Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

Bild:
<< vorherige Seite

dero einige Tochter gestorben.
Unglük entsprossen/ Jhr zum Wieder ge-
dächtnüs bringe und vorstelle. Es ist wahr/
ihre eintzige Tochter hat diesem verdrüsli-
chen Jammertahle abgedanket; die eintzige
wahrhaftig/ nicht alleine in der Zahl/ son-
dern auch in Tugenden: und dannenhero/
wie unschwer zu schlüßen/ ist all ihre Freude
und Lust mit ihr ableibig/ und in die kühle
Erde verscharret worden: Was Uberfluß
alles Unglüks ist dieses? Der eintzige
Zwek ihrer allersüßesten Hofnung/ und in-
brünstigen Verlangens/ hat sich vor dero
Augen verfinstert; aber solcher massen/ daß
Jhr selbige nicht wiederüm herfür scheinen
wird. Ach was Art des Ungelükkes ist
dieses? Es ist schlüßlich das Leben von
ihrem Leben (in Erwegung/ daß nach ih-
rem Ableiben Sie ohne Unterlas stirbet)
ausgeleschet/ und keine Hofnung/ daß diese
Fakkel sich wieder anzünden werde: Ach
was höchstbetrauerlicher Unfall ist dieses!
und träget die höchste Wahrheit auf dem
Rükken/ daß/ welcher wegen eines solchen
zuhandenstoßenden Unglüks/ seine bittere
Zehren und ächtzende Seuftzer nicht über-
flüßig hervor senden/ viel unmenschlicher/ als
die unmenschliche Grausamkeit selbst seyn
wirde: sintemahl die Natur selbst aus ge-
nugsamen Ursachen Uns zu solcher kläglichen
Gebühr und Schuldigkeit anstrenget und
erfodert. Derowegen bekräftige Jch der

Frauen

dero einige Tochter geſtorben.
Ungluͤk entſproſſen/ Jhr zum Wieder ge-
daͤchtnuͤs bringe und vorſtelle. Es iſt wahr/
ihre eintzige Tochter hat dieſem verdruͤsli-
chen Jammertahle abgedanket; die eintzige
wahrhaftig/ nicht alleine in der Zahl/ ſon-
dern auch in Tugenden: und dannenhero/
wie unſchwer zu ſchluͤßen/ iſt all ihre Freude
und Luſt mit ihr ableibig/ und in die kuͤhle
Erde verſcharret worden: Was Ůberfluß
alles Ungluͤks iſt dieſes? Der eintzige
Zwek ihrer allerſuͤßeſten Hofnung/ und in-
bruͤnſtigen Verlangens/ hat ſich vor dero
Augen verfinſtert; aber ſolcher maſſen/ daß
Jhr ſelbige nicht wiederuͤm herfuͤr ſcheinen
wird. Ach was Art des Ungeluͤkkes iſt
dieſes? Es iſt ſchluͤßlich das Lében von
ihrem Lében (in Erwégung/ daß nach ih-
rem Ableiben Sie ohne Unterlas ſtirbet)
ausgeleſchet/ und keine Hofnung/ daß dieſe
Fakkel ſich wieder anzuͤnden werde: Ach
was hoͤchſtbetrauerlicher Unfall iſt dieſes!
und traͤget die hoͤchſte Wahrheit auf dem
Ruͤkken/ daß/ welcher wégen eines ſolchen
zuhandenſtoßenden Ungluͤks/ ſeine bittere
Zehren und aͤchtzende Seuftzer nicht uͤber-
fluͤßig hervor ſenden/ viel unmenſchlicher/ als
die unmenſchliche Grauſamkeit ſelbſt ſeyn
wirde: ſintemahl die Natur ſelbſt aus ge-
nugſamen Urſachen Uns zu ſolcher klaͤglichen
Gebuͤhr und Schuldigkeit anſtrenget und
erfodert. Derowégen bekraͤftige Jch der

