Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

daß man hineinkriechen, nicht hineingehen
konte.

Robinson, der nicht gern etwas ununter-
sucht ließ, was seine Aufmerksamkeit einmahl
an sich gezogen hatte, befahl seinem Begleiter,
einen Versuch zu machen, ob er wohl hinein-
kriechen könne? und Freitag gehorchte. Aber
kaum hatt' er den Kopf hineingestekt, als er mit
einem entsezlichen Angstgeschrei wieder zurük-
sprang, und ohne sich an Robinsons Zuruf zu
kehren, wie ein Unsinniger, davon lief. Endlich
hohlte ihn Robinson wieder ein und erkun-
digte sich mit einiger Befremdung nach der Ursa-
che seiner Flucht. "Ach! ach! antwortete Frei-
tag,
der kaum reden konte, laß uns laufen, lie-
ber Herr, so sehr wir können; da ist ein entsez-
liches Ding in dem Loche mit großen glühenden
Augen, und mit einem Rachen, daß es uns bei-
de auf einmahl lebendig verschlingen könte!"

"Nun, das müste ja freilich ein recht gros-
ser Rachen sein, antwortete Robinson; aber
das Ding muß ich doch auch sehen."

"Ach!
U 5

daß man hineinkriechen, nicht hineingehen
konte.

Robinſon, der nicht gern etwas ununter-
ſucht ließ, was ſeine Aufmerkſamkeit einmahl
an ſich gezogen hatte, befahl ſeinem Begleiter,
einen Verſuch zu machen, ob er wohl hinein-
kriechen koͤnne? und Freitag gehorchte. Aber
kaum hatt' er den Kopf hineingeſtekt, als er mit
einem entſezlichen Angſtgeſchrei wieder zuruͤk-
ſprang, und ohne ſich an Robinſons Zuruf zu
kehren, wie ein Unſinniger, davon lief. Endlich
hohlte ihn Robinſon wieder ein und erkun-
digte ſich mit einiger Befremdung nach der Urſa-
che ſeiner Flucht. „Ach! ach! antwortete Frei-
tag,
der kaum reden konte, laß uns laufen, lie-
ber Herr, ſo ſehr wir koͤnnen; da iſt ein entſez-
liches Ding in dem Loche mit großen gluͤhenden
Augen, und mit einem Rachen, daß es uns bei-
de auf einmahl lebendig verſchlingen koͤnte!„

„Nun, das muͤſte ja freilich ein recht groſ-
ſer Rachen ſein, antwortete Robinſon; aber
das Ding muß ich doch auch ſehen.„

„Ach!
U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0319" n="313"/>
daß man hineinkriechen, nicht hineingehen<lb/>
konte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on,</hi> der nicht gern etwas ununter-<lb/>
&#x017F;ucht ließ, was &#x017F;eine Aufmerk&#x017F;amkeit einmahl<lb/>
an &#x017F;ich gezogen hatte, befahl &#x017F;einem Begleiter,<lb/>
einen Ver&#x017F;uch zu machen, ob er wohl hinein-<lb/>
kriechen ko&#x0364;nne? und <hi rendition="#fr">Freitag</hi> gehorchte. Aber<lb/>
kaum hatt' er den Kopf hineinge&#x017F;tekt, als er mit<lb/>
einem ent&#x017F;ezlichen Ang&#x017F;tge&#x017F;chrei wieder zuru&#x0364;k-<lb/>
&#x017F;prang, und ohne &#x017F;ich an <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;ons</hi> Zuruf zu<lb/>
kehren, wie ein Un&#x017F;inniger, davon lief. Endlich<lb/>
hohlte ihn <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on</hi> wieder ein und erkun-<lb/>
digte &#x017F;ich mit einiger Befremdung nach der Ur&#x017F;a-<lb/>
che &#x017F;einer Flucht. &#x201E;Ach! ach! antwortete <hi rendition="#fr">Frei-<lb/>
tag,</hi> der kaum reden konte, laß uns laufen, lie-<lb/>
ber Herr, &#x017F;o &#x017F;ehr wir ko&#x0364;nnen; da i&#x017F;t ein ent&#x017F;ez-<lb/>
liches Ding in dem Loche mit großen glu&#x0364;henden<lb/>
Augen, und mit einem Rachen, daß es uns bei-<lb/>
de auf einmahl lebendig ver&#x017F;chlingen ko&#x0364;nte!&#x201E;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nun, das mu&#x0364;&#x017F;te ja freilich ein recht gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Rachen &#x017F;ein, antwortete <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on;</hi> aber<lb/>
das Ding muß ich doch auch &#x017F;ehen.&#x201E;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Ach!</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0319] daß man hineinkriechen, nicht hineingehen konte. Robinſon, der nicht gern etwas ununter- ſucht ließ, was ſeine Aufmerkſamkeit einmahl an ſich gezogen hatte, befahl ſeinem Begleiter, einen Verſuch zu machen, ob er wohl hinein- kriechen koͤnne? und Freitag gehorchte. Aber kaum hatt' er den Kopf hineingeſtekt, als er mit einem entſezlichen Angſtgeſchrei wieder zuruͤk- ſprang, und ohne ſich an Robinſons Zuruf zu kehren, wie ein Unſinniger, davon lief. Endlich hohlte ihn Robinſon wieder ein und erkun- digte ſich mit einiger Befremdung nach der Urſa- che ſeiner Flucht. „Ach! ach! antwortete Frei- tag, der kaum reden konte, laß uns laufen, lie- ber Herr, ſo ſehr wir koͤnnen; da iſt ein entſez- liches Ding in dem Loche mit großen gluͤhenden Augen, und mit einem Rachen, daß es uns bei- de auf einmahl lebendig verſchlingen koͤnte!„ „Nun, das muͤſte ja freilich ein recht groſ- ſer Rachen ſein, antwortete Robinſon; aber das Ding muß ich doch auch ſehen.„ „Ach! U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/319
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/319>, abgerufen am 15.06.2024.