Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.straflos ist, insoweit sie zum Schutze eigenen Rechts erforderlich Die v. B angeregte Frage aber beurtheilt sich nach ſtraflos iſt, inſoweit ſie zum Schutze eigenen Rechts erforderlich Die v. B angeregte Frage aber beurtheilt ſich nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0098" n="94"/> ſtraflos iſt, inſoweit ſie zum Schutze eigenen Rechts erforderlich<lb/> war, bezüglich deſſen von dem Thäter nach der Regel des<lb/> Lebens nicht verlangt werden konnte, es ungeſchützt zu laſſen</p><lb/> <p>Die v. B angeregte Frage aber beurtheilt ſich nach<lb/> dieſen Ausführungen unter Zugrundelegung des Strafgeſetz<lb/> buchs dahin: Man darf zwar in fremde Rechtskreiſe nur bei<lb/> gegenwärtiger Gefahr für die eigenen Rechte eingreifen.<lb/> Nichts aber ſteht entgegen, daß man ſich einſtweilen für die<lb/> demnächſtige Beſeitigung einer erwarteten Gefahr vorbereite.<lb/> Es iſt auch nirgends vorgeſchrieben, daß der Gefährdete bei<lb/> gegenwartig gewordener Gefahr perſonlich anweſend ſein und<lb/> ſeine eigenen Korperkrafte zur Gegenwehr in Anwendung<lb/> bringen müßte. Trifft er daher ſolche Vorbeugungsmaßregeln,<lb/> welche ihre Wirkſamkeit erſt in dem Augenblicke äußern, zu<lb/> welchem er ſelbſt abwehrend in die Rechtskreiſe des Andern<lb/> hätte eingreifen, und welche keine größere Rechtsverletzung<lb/> anrichten, als welche er ſelbſt dem Angreifenden hatte zufügen<lb/> dürfen, ſo kann er hierfür nicht ſtrafbar ſein. Wußte er<lb/> jedoch, oder würde er bei einiger Aufmerkſamkeit vorhergeſehen<lb/> haben, daß ſeine Vorbeugungsmaßregeln ſich früher ihrer<lb/> Wirkſamkeit entaußern, oder weiter in dieſer Wirkſamkeit<lb/> gehen würden, als er ſelbſt, dies zu thun, berechtigt ſein<lb/> werde, ſo fällt ihm <hi rendition="#aq">dolus</hi> oder <hi rendition="#aq">culpa</hi> zur Laſt. — Wären<lb/> im Falle ſeiner perſonlichen Anweſenheit geringere Mittel<lb/> zur Abwendung der Gefahr ausreichend geweſen, ſo fragt es<lb/> ſich, ob ihm dieſelbe nach der Regel des Lebens hätte zu-<lb/> gemuthet werden können oder nicht. Ein von der Hofraithe<lb/> entfernt liegendes, häufig nachtlicher Weile geplündertes, Feld<lb/> kann nicht in jeder Nacht von dem Eigenthümer bewacht<lb/> werden, und es ſteht ihm daher in Ermangelung anderer<lb/> Mittel frei, daſſelbe mit Selbſtſchüſſen und Fußangeln zu<lb/> umgeben ſelbſt auf die Gefahr hin, daß der Dieb hierdurch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [94/0098]
ſtraflos iſt, inſoweit ſie zum Schutze eigenen Rechts erforderlich
war, bezüglich deſſen von dem Thäter nach der Regel des
Lebens nicht verlangt werden konnte, es ungeſchützt zu laſſen
Die v. B angeregte Frage aber beurtheilt ſich nach
dieſen Ausführungen unter Zugrundelegung des Strafgeſetz
buchs dahin: Man darf zwar in fremde Rechtskreiſe nur bei
gegenwärtiger Gefahr für die eigenen Rechte eingreifen.
Nichts aber ſteht entgegen, daß man ſich einſtweilen für die
demnächſtige Beſeitigung einer erwarteten Gefahr vorbereite.
Es iſt auch nirgends vorgeſchrieben, daß der Gefährdete bei
gegenwartig gewordener Gefahr perſonlich anweſend ſein und
ſeine eigenen Korperkrafte zur Gegenwehr in Anwendung
bringen müßte. Trifft er daher ſolche Vorbeugungsmaßregeln,
welche ihre Wirkſamkeit erſt in dem Augenblicke äußern, zu
welchem er ſelbſt abwehrend in die Rechtskreiſe des Andern
hätte eingreifen, und welche keine größere Rechtsverletzung
anrichten, als welche er ſelbſt dem Angreifenden hatte zufügen
dürfen, ſo kann er hierfür nicht ſtrafbar ſein. Wußte er
jedoch, oder würde er bei einiger Aufmerkſamkeit vorhergeſehen
haben, daß ſeine Vorbeugungsmaßregeln ſich früher ihrer
Wirkſamkeit entaußern, oder weiter in dieſer Wirkſamkeit
gehen würden, als er ſelbſt, dies zu thun, berechtigt ſein
werde, ſo fällt ihm dolus oder culpa zur Laſt. — Wären
im Falle ſeiner perſonlichen Anweſenheit geringere Mittel
zur Abwendung der Gefahr ausreichend geweſen, ſo fragt es
ſich, ob ihm dieſelbe nach der Regel des Lebens hätte zu-
gemuthet werden können oder nicht. Ein von der Hofraithe
entfernt liegendes, häufig nachtlicher Weile geplündertes, Feld
kann nicht in jeder Nacht von dem Eigenthümer bewacht
werden, und es ſteht ihm daher in Ermangelung anderer
Mittel frei, daſſelbe mit Selbſtſchüſſen und Fußangeln zu
umgeben ſelbſt auf die Gefahr hin, daß der Dieb hierdurch
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