Frauen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0113" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">dero einige Tochter ge&#x017F;torben.</hi></fw><lb/>
Unglu&#x0364;k ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en/ Jhr zum Wieder ge-<lb/>
da&#x0364;chtnu&#x0364;s bringe und vor&#x017F;telle. Es i&#x017F;t wahr/<lb/>
ihre eintzige Tochter hat die&#x017F;em verdru&#x0364;sli-<lb/>
chen Jammertahle abgedanket; die eintzige<lb/>
wahrhaftig/ nicht alleine in der Zahl/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch in Tugenden: und dannenhero/<lb/>
wie un&#x017F;chwer zu &#x017F;chlu&#x0364;ßen/ i&#x017F;t all ihre Freude<lb/>
und Lu&#x017F;t mit ihr ableibig/ und in die ku&#x0364;hle<lb/>
Erde ver&#x017F;charret worden: Was &#x016E;berfluß<lb/>
alles Unglu&#x0364;ks i&#x017F;t die&#x017F;es? Der eintzige<lb/>
Zwek ihrer aller&#x017F;u&#x0364;ße&#x017F;ten Hofnung/ und in-<lb/>
bru&#x0364;n&#x017F;tigen Verlangens/ hat &#x017F;ich vor dero<lb/>
Augen verfin&#x017F;tert; aber &#x017F;olcher ma&#x017F;&#x017F;en/ daß<lb/>
Jhr &#x017F;elbige nicht wiederu&#x0364;m herfu&#x0364;r &#x017F;cheinen<lb/>
wird. Ach was Art des Ungelu&#x0364;kkes i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;es? Es i&#x017F;t &#x017F;chlu&#x0364;ßlich das L<hi rendition="#aq">é</hi>ben von<lb/>
ihrem L<hi rendition="#aq">é</hi>ben (in Erw<hi rendition="#aq">é</hi>gung/ daß nach ih-<lb/>
rem Ableiben Sie ohne Unterlas &#x017F;tirbet)<lb/>
ausgele&#x017F;chet/ und keine Hofnung/ daß die&#x017F;e<lb/>
Fakkel &#x017F;ich wieder anzu&#x0364;nden werde: Ach<lb/>
was ho&#x0364;ch&#x017F;tbetrauerlicher Unfall i&#x017F;t die&#x017F;es!<lb/>
und tra&#x0364;get die ho&#x0364;ch&#x017F;te Wahrheit auf dem<lb/>
Ru&#x0364;kken/ daß/ welcher w<hi rendition="#aq">é</hi>gen eines &#x017F;olchen<lb/>
zuhanden&#x017F;toßenden Unglu&#x0364;ks/ &#x017F;eine bittere<lb/>
Zehren und a&#x0364;chtzende Seuftzer nicht u&#x0364;ber-<lb/>
flu&#x0364;ßig hervor &#x017F;enden/ viel unmen&#x017F;chlicher/ als<lb/>
die unmen&#x017F;chliche Grau&#x017F;amkeit &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eyn<lb/>
wirde: &#x017F;intemahl die Natur &#x017F;elb&#x017F;t aus ge-<lb/>
nug&#x017F;amen Ur&#x017F;achen Uns zu &#x017F;olcher kla&#x0364;glichen<lb/>
Gebu&#x0364;hr und Schuldigkeit an&#x017F;trenget und<lb/>
erfodert. Derow<hi rendition="#aq">é</hi>gen bekra&#x0364;ftige Jch der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Frauen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0113] dero einige Tochter geſtorben. Ungluͤk entſproſſen/ Jhr zum Wieder ge- daͤchtnuͤs bringe und vorſtelle. Es iſt wahr/ ihre eintzige Tochter hat dieſem verdruͤsli- chen Jammertahle abgedanket; die eintzige wahrhaftig/ nicht alleine in der Zahl/ ſon- dern auch in Tugenden: und dannenhero/ wie unſchwer zu ſchluͤßen/ iſt all ihre Freude und Luſt mit ihr ableibig/ und in die kuͤhle Erde verſcharret worden: Was Ůberfluß alles Ungluͤks iſt dieſes? Der eintzige Zwek ihrer allerſuͤßeſten Hofnung/ und in- bruͤnſtigen Verlangens/ hat ſich vor dero Augen verfinſtert; aber ſolcher maſſen/ daß Jhr ſelbige nicht wiederuͤm herfuͤr ſcheinen wird. Ach was Art des Ungeluͤkkes iſt dieſes? Es iſt ſchluͤßlich das Lében von ihrem Lében (in Erwégung/ daß nach ih- rem Ableiben Sie ohne Unterlas ſtirbet) ausgeleſchet/ und keine Hofnung/ daß dieſe Fakkel ſich wieder anzuͤnden werde: Ach was hoͤchſtbetrauerlicher Unfall iſt dieſes! und traͤget die hoͤchſte Wahrheit auf dem Ruͤkken/ daß/ welcher wégen eines ſolchen zuhandenſtoßenden Ungluͤks/ ſeine bittere Zehren und aͤchtzende Seuftzer nicht uͤber- fluͤßig hervor ſenden/ viel unmenſchlicher/ als die unmenſchliche Grauſamkeit ſelbſt ſeyn wirde: ſintemahl die Natur ſelbſt aus ge- nugſamen Urſachen Uns zu ſolcher klaͤglichen Gebuͤhr und Schuldigkeit anſtrenget und erfodert. Derowégen bekraͤftige Jch der Frauen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/113
Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/113>, abgerufen am 21.11.2024.