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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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waren kaum noch mit einigen alten Lumpen be-
dekt, und Hunger und Elend hatte das Gesicht
der Mutter und ihrer Kinder mit Todtenblässe
überzogen. Robinson ärndtete hier abermahls
die Wollust ein, deren jeder gute Mensch genies-
set, wenn die göttliche Vorsehung sich seiner, als
eines Werkzeuges, bedient, um dem Elende an-
derer Menschen ein Ende zu machen. Er über-
gab die Diamanten und sahe darauf die hinwel-
kende schon halb verhungerte Familie, wie eine
schon halb erstorbene Pflanze nach einem erquik-
kenden Sommerregen, in wenigen Tagen wieder
aufblühen, und einer Glükseeligkeit genießen,
auf die sie für dieses Leben schon längst Verzicht
gethan hatte.

Da hier grade ein Schif vor Anker lag, wel-
ches nach Hamburg bestimt war: so verließ er
seinen bisherigen Führer, um ihn nicht weiter zu
bemühen, und ging, von Freitag begleitet, an
Bord dieses Hamburgischen Schiffes; welches
bald darauf die Anker lichtete.

Auch diese Fahrt ging geschwind und glüklich
von statten. Schon hatten sie Heiligeland im

Ge-

waren kaum noch mit einigen alten Lumpen be-
dekt, und Hunger und Elend hatte das Geſicht
der Mutter und ihrer Kinder mit Todtenblaͤſſe
uͤberzogen. Robinſon aͤrndtete hier abermahls
die Wolluſt ein, deren jeder gute Menſch genieſ-
ſet, wenn die goͤttliche Vorſehung ſich ſeiner, als
eines Werkzeuges, bedient, um dem Elende an-
derer Menſchen ein Ende zu machen. Er uͤber-
gab die Diamanten und ſahe darauf die hinwel-
kende ſchon halb verhungerte Familie, wie eine
ſchon halb erſtorbene Pflanze nach einem erquik-
kenden Sommerregen, in wenigen Tagen wieder
aufbluͤhen, und einer Gluͤkſeeligkeit genießen,
auf die ſie fuͤr dieſes Leben ſchon laͤngſt Verzicht
gethan hatte.

Da hier grade ein Schif vor Anker lag, wel-
ches nach Hamburg beſtimt war: ſo verließ er
ſeinen bisherigen Fuͤhrer, um ihn nicht weiter zu
bemuͤhen, und ging, von Freitag begleitet, an
Bord dieſes Hamburgiſchen Schiffes; welches
bald darauf die Anker lichtete.

Auch dieſe Fahrt ging geſchwind und gluͤklich
von ſtatten. Schon hatten ſie Heiligeland im

Ge-
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[358/0364] waren kaum noch mit einigen alten Lumpen be- dekt, und Hunger und Elend hatte das Geſicht der Mutter und ihrer Kinder mit Todtenblaͤſſe uͤberzogen. Robinſon aͤrndtete hier abermahls die Wolluſt ein, deren jeder gute Menſch genieſ- ſet, wenn die goͤttliche Vorſehung ſich ſeiner, als eines Werkzeuges, bedient, um dem Elende an- derer Menſchen ein Ende zu machen. Er uͤber- gab die Diamanