besonnener Jüngling, daß deine unsterbliche Sele immer und ewig ein Unterthan in Gottes uner- meßlichen Reiche bleibt, und daß es ihr ohnmög- lich wohl darnach gehen kan, wenn sie, als eine Empörerin gegen Gott, aus diesem Leben flüch- tet, ohne erst den Ruf ihres Schöpfers abzu- warten!"
Freitag fühlte die Wahrheit dieser Vorstel- lungen in dem Innersten seiner Sele und schäm- te sich seiner Kleinmüthigkeit. Auf Robinsons Zureden ergrif er wieder das Ruder und beide fuhren unaufhörlich fort zu arbeiten, ohngeach- tet nicht die mindeste Hofnung war, daß es et- was helfen würde. "Dies, sagte Robin- son, ist unsere Pflicht. So lange noch ein Fünkchen Leben in uns ist, müssen wir unser Möglichstes thun, es zu erhalten. Dan kön- nen wir, wenn es sein muß, mit dem trösten- den Bewustsein sterben, daß es Gott so gewolt habe. Und sein Wille, lieber Freitag, fuhr er mit erhöhter Stimme und in edlem Feuer fort, sein Wille ist immer gut, immer gut und
weise,
beſonnener Juͤngling, daß deine unſterbliche Sele immer und ewig ein Unterthan in Gottes uner- meßlichen Reiche bleibt, und daß es ihr ohnmoͤg- lich wohl darnach gehen kan, wenn ſie, als eine Empoͤrerin gegen Gott, aus dieſem Leben fluͤch- tet, ohne erſt den Ruf ihres Schoͤpfers abzu- warten!„
Freitag fuͤhlte die Wahrheit dieſer Vorſtel- lungen in dem Innerſten ſeiner Sele und ſchaͤm- te ſich ſeiner Kleinmuͤthigkeit. Auf Robinſons Zureden ergrif er wieder das Ruder und beide fuhren unaufhoͤrlich fort zu arbeiten, ohngeach- tet nicht die mindeſte Hofnung war, daß es et- was helfen wuͤrde. „Dies, ſagte Robin- ſon, iſt unſere Pflicht. So lange noch ein Fuͤnkchen Leben in uns iſt, muͤſſen wir unſer Moͤglichſtes thun, es zu erhalten. Dan koͤn- nen wir, wenn es ſein muß, mit dem troͤſten- den Bewuſtſein ſterben, daß es Gott ſo gewolt habe. Und ſein Wille, lieber Freitag, fuhr er mit erhoͤhter Stimme und in edlem Feuer fort, ſein Wille iſt immer gut, immer gut und
weiſe,
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beſonnener Juͤngling, daß deine unſterbliche Sele
immer und ewig ein Unterthan in Gottes uner-
meßlichen Reiche bleibt, und daß es ihr ohnmoͤg-
lich wohl darnach gehen kan, wenn ſie, als eine
Empoͤrerin gegen Gott, aus dieſem Leben fluͤch-
tet, ohne erſt den Ruf ihres Schoͤpfers abzu-
warten!„
Freitag fuͤhlte die Wahrheit dieſer Vorſtel-
lungen in dem Innerſten ſeiner Sele und ſchaͤm-
te ſich ſeiner Kleinmuͤthigkeit. Auf Robinſons
Zureden ergrif er wieder das Ruder und beide
fuhren unaufhoͤrlich fort zu arbeiten, ohngeach-
tet nicht die mindeſte Hofnung war, daß es et-
was helfen wuͤrde. „Dies, ſagte Robin-
ſon, iſt unſere Pflicht. So lange noch ein
Fuͤnkchen Leben in uns iſt, muͤſſen wir unſer
Moͤglichſtes thun, es zu erhalten. Dan koͤn-
nen wir, wenn es ſein muß, mit dem troͤſten-
den Bewuſtſein ſterben, daß es Gott ſo gewolt
habe. Und ſein Wille, lieber Freitag, fuhr
er mit erhoͤhter Stimme und in edlem Feuer
fort, ſein Wille iſt immer gut, immer gut und
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/168>, abgerufen am 23.11.2024.
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