dern. Und nun stand ihm der schreklichste Zu- stand bevor, in welchen ein Mensch jemahls gerathen kan.
"Großer Gott, dachte er, was wird aus mir werden, wenn ich von meinem Lager nicht mehr aufstehen kan? Wenn keine mitleidige Hand da ist, die meiner wartet und meinem Un- vermögen zu Hülfe kömt? Kein Freund, der mir den Todesschweiß abwischt und mir irgend ein Labsal reicht? -- Gott! Gott! was wird aus mir werden?"
Er sank, von tiefer Selenangst überwälti- get, mit diesen Worten ohnmächtig zu Boden.
War ihm nun jemahls ein festes kindliches Vertrauen auf Gott, den algegenwärtigen und alliebenden Vater, nöthig gewesen; so war es jezt. Aller menschlichen Hülfe beraubt, von seinen eigenen Kräften verlassen: was blieb ihm nun noch übrig, wenn er in seinem Elende nicht untergehen solte? Gott, Gott allein; sonst niemand auf der ganzen Welt.
Er lag und rang mit Todesangst. Seine Hände waren fest in einander geklammert; und unfähig zu reden, unfähig zu denken, heftete er seine starren Blikke an den Him- mel. Gott! Gott! Erbarmung! -- Dies war Alles, was er mit tiefen Seufzern von Zeit zu Zeit hervorzubringen vermogte.
Aber
dern. Und nun ſtand ihm der ſchreklichſte Zu- ſtand bevor, in welchen ein Menſch jemahls gerathen kan.
„Großer Gott, dachte er, was wird aus mir werden, wenn ich von meinem Lager nicht mehr aufſtehen kan? Wenn keine mitleidige Hand da iſt, die meiner wartet und meinem Un- vermoͤgen zu Huͤlfe koͤmt? Kein Freund, der mir den Todesſchweiß abwiſcht und mir irgend ein Labſal reicht? — Gott! Gott! was wird aus mir werden?„
Er ſank, von tiefer Selenangſt uͤberwaͤlti- get, mit dieſen Worten ohnmaͤchtig zu Boden.
War ihm nun jemahls ein feſtes kindliches Vertrauen auf Gott, den algegenwaͤrtigen und alliebenden Vater, noͤthig geweſen; ſo war es jezt. Aller menſchlichen Huͤlfe beraubt, von ſeinen eigenen Kraͤften verlaſſen: was blieb ihm nun noch uͤbrig, wenn er in ſeinem Elende nicht untergehen ſolte? Gott, Gott allein; ſonſt niemand auf der ganzen Welt.
Er lag und rang mit Todesangſt. Seine Haͤnde waren feſt in einander geklammert; und unfaͤhig zu reden, unfaͤhig zu denken, heftete er ſeine ſtarren Blikke an den Him- mel. Gott! Gott! Erbarmung! — Dies war Alles, was er mit tiefen Seufzern von Zeit zu Zeit hervorzubringen vermogte.
Aber
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dern. Und nun ſtand ihm der ſchreklichſte Zu-
ſtand bevor, in welchen ein Menſch jemahls
gerathen kan.
„Großer Gott, dachte er, was wird aus
mir werden, wenn ich von meinem Lager nicht
mehr aufſtehen kan? Wenn keine mitleidige Hand
da iſt, die meiner wartet und meinem Un-
vermoͤgen zu Huͤlfe koͤmt? Kein Freund, der
mir den Todesſchweiß abwiſcht und mir irgend
ein Labſal reicht? — Gott! Gott! was wird
aus mir werden?„
Er ſank, von tiefer Selenangſt uͤberwaͤlti-
get, mit dieſen Worten ohnmaͤchtig zu Boden.
War ihm nun jemahls ein feſtes kindliches
Vertrauen auf Gott, den algegenwaͤrtigen
und alliebenden Vater, noͤthig geweſen; ſo war
es jezt. Aller menſchlichen Huͤlfe beraubt,
von ſeinen eigenen Kraͤften verlaſſen: was
blieb ihm nun noch uͤbrig, wenn er in ſeinem
Elende nicht untergehen ſolte? Gott, Gott
allein; ſonſt niemand auf der ganzen Welt.
Er lag und rang mit Todesangſt. Seine
Haͤnde waren feſt in einander geklammert;
und unfaͤhig zu reden, unfaͤhig zu denken,
heftete er ſeine ſtarren Blikke an den Him-
mel. Gott! Gott! Erbarmung! — Dies
war Alles, was er mit tiefen Seufzern von
Zeit zu Zeit hervorzubringen vermogte.
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/325>, abgerufen am 21.11.2024.
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