Gedankenlos und wie ein Träumender blieb er auf derselben Stelle stehen und hatte seine starren Blikke auf die Erde geheftet. "Von Gott und Menschen verlassen!" das war Al- les, was er denken konte. -- Zum Glük fiel ihm endlich wieder eine Strofe aus seinem schönen Liede bei:
Denk' nicht in deiner Drangsalshize, Daß du von Gott verlassen seist, Und daß ihm der im Schooße size, Der sich mit stetem Glükke speist! Die Zukunft ändert oft sehr viel, Und sezt der Trübsaal Maaß und Ziel.
Er warf sich mit Inbrunst auf seine Knie vor Gott, gelobte Geduld und Unterwerfung in seinen Leiden, und bat um Stärke zur Er- tragung derselben.
Lotte. Das war doch recht gut, daß der Robinson solche schöne Lieder wuste, die ihn so trösteten in seinem Unglük!
Vater. Freilich war das sehr gut! Was würde aus ihm geworden sein, wenn er nun nicht gewust hätte, daß Gott der algütige,
der
Gedankenlos und wie ein Traͤumender blieb er auf derſelben Stelle ſtehen und hatte ſeine ſtarren Blikke auf die Erde geheftet. „Von Gott und Menſchen verlaſſen!„ das war Al- les, was er denken konte. — Zum Gluͤk fiel ihm endlich wieder eine Strofe aus ſeinem ſchoͤnen Liede bei:
Denk' nicht in deiner Drangſalshize, Daß du von Gott verlaſſen ſeiſt, Und daß ihm der im Schooße ſize, Der ſich mit ſtetem Gluͤkke ſpeiſt! Die Zukunft aͤndert oft ſehr viel, Und ſezt der Truͤbſaal Maaß und Ziel.
Er warf ſich mit Inbrunſt auf ſeine Knie vor Gott, gelobte Geduld und Unterwerfung in ſeinen Leiden, und bat um Staͤrke zur Er- tragung derſelben.
Lotte. Das war doch recht gut, daß der Robinſon ſolche ſchoͤne Lieder wuſte, die ihn ſo troͤſteten in ſeinem Ungluͤk!
Vater. Freilich war das ſehr gut! Was wuͤrde aus ihm geworden ſein, wenn er nun nicht gewuſt haͤtte, daß Gott der alguͤtige,
der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0120"n="80"/><p>Gedankenlos und wie ein Traͤumender blieb<lb/>
er auf derſelben Stelle ſtehen und hatte ſeine<lb/>ſtarren Blikke auf die Erde geheftet. „Von<lb/>
Gott und Menſchen verlaſſen!„ das war Al-<lb/>
les, was er denken konte. — Zum Gluͤk fiel<lb/>
ihm endlich wieder eine Strofe aus ſeinem<lb/>ſchoͤnen Liede bei:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Denk' nicht in deiner Drangſalshize,</l><lb/><l>Daß du von Gott verlaſſen ſeiſt,</l><lb/><l>Und daß ihm der im Schooße ſize,</l><lb/><l>Der ſich mit ſtetem Gluͤkke ſpeiſt!</l><lb/><l>Die Zukunft aͤndert oft ſehr viel,</l><lb/><l>Und ſezt der Truͤbſaal Maaß und Ziel.</l></lg><lb/><p>Er warf ſich mit Inbrunſt auf ſeine Knie<lb/>
vor Gott, gelobte Geduld und Unterwerfung<lb/>
in ſeinen Leiden, und bat um Staͤrke zur Er-<lb/>
tragung derſelben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lotte.</hi> Das war doch recht gut, daß<lb/>
der <hirendition="#fr">Robinſon</hi>ſolche ſchoͤne Lieder wuſte, die<lb/>
ihn ſo troͤſteten in ſeinem Ungluͤk!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater.</hi> Freilich war das ſehr gut! Was<lb/>
wuͤrde aus ihm geworden ſein, wenn er nun<lb/>
nicht gewuſt haͤtte, daß Gott der alguͤtige,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[80/0120]
Gedankenlos und wie ein Traͤumender blieb
er auf derſelben Stelle ſtehen und hatte ſeine
ſtarren Blikke auf die Erde geheftet. „Von
Gott und Menſchen verlaſſen!„ das war Al-
les, was er denken konte. — Zum Gluͤk fiel
ihm endlich wieder eine Strofe aus ſeinem
ſchoͤnen Liede bei:
Denk' nicht in deiner Drangſalshize,
Daß du von Gott verlaſſen ſeiſt,
Und daß ihm der im Schooße ſize,
Der ſich mit ſtetem Gluͤkke ſpeiſt!
Die Zukunft aͤndert oft ſehr viel,
Und ſezt der Truͤbſaal Maaß und Ziel.
Er warf ſich mit Inbrunſt auf ſeine Knie
vor Gott, gelobte Geduld und Unterwerfung
in ſeinen Leiden, und bat um Staͤrke zur Er-
tragung derſelben.
Lotte. Das war doch recht gut, daß
der Robinſon ſolche ſchoͤne Lieder wuſte, die
ihn ſo troͤſteten in ſeinem Ungluͤk!
Vater. Freilich war das ſehr gut! Was
wuͤrde aus ihm geworden ſein, wenn er nun
nicht gewuſt haͤtte, daß Gott der alguͤtige,
der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/120>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.