Wunden unsers Herzens, die sie zu unserm Be- sten schlug, und die wir in der Empfindung des Schmerzens für unheilbar hielten, oft in einem einzigen Augenblikke durch den Balsam unver- hofter Freuden ganzlich wieder zu heilen! Ob übrigens Robinson im Genuß dieser neuen Gottesgaben auch an den Geber derselben mit Lieb' und Dankbarkeit gedacht habe, brauch ich euch wohl nicht erst zu sagen.
Nach der Mahlzeit lagert' er sich in seinem Gedankenwinkel, um über die glükliche Verän- derung seines Zustandes ernsthafte Betrachtun- gen anzustellen. Alles hatte nun eine andere, viel angenehmere Gestalt für ihn gewonnen. Sein Leben war nun nicht mehr einsam; er hat- te einen Geselschafter, mit dem er jezt zwar noch nicht reden konte, aber dessen bloße Gesel- schaft ihm doch schon jezt zum Troste und zur Hülfe gereichte; er hatte wieder Feuer und der wohlschmekkenden und gesunden Nahrungsmit- tel genug, um die Bedürfnisse des Gaums und des Magens hinlänglich befriedigen zu können. "Was kan dich, dacht' er, nun noch hindern,
ver-
Wunden unſers Herzens, die ſie zu unſerm Be- ſten ſchlug, und die wir in der Empfindung des Schmerzens fuͤr unheilbar hielten, oft in einem einzigen Augenblikke durch den Balſam unver- hofter Freuden ganzlich wieder zu heilen! Ob uͤbrigens Robinſon im Genuß dieſer neuen Gottesgaben auch an den Geber derſelben mit Lieb' und Dankbarkeit gedacht habe, brauch ich euch wohl nicht erſt zu ſagen.
Nach der Mahlzeit lagert' er ſich in ſeinem Gedankenwinkel, um uͤber die gluͤkliche Veraͤn- derung ſeines Zuſtandes ernſthafte Betrachtun- gen anzuſtellen. Alles hatte nun eine andere, viel angenehmere Geſtalt fuͤr ihn gewonnen. Sein Leben war nun nicht mehr einſam; er hat- te einen Geſelſchafter, mit dem er jezt zwar noch nicht reden konte, aber deſſen bloße Geſel- ſchaft ihm doch ſchon jezt zum Troſte und zur Huͤlfe gereichte; er hatte wieder Feuer und der wohlſchmekkenden und geſunden Nahrungsmit- tel genug, um die Beduͤrfniſſe des Gaums und des Magens hinlaͤnglich befriedigen zu koͤnnen. „Was kan dich, dacht' er, nun noch hindern,
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Wunden unſers Herzens, die ſie zu unſerm Be-
ſten ſchlug, und die wir in der Empfindung des
Schmerzens fuͤr unheilbar hielten, oft in einem
einzigen Augenblikke durch den Balſam unver-
hofter Freuden ganzlich wieder zu heilen! Ob
uͤbrigens Robinſon im Genuß dieſer neuen
Gottesgaben auch an den Geber derſelben mit
Lieb' und Dankbarkeit gedacht habe, brauch ich
euch wohl nicht erſt zu ſagen.
Nach der Mahlzeit lagert' er ſich in ſeinem
Gedankenwinkel, um uͤber die gluͤkliche Veraͤn-
derung ſeines Zuſtandes ernſthafte Betrachtun-
gen anzuſtellen. Alles hatte nun eine andere,
viel angenehmere Geſtalt fuͤr ihn gewonnen.
Sein Leben war nun nicht mehr einſam; er hat-
te einen Geſelſchafter, mit dem er jezt zwar
noch nicht reden konte, aber deſſen bloße Geſel-
ſchaft ihm doch ſchon jezt zum Troſte und zur
Huͤlfe gereichte; er hatte wieder Feuer und der
wohlſchmekkenden und geſunden Nahrungsmit-
tel genug, um die Beduͤrfniſſe des Gaums und
des Magens hinlaͤnglich befriedigen zu koͤnnen.
„Was kan dich, dacht' er, nun noch hindern,
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/116>, abgerufen am 27.11.2024.
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