Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627.

Bild:
<< vorherige Seite

Diebs Historien/ das I, Buch.
der Kauffmann todt ware/ vnd daß er auff der
Lothringischen Grentzen ware ermordet worden.

Als nun dieses geschehen/ begibet sich Carfour
widerumb nach Hauß/ läst sich stattlich kleyden/
vnnd fanget sich an wie ein vornemer vom Adel
zu halten: Verkleidet sich/ thut eine Larven vor/
vnd reitet alle Tag auff die Beute auß/ vnd brin-
get alle mal seinem Weib viel köstliche Sachen
mit heim: Aber niemands vnter den Benachbar-
ten vom Adel pflegte mit jhm vmbzugehen: Dann
jederman wuste gar wol/ daß er sich zu einer sehr
bösen Gesellschaft hielte/ vnd daß es vnmöglich
were/ daß er ohne Rauben vnd Stelen in so kur-
tzer Zeit solte so reich/ stattlich vnd vornem seyn
worden: Welches dann Vrsach ware/ daß er hin-
führ allzeit bey sich hatte ein hauffen Mörder vnd
Freybeuter/ welche er speisete vnd vnterhielte/ vnd
dieselbige streiffeten auff die zwantzig/ ja auff die
dreyssig meylen Wegs vmbher/ durchsuchten alle
Stätte/ sprengeten an die Kauffleute/ plünderten
die Bauersleute/ so offt als sie darzu gelegenheit
machen vnd haben kondten.

Nun begab es sich/ daß vnter dessen der Krieg
in Franckreich anfienge/ sonderlich aber im Lande
Nivernois/ wegen etlicher Empörungen/ so sich
allda ansponnen: Darauff dann solches Vnglück
erfolgete/ daß es am besten ist/ wann man am al-
ler wenigsten daran gedencket/ wiewol der Römi-
sche Orator also redet: habet praeteriti dolores
recordatio delectationem
: das ist/ Es thut ei-
nem gleichsam wol/ wann man sich erinnert/

was
H iij

Diebs Hiſtorien/ das I, Buch.
der Kauffmann todt ware/ vnd daß er auff der
Lothringiſchen Grentzen ware ermordet worden.

Als nun dieſes geſchehen/ begibet ſich Carfour
widerumb nach Hauß/ laͤſt ſich ſtattlich kleyden/
vnnd fanget ſich an wie ein vornemer vom Adel
zu halten: Verkleidet ſich/ thut eine Larven voꝛ/
vnd reitet alle Tag auff die Beute auß/ vnd brin-
get alle mal ſeinem Weib viel koͤſtliche Sachen
mit heim: Aber niemands vnter den Benachbar-
ten vom Adel pflegte mit jhm vmbzugehen: Dan̄
jederman wuſte gar wol/ daß er ſich zu einer ſehr
boͤſen Geſellſchaft hielte/ vnd daß es vnmoͤglich
were/ daß er ohne Rauben vnd Stelen in ſo kur-
tzer Zeit ſolte ſo reich/ ſtattlich vnd vornem ſeyn
worden: Welches dann Vrſach ware/ daß er hin-
fuͤhr allzeit bey ſich hatte ein hauffen Moͤrder vnd
Freybeuter/ welche er ſpeiſete vnd vnterhielte/ vnd
dieſelbige ſtreiffeten auff die zwantzig/ ja auff die
dreyſſig meylen Wegs vmbher/ durchſuchten alle
Staͤtte/ ſprengeten an die Kauffleute/ pluͤnderten
die Bauersleute/ ſo offt als ſie darzu gelegenheit
machen vnd haben kondten.

Nun begab es ſich/ daß vnter deſſen der Krieg
in Franckreich anfienge/ ſonderlich aber im Lande
Nivernois/ wegen etlicher Empoͤrungen/ ſo ſich
allda anſponnen: Darauff dann ſolches Vngluͤck
erfolgete/ daß es am beſten iſt/ wann man am al-
ler wenigſten daran gedencket/ wiewol der Roͤmi-
ſche Orator alſo redet: habet præteriti dolores
recordatio delectationem
: das iſt/ Es thut ei-
nem gleichſam wol/ wann man ſich erinnert/

