Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Der zweite, der ein Gelehrter werden
wolte, hatte einmahl einen Trunk gethan,
da er eben erhizt war; kriegte die Schwind-
sucht und starb.

Nun war also nur noch der Kleinste übrig,
den man Krusoe nante, ich weiß nicht, wa-
rum? Auf den sezten nun der Herr Robin-
son und die Frau Robinson ihre ganze Hof-
nung, weil er jezt ihr Einziger war. Sie
hatten ihn so lieb, als ihren Augapfel; aber
sie liebten ihn mit Unverstand.

Gotlieb. Was heist das, Vater?

Vater. Wirst es gleich hören. Wir lie-
ben euch auch, wie ihr wißt; aber eben des-
wegen halten wir euch zur Arbeit an, und
lehren euch viel angenehme und nüzliche Din-
ge, weil wir wissen, daß euch das gut und
glüklich machen wird. Aber Krusoe's El-
tern machten es nicht so. Sie liessen ihrem
lieben Söhnchen in allem seinen eigenen Wil-
len, und weil nun das liebe Söhnchen lieber
spielen, als arbeiten und etwas lernen mogte:
so liessen sie es meist den ganzen Tag spie-

len,

Der zweite, der ein Gelehrter werden
wolte, hatte einmahl einen Trunk gethan,
da er eben erhizt war; kriegte die Schwind-
ſucht und ſtarb.

Nun war alſo nur noch der Kleinſte uͤbrig,
den man Kruſoe nante, ich weiß nicht, wa-
rum? Auf den ſezten nun der Herr Robin-
ſon und die Frau Robinſon ihre ganze Hof-
nung, weil er jezt ihr Einziger war. Sie
hatten ihn ſo lieb, als ihren Augapfel; aber
ſie liebten ihn mit Unverſtand.

Gotlieb. Was heiſt das, Vater?

Vater. Wirſt es gleich hoͤren. Wir lie-
ben euch auch, wie ihr wißt; aber eben des-
wegen halten wir euch zur Arbeit an, und
lehren euch viel angenehme und nuͤzliche Din-
ge, weil wir wiſſen, daß euch das gut und
gluͤklich machen wird. Aber Kruſoe's El-
tern machten es nicht ſo. Sie lieſſen ihrem
lieben Soͤhnchen in allem ſeinen eigenen Wil-
len, und weil nun das liebe Soͤhnchen lieber
ſpielen, als arbeiten und etwas lernen mogte:
ſo lieſſen ſie es meiſt den ganzen Tag ſpie-

len,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0044" n="4"/>
          <p>Der zweite, der ein Gelehrter werden<lb/>
wolte, hatte einmahl einen Trunk gethan,<lb/>
da er eben erhizt war; kriegte die Schwind-<lb/>
&#x017F;ucht und &#x017F;tarb.</p><lb/>
          <p>Nun war al&#x017F;o nur noch der Klein&#x017F;te u&#x0364;brig,<lb/>
den man <hi rendition="#fr">Kru&#x017F;oe</hi> nante, ich weiß nicht, wa-<lb/>
rum? Auf den &#x017F;ezten nun der Herr Robin-<lb/>
&#x017F;on und die Frau Robin&#x017F;on ihre ganze Hof-<lb/>
nung, weil er jezt ihr Einziger war. Sie<lb/>
hatten ihn &#x017F;o lieb, als ihren Augapfel; aber<lb/>
&#x017F;ie liebten ihn mit Unver&#x017F;tand.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Gotlieb.</hi> Was hei&#x017F;t das, Vater?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vater.</hi> Wir&#x017F;t es gleich ho&#x0364;ren. Wir lie-<lb/>
ben euch auch, wie ihr wißt; aber eben des-<lb/>
wegen halten wir euch zur Arbeit an, und<lb/>
lehren euch viel angenehme und nu&#x0364;zliche Din-<lb/>
ge, weil wir wi&#x017F;&#x017F;en, daß euch das gut und<lb/>
glu&#x0364;klich machen wird. Aber <hi rendition="#fr">Kru&#x017F;oe's</hi> El-<lb/>
tern machten es nicht &#x017F;o. Sie lie&#x017F;&#x017F;en ihrem<lb/>
lieben So&#x0364;hnchen in allem &#x017F;einen eigenen Wil-<lb/>
len, und weil nun das liebe So&#x0364;hnchen lieber<lb/>
&#x017F;pielen, als arbeiten und etwas lernen mogte:<lb/>
&#x017F;o lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie es mei&#x017F;t den ganzen Tag &#x017F;pie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0044] Der zweite, der ein Gelehrter werden wolte, hatte einmahl einen Trunk gethan, da er eben erhizt war; kriegte die Schwind- ſucht und ſtarb. Nun war alſo nur noch der Kleinſte uͤbrig, den man Kruſoe nante, ich weiß nicht, wa- rum? Auf den ſezten nun der Herr Robin- ſon und die Frau Robinſon ihre ganze Hof- nung, weil er jezt ihr Einziger war. Sie hatten ihn ſo lieb, als ihren Augapfel; aber ſie liebten ihn mit Unverſtand. Gotlieb. Was heiſt das, Vater? Vater. Wirſt es gleich hoͤren. Wir lie- ben euch auch, wie ihr wißt; aber eben des- wegen halten wir euch zur Arbeit an, und lehren euch viel angenehme und nuͤzliche Din- ge, weil wir wiſſen, daß euch das gut und gluͤklich machen wird. Aber Kruſoe's El- tern machten es nicht ſo. Sie lieſſen ihrem lieben Soͤhnchen in allem ſeinen eigenen Wil- len, und weil nun das liebe Soͤhnchen lieber ſpielen, als arbeiten und etwas lernen mogte: ſo lieſſen ſie es meiſt den ganzen Tag ſpie- len,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/44
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/44>, abgerufen am 03.12.2024.