dafür, daß ihm das Ergebniß der beiden Handlungen als ein fahrlässig herbeigeführtes zuzurechnen ist, sowohl in seiner eigenen Causalität, als aber auch in seiner eigenen Willensverschuldung. Die nämliche Erscheinung zeigt sich, wenn auch der zweite Thäter nur fahrlässig gehandelt hatte. Hier gibt sogar v. B. selbst zu, daß, wenn A die Pferde schen gemacht habe, seine Haftbarkeit dadurch nicht beseitigt werde, daß B unvorsichtig aus dem Wagen herausgesprungen und hierdurch um das Leben gekommen sei. Ob das Scheu- machen der Pferde dolos oder culpos stattgefunden hatte, kann, wie erwähnt, nur dafür releviren, ob der Erfolg zum Dolus oder nur zur Culpa zuzurechnen ist.
Nach diesen Ausführungen kann auch die Casuistik v. B. S. 53 flg. nicht zutreffend sein. -- Es ist durchaus kein Unterschied begründet, je nachdem Erwachsene oder Kinder mit dem fahrlässiger Weise liegen gelassenen Gewehr ein Unglück angerichtet haben, insofern in dem einen wie in dem anderen Fall das spätere Ereigniß voraussehbar gewesen war. Und lag diese Voraussehbarkeit nicht vor, so ist in beiden Fällen gleichmäßig von Strafbarkeit nicht die Rede. Freilich v. B. sagt hier (S. 56), für die hinzutretende Thätigkeit unzu- rechnungsfähiger Personen müsse, wenn sie nicht eine durch- aus ungewöhnliche sei, gehaftet werden, während die freie Handlung eines Zurechnungsfähigen, selbst eine nur culpose, nicht in der Mitte liegen dürfe. Aber es tritt mit dieser objectiven Unterscheidung plötzlich ohne alle Motivirung ein Gesichtspunkt hervor, welcher mit der anderen Behauptung, daß die vorausgesehene oder voraussehbar gewesene Zwischen- ursache keine regelwidrige sei, im Widerspruch steht. -- Der Ulan G. hatte sich im Wirthshause berühmt, er könne auf einen Zug ein Quart Brandwein austrinken. Der Angeklagte hatte ihm darauf gesagt, wenn er das thue, so wolle er den
dafür, daß ihm das Ergebniß der beiden Handlungen als ein fahrläſſig herbeigeführtes zuzurechnen iſt, ſowohl in ſeiner eigenen Cauſalität, als aber auch in ſeiner eigenen Willensverſchuldung. Die nämliche Erſcheinung zeigt ſich, wenn auch der zweite Thäter nur fahrläſſig gehandelt hatte. Hier gibt ſogar v. B. ſelbſt zu, daß, wenn A die Pferde ſchen gemacht habe, ſeine Haftbarkeit dadurch nicht beſeitigt werde, daß B unvorſichtig aus dem Wagen herausgeſprungen und hierdurch um das Leben gekommen ſei. Ob das Scheu- machen der Pferde dolos oder culpos ſtattgefunden hatte, kann, wie erwähnt, nur dafür releviren, ob der Erfolg zum Dolus oder nur zur Culpa zuzurechnen iſt.
Nach dieſen Ausführungen kann auch die Caſuiſtik v. B. S. 53 flg. nicht zutreffend ſein. — Es iſt durchaus kein Unterſchied begründet, je nachdem Erwachſene oder Kinder mit dem fahrläſſiger Weiſe liegen gelaſſenen Gewehr ein Unglück angerichtet haben, inſofern in dem einen wie in dem anderen Fall das ſpätere Ereigniß vorausſehbar geweſen war. Und lag dieſe Vorausſehbarkeit nicht vor, ſo iſt in beiden Fällen gleichmäßig von Strafbarkeit nicht die Rede. Freilich v. B. ſagt hier (S. 56), für die hinzutretende Thätigkeit unzu- rechnungsfähiger Perſonen müſſe, wenn ſie nicht eine durch- aus ungewöhnliche ſei, gehaftet werden, während die freie Handlung eines Zurechnungsfähigen, ſelbſt eine nur culpoſe, nicht in der Mitte liegen dürfe. Aber es tritt mit dieſer objectiven Unterſcheidung plötzlich ohne alle Motivirung ein Geſichtspunkt hervor, welcher mit der anderen Behauptung, daß die vorausgeſehene oder vorausſehbar geweſene Zwiſchen- urſache keine regelwidrige ſei, im Widerſpruch ſteht. — Der Ulan G. hatte ſich im Wirthshauſe berühmt, er könne auf einen Zug ein Quart Brandwein austrinken. Der Angeklagte hatte ihm darauf geſagt, wenn er das thue, ſo wolle er den
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dafür, daß ihm das Ergebniß der beiden Handlungen als
ein fahrläſſig herbeigeführtes zuzurechnen iſt, ſowohl in ſeiner
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Willensverſchuldung. Die nämliche Erſcheinung zeigt ſich,
wenn auch der zweite Thäter nur fahrläſſig gehandelt hatte.
Hier gibt ſogar v. B. ſelbſt zu, daß, wenn A die Pferde
ſchen gemacht habe, ſeine Haftbarkeit dadurch nicht beſeitigt
werde, daß B unvorſichtig aus dem Wagen herausgeſprungen
und hierdurch um das Leben gekommen ſei. Ob das Scheu-
machen der Pferde dolos oder culpos ſtattgefunden hatte,
kann, wie erwähnt, nur dafür releviren, ob der Erfolg zum
Dolus oder nur zur Culpa zuzurechnen iſt.
Nach dieſen Ausführungen kann auch die Caſuiſtik v. B.
S. 53 flg. nicht zutreffend ſein. — Es iſt durchaus kein
Unterſchied begründet, je nachdem Erwachſene oder Kinder
mit dem fahrläſſiger Weiſe liegen gelaſſenen Gewehr ein Unglück
angerichtet haben, inſofern in dem einen wie in dem anderen
Fall das ſpätere Ereigniß vorausſehbar geweſen war. Und
lag dieſe Vorausſehbarkeit nicht vor, ſo iſt in beiden Fällen
gleichmäßig von Strafbarkeit nicht die Rede. Freilich v. B.
ſagt hier (S. 56), für die hinzutretende Thätigkeit unzu-
rechnungsfähiger Perſonen müſſe, wenn ſie nicht eine durch-
aus ungewöhnliche ſei, gehaftet werden, während die freie
Handlung eines Zurechnungsfähigen, ſelbſt eine nur culpoſe,
nicht in der Mitte liegen dürfe. Aber es tritt mit dieſer
objectiven Unterſcheidung plötzlich ohne alle Motivirung ein
Geſichtspunkt hervor, welcher mit der anderen Behauptung,
daß die vorausgeſehene oder vorausſehbar geweſene Zwiſchen-
urſache keine regelwidrige ſei, im Widerſpruch ſteht. — Der
Ulan G. hatte ſich im Wirthshauſe berühmt, er könne auf
einen Zug ein Quart Brandwein austrinken. Der Angeklagte
hatte ihm darauf geſagt, wenn er das thue, ſo wolle er den
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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/77>, abgerufen am 16.02.2025.
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