was
H iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0121" n="109"/><fw place="top" type="header">Diebs Hi&#x017F;torien/ das <hi rendition="#aq">I,</hi> Buch.</fw><lb/>
der Kauffmann todt ware/ vnd daß er auff der<lb/>
Lothringi&#x017F;chen Grentzen ware ermordet worden.</p><lb/>
          <p>Als nun die&#x017F;es ge&#x017F;chehen/ begibet &#x017F;ich Carfour<lb/>
widerumb nach Hauß/ la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;tattlich kleyden/<lb/>
vnnd fanget &#x017F;ich an wie ein vornemer vom Adel<lb/>
zu halten: Verkleidet &#x017F;ich/ thut eine Larven vo&#xA75B;/<lb/>
vnd reitet alle Tag auff die Beute auß/ vnd brin-<lb/>
get alle mal &#x017F;einem Weib viel ko&#x0364;&#x017F;tliche Sachen<lb/>
mit heim: Aber niemands vnter den Benachbar-<lb/>
ten vom Adel pflegte mit jhm vmbzugehen: Dan&#x0304;<lb/>
jederman wu&#x017F;te gar wol/ daß er &#x017F;ich zu einer &#x017F;ehr<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;en Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft hielte/ vnd daß es vnmo&#x0364;glich<lb/>
were/ daß er ohne Rauben vnd Stelen in &#x017F;o kur-<lb/>
tzer Zeit &#x017F;olte &#x017F;o reich/ &#x017F;tattlich vnd vornem &#x017F;eyn<lb/>
worden: Welches dann Vr&#x017F;ach ware/ daß er hin-<lb/>
fu&#x0364;hr allzeit bey &#x017F;ich hatte ein hauffen Mo&#x0364;rder vnd<lb/>
Freybeuter/ welche er &#x017F;pei&#x017F;ete vnd vnterhielte/ vnd<lb/>
die&#x017F;elbige &#x017F;treiffeten auff die zwantzig/ ja auff die<lb/>
drey&#x017F;&#x017F;ig meylen Wegs vmbher/ durch&#x017F;uchten alle<lb/>
Sta&#x0364;tte/ &#x017F;prengeten an die Kauffleute/ plu&#x0364;nderten<lb/>
die Bauersleute/ &#x017F;o offt als &#x017F;ie darzu gelegenheit<lb/>
machen vnd haben kondten.</p><lb/>
          <p>Nun begab es &#x017F;ich/ daß vnter de&#x017F;&#x017F;en der Krieg<lb/>
in Franckreich anfienge/ &#x017F;onderlich aber im Lande<lb/>
Nivernois/ wegen etlicher Empo&#x0364;rungen/ &#x017F;o &#x017F;ich<lb/>
allda an&#x017F;ponnen: Darauff dann &#x017F;olches Vnglu&#x0364;ck<lb/>
erfolgete/ daß es am be&#x017F;ten i&#x017F;t/ wann man am al-<lb/>
ler wenig&#x017F;ten daran gedencket/ wiewol der Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;che Orator al&#x017F;o redet: <hi rendition="#aq">habet præteriti dolores<lb/>
recordatio delectationem</hi>: das i&#x017F;t/ Es thut ei-<lb/>
nem gleich&#x017F;am wol/ wann man &#x017F;ich erinnert/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H iij</fw><fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0121] Diebs Hiſtorien/ das I, Buch. der Kauffmann todt ware/ vnd daß er auff der Lothringiſchen Grentzen ware ermordet worden. Als nun dieſes geſchehen/ begibet ſich Carfour widerumb nach Hauß/ laͤſt ſich ſtattlich kleyden/ vnnd fanget ſich an wie ein vornemer vom Adel zu halten: Verkleidet ſich/ thut eine Larven voꝛ/ vnd reitet alle Tag auff die Beute auß/ vnd brin- get alle mal ſeinem Weib viel koͤſtliche Sachen mit heim: Aber niemands vnter den Benachbar- ten vom Adel pflegte mit jhm vmbzugehen: Dan̄ jederman wuſte gar wol/ daß er ſich zu einer ſehr boͤſen Geſellſchaft hielte/ vnd daß es vnmoͤglich were/ daß er ohne Rauben vnd Stelen in ſo kur- tzer Zeit ſolte ſo reich/ ſtattlich vnd vornem ſeyn worden: Welches dann Vrſach ware/ daß er hin- fuͤhr allzeit bey ſich hatte ein hauffen Moͤrder vnd Freybeuter/ welche er ſpeiſete vnd vnterhielte/ vnd dieſelbige ſtreiffeten auff die zwantzig/ ja auff die dreyſſig meylen Wegs vmbher/ durchſuchten alle Staͤtte/ ſprengeten an die Kauffleute/ pluͤnderten die Bauersleute/ ſo offt als ſie darzu gelegenheit machen vnd haben kondten. Nun begab es ſich/ daß vnter deſſen der Krieg in Franckreich anfienge/ ſonderlich aber im Lande Nivernois/ wegen etlicher Empoͤrungen/ ſo ſich allda anſponnen: Darauff dann ſolches Vngluͤck erfolgete/ daß es am beſten iſt/ wann man am al- ler wenigſten daran gedencket/ wiewol der Roͤmi- ſche Orator alſo redet: habet præteriti dolores recordatio delectationem: das iſt/ Es thut ei- nem gleichſam wol/ wann man ſich erinnert/ was H iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/121
Zitationshilfe: [Calvi, François de]: Beutelschneider, oder newe warhaffte vnd eigentliche Beschreibung der Diebs Historien. [Bd. 1]. Frankfurt (Main), 1627, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider01_1627/121>, abgerufen am 23.11.2024.