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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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sein muß, zu wissen, daß Gott es sei, der dem
Sturmwinde gebietet, und daß dieser Gott ein
weiser, und gütiger Vater aller seiner Geschöpfe
sei?

Freitag ging in sich; er bereuete seinen Un-
verstand, und ergab sich in den Willen der Vor-
sehung. Robinsons Blikke irreten unterdeß
auf der weiten Fläche des Ozeans herum, ob
er nicht vielleicht irgend wo ein Schif wahrneh-
men mögte? Aber umsonst! Es war nirgends
eins zu sehen. Er sahe also, daß er sich geirret
haben müsse, und daß der gehörte wiederholte
Knal, dem er für Kanonenschüsse gehalten hatte,
nichts anders, als der Donner, könne gewesen
sein. Traurig über die Vereitelung einer so
lieben Hofnung, ging er wieder zu Hause.

Aber zu Hause hatt' er nicht Ruhe, nicht
Rast, weil ihm immer ein Schif vor den Au-
gen stand, das bei seiner Insel vor Anker lag.
Er kletterte also wieder auf den Berg, von wan-
nen er die westliche Küste übersehen konte: aber
auch von da aus kont' er nicht entdekken, was
der süße Traum ihm vorgespiegelt hatte. Auch

damit

ſein muß, zu wiſſen, daß Gott es ſei, der dem
Sturmwinde gebietet, und daß dieſer Gott ein
weiſer, und guͤtiger Vater aller ſeiner Geſchoͤpfe
ſei?

Freitag ging in ſich; er bereuete ſeinen Un-
verſtand, und ergab ſich in den Willen der Vor-
ſehung. Robinſons Blikke irreten unterdeß
auf der weiten Flaͤche des Ozeans herum, ob
er nicht vielleicht irgend wo ein Schif wahrneh-
men moͤgte? Aber umſonſt! Es war nirgends
eins zu ſehen. Er ſahe alſo, daß er ſich geirret
haben muͤſſe, und daß der gehoͤrte wiederholte
Knal, dem er fuͤr Kanonenſchuͤſſe gehalten hatte,
nichts anders, als der Donner, koͤnne geweſen
ſein. Traurig uͤber die Vereitelung einer ſo
lieben Hofnung, ging er wieder zu Hauſe.

Aber zu Hauſe hatt' er nicht Ruhe, nicht
Raſt, weil ihm immer ein Schif vor den Au-
gen ſtand, das bei ſeiner Inſel vor Anker lag.
Er kletterte alſo wieder auf den Berg, von wan-
nen er die weſtliche Kuͤſte uͤberſehen konte: aber
auch von da aus kont' er nicht entdekken, was
der ſuͤße Traum ihm vorgeſpiegelt hatte. Auch

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[191/0197] ſein muß, zu wiſſen, daß Gott es ſei, der dem Sturmwinde gebietet, und daß dieſer Gott ein weiſer, und guͤtiger Vater aller ſeiner Geſchoͤpfe ſei? Freitag ging in ſich; er bereuete ſeinen Un- verſtand, und ergab ſich in den Willen der Vor- ſehung. Robinſons Blikke irreten unterdeß auf der weiten Flaͤche des Ozeans herum, ob er nicht vielleicht irgend wo ein Schif wahrneh- men moͤgte? Aber umſonſt! Es war nirgends eins zu ſehen. Er ſahe alſo, daß er ſich geirret haben muͤſſe, und daß der gehoͤrte wiederholte Knal, dem er fuͤr Kanonenſchuͤſſe gehalten hatte, nichts anders, als der Donner, koͤnne geweſen ſein. Traurig uͤber die Vereitelung einer ſo lieben Hofnung, ging er wieder zu Hauſe. Aber zu Hauſe hatt' er nicht Ruhe, nicht Raſt, weil ihm immer ein Schif vor den Au- gen ſtand, das bei ſeiner Inſel vor Anker lag. Er kletterte alſo wieder auf den Berg, von wan- nen er die weſtliche Kuͤſte uͤberſehen konte: aber auch von da aus kont' er nicht entdekken, was der ſuͤße Traum ihm vorgeſpiegelt hatte. Auch damit

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/197>, abgerufen am 22.11.2024.