Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].Betrachtung des Menschlichen Elendes. den wird/ ists doch nur eine zeitlang/ denn/auf welche Seiten zugehen Er sich lenket/ betrit Er doch den Weg zum Tode; da Jhme beymehlichen das graue Alter nicht ohne die verdrüsliche Enge/ alles menschli- chen Elendes/ welches auch den allerhertz- haftigsten eine Furcht einjaget/ durch zu- passiren/ nachfolget: aber das ist noch das wenigste. Lasset Uns den Pfening ümwen- den/ den Leib dieses Schattens in Zerreis- sung dieser Gelegenheit/ weil dieses das wahre Bildnüs unserer selbst/ baß eigentli- cher zuschauen/ und desto klärer und deutli- cher mit obiger Ursach und Grund von die- sem zu redem nichts wenigers/ so lässet Uns/ in Betrachtung/ wie vielerley Ungelükke wier auf dieser Welt unterworfen/ und daß diese Rechnung mit Zahlen auszusätzen/ unnützlich angewendet/ andeuten. Und wann die Exempel/ Uns solche vorzustellen/ verge- bens/ und also unsere Unvermögen eintzig und alleine/ etlicher maßen solches zu ent- dekken/ beredt und geschikt seyn kan; so ist/ welches die Bekümmerten und angefochte- nen Perschonen in diesem tröstet/ dieses die Wissenschaft/ daß alle Menschen gleiche Brüder/ eines Loses/ und alle solchem Un- gelükke unterworfen: und mag sich allein der ausschlüßen/ welcher das Tageliecht noch me gesehen; oder der in seiner zarten Kindheit zu Grabe geleitet worden. Jch wol-
Betrachtung des Menſchlichen Elendes. den wird/ iſts doch nur eine zeitlang/ denn/auf welche Seiten zugehen Er ſich lenket/ betrit Er doch den Weg zum Tode; da Jhme beymehlichen das graue Alter nicht ohne die verdruͤsliche Enge/ alles menſchli- chen Elendes/ welches auch den allerhertz- haftigſten eine Furcht einjaget/ durch zu- paſſiren/ nachfolget: aber das iſt noch das wenigſte. Laſſet Uns den Pfening uͤmwen- den/ den Leib dieſes Schattens in Zerreiſ- ſung dieſer Gelégenheit/ weil dieſes das wahre Bildnuͤs unſerer ſelbſt/ baß eigentli- cher zuſchauen/ und deſto klaͤrer und deutli- cher mit obiger Urſach und Grund von die- ſem zu rédem nichts wenigers/ ſo laͤſſet Uns/ in Betrachtung/ wie vielerley Ungeluͤkke wier auf dieſer Welt unterworfen/ und daß dieſe Rechnung mit Zahlen auszuſaͤtzen/ unnuͤtzlich angewendet/ andeuten. Und wañ die Exempel/ Uns ſolche vorzuſtellen/ vergê- bens/ und alſo unſere Unvermoͤgen eintzig und alleine/ etlicher maßen ſolches zu ent- dekken/ beredt und geſchikt ſeyn kan; ſo iſt/ welches die Bekuͤmmerten und angefochte- nen Perſchonen in dieſem troͤſtet/ dieſes die Wiſſenſchaft/ daß alle Menſchen gleiche Bruͤder/ eines Loſes/ und alle ſolchem Un- geluͤkke unterworfen: und mag ſich allein der ausſchluͤßen/ welcher das Tageliecht noch me geſéhen; oder der in ſeiner zarten Kindheit zu Grábe geleitet worden. Jch wol-
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Betrachtung des Menſchlichen Elendes.
den wird/ iſts doch nur eine zeitlang/ denn/
auf welche Seiten zugehen Er ſich lenket/
betrit Er doch den Weg zum Tode; da
Jhme beymehlichen das graue Alter nicht
ohne die verdruͤsliche Enge/ alles menſchli-
chen Elendes/ welches auch den allerhertz-
haftigſten eine Furcht einjaget/ durch zu-
paſſiren/ nachfolget: aber das iſt noch das
wenigſte. Laſſet Uns den Pfening uͤmwen-
den/ den Leib dieſes Schattens in Zerreiſ-
ſung dieſer Gelégenheit/ weil dieſes das
wahre Bildnuͤs unſerer ſelbſt/ baß eigentli-
cher zuſchauen/ und deſto klaͤrer und deutli-
cher mit obiger Urſach und Grund von die-
ſem zu rédem nichts wenigers/ ſo laͤſſet Uns/
in Betrachtung/ wie vielerley Ungeluͤkke
wier auf dieſer Welt unterworfen/ und daß
dieſe Rechnung mit Zahlen auszuſaͤtzen/
unnuͤtzlich angewendet/ andeuten. Und wañ
die Exempel/ Uns ſolche vorzuſtellen/ vergê-
bens/ und alſo unſere Unvermoͤgen eintzig
und alleine/ etlicher maßen ſolches zu ent-
dekken/ beredt und geſchikt ſeyn kan; ſo iſt/
welches die Bekuͤmmerten und angefochte-
nen Perſchonen in dieſem troͤſtet/ dieſes die
Wiſſenſchaft/ daß alle Menſchen gleiche
Bruͤder/ eines Loſes/ und alle ſolchem Un-
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