohne alle weitere
Verſchuldung der Subjectivität in ein Verbrechen umgewandelt.
— Der Verſuch wird auch hier nicht beſonders als ſtrafbar
erklärt. Er kann alſo nur als Verſuch einer Sachbeſchädigung
in Betracht gezogen und muß, wenn die in §. 321 bezeich-
neten Gegenſtände dem Thäter gehören, ganz ſtraflos gelaſſen
werden.

Aehnliche Einwendungen, wie die ſeither erörterten,
laſſen ſich auch gegen die §§. 315, 316, 322 flg. vorbringen.

Geht man von der unter allen Umſtänden unrichtigen
Anſicht ab, daß der Handelnde, wenn er ſich nur im All-
gemeinen
der Gemeingefährlichkeit ſeiner Handlung bewußt
geweſen ſei, für jedes objective Ergebniß derſelben zu haften
habe, ſo ſoll der Richter in den betreffenden geſetzlichen Be-
ſtimmungen die Erleichterung finden, daß er nicht zu unterſuchen
habe, ob die als mit einiger Wahrſcheinlichkeit vorausgeſehenen
Erfolge der gemeingefährlichen Handlung gewollt waren oder
nicht, und ob ſie auch in ihrem vollen Umfange dem Willen
des Handelnden entſprechen. Jn erſterer Richtung aber kann
die in Wirklichkeit gebotene Unterſuchung keine beſondere
Schwierigkeit bereiten. Und wenn auch in letzterer Beziehung
der Richter von der Beweisführung formell entbunden wird,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0068" n="64"/>
Strafen für das objective Ergebniß der vor&#x017F;ätzlichen Zer-<lb/>
&#x017F;törung von Wa&#x017F;&#x017F;erleitungen u. &#x017F;. w. von der Gemein-<lb/>
gefährlichkeit der Handlung ab und hätte darum um&#x017F;omehr<lb/>
die&#x017F;e Strafen durch das Vorhanden&#x017F;ein von <hi rendition="#aq">dolus</hi> oder <hi rendition="#aq">culpa</hi><lb/>
bedingt &#x017F;ein la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen. Jedenfalls i&#x017F;t es ungeeignet, daß<lb/>
derjenige, welcher mit dem Bewußt&#x017F;ein ihrer Gefährlichkeit<lb/>
&#x017F;eine Handlung, deren Erfolg er aber nicht will, vornimmt,<lb/>
im Falle des Ausbleibens des Erfolgs wegen Vergehens mit<lb/>
Gefängniß, im Falle &#x017F;eines Eintritts aber wegen Verbrechens<lb/>
mit Zuchthaus zu be&#x017F;trafen i&#x017F;t. Denn das Vergehen wird<lb/>
hier lediglich durch ein objectives Ereigniß ohne alle <hi rendition="#g">weitere</hi><lb/>
Ver&#x017F;chuldung der Subjectivität in ein Verbrechen umgewandelt.<lb/>
&#x2014; Der Ver&#x017F;uch wird auch hier nicht be&#x017F;onders als &#x017F;trafbar<lb/>
erklärt. Er kann al&#x017F;o nur als Ver&#x017F;uch einer Sachbe&#x017F;chädigung<lb/>
in Betracht gezogen und muß, wenn die in §. 321 bezeich-<lb/>
neten Gegen&#x017F;tände dem Thäter gehören, ganz &#x017F;traflos gela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Aehnliche Einwendungen, wie die &#x017F;either erörterten,<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auch gegen die §§. 315, 316, 322 flg. vorbringen.</p><lb/>
          <p>Geht man von der unter allen Um&#x017F;tänden unrichtigen<lb/>
An&#x017F;icht ab, daß der Handelnde, wenn er &#x017F;ich nur im <hi rendition="#g">All-<lb/>
gemeinen</hi> der Gemeingefährlichkeit &#x017F;einer Handlung bewußt<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ei, für <hi rendition="#g">jedes</hi> objective Ergebniß der&#x017F;elben zu haften<lb/>
habe, &#x017F;o &#x017F;oll der Richter in den betreffenden ge&#x017F;etzlichen Be-<lb/>
&#x017F;timmungen die Erleichterung finden, daß er nicht zu unter&#x017F;uchen<lb/>
habe, ob die als mit einiger Wahr&#x017F;cheinlichkeit vorausge&#x017F;ehenen<lb/>
Erfolge der gemeingefährlichen Handlung gewollt waren oder<lb/>
nicht, und ob &#x017F;ie auch in ihrem vollen Umfange dem Willen<lb/>
des Handelnden ent&#x017F;prechen. Jn er&#x017F;terer Richtung aber kann<lb/>
die in Wirklichkeit gebotene Unter&#x017F;uchung keine be&#x017F;ondere<lb/>
Schwierigkeit bereiten. Und wenn auch in letzterer Beziehung<lb/>
der Richter von der Beweisführung formell entbunden wird,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0068] Strafen für das objective Ergebniß der vorſätzlichen Zer- ſtörung von Waſſerleitungen u. ſ. w. von der Gemein- gefährlichkeit der Handlung ab und hätte darum umſomehr dieſe Strafen durch das Vorhandenſein von dolus oder culpa bedingt ſein laſſen ſollen. Jedenfalls iſt es ungeeignet, daß derjenige, welcher mit dem Bewußtſein ihrer Gefährlichkeit ſeine Handlung, deren Erfolg er aber nicht will, vornimmt, im Falle des Ausbleibens des Erfolgs wegen Vergehens mit Gefängniß, im Falle ſeines Eintritts aber wegen Verbrechens mit Zuchthaus zu beſtrafen iſt. Denn das Vergehen wird hier lediglich durch ein objectives Ereigniß ohne alle weitere Verſchuldung der Subjectivität in ein Verbrechen umgewandelt. — Der Verſuch wird auch hier nicht beſonders als ſtrafbar erklärt. Er kann alſo nur als Verſuch einer Sachbeſchädigung in Betracht gezogen und muß, wenn die in §. 321 bezeich- neten Gegenſtände dem Thäter gehören, ganz ſtraflos gelaſſen werden. Aehnliche Einwendungen, wie die ſeither erörterten, laſſen ſich auch gegen die §§. 315, 316, 322 flg. vorbringen. Geht man von der unter allen Umſtänden unrichtigen Anſicht ab, daß der Handelnde, wenn er ſich nur im All- gemeinen der Gemeingefährlichkeit ſeiner Handlung bewußt geweſen ſei, für jedes objective Ergebniß derſelben zu haften habe, ſo ſoll der Richter in den betreffenden geſetzlichen Be- ſtimmungen die Erleichterung finden, daß er nicht zu unterſuchen habe, ob die als mit einiger Wahrſcheinlichkeit vorausgeſehenen Erfolge der gemeingefährlichen Handlung gewollt waren oder nicht, und ob ſie auch in ihrem vollen Umfange dem Willen des Handelnden entſprechen. Jn erſterer Richtung aber kann die in Wirklichkeit gebotene Unterſuchung keine beſondere Schwierigkeit bereiten. Und wenn auch in letzterer Beziehung der Richter von der Beweisführung formell entbunden wird,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/68
Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/68>, abgerufen am 24.11.2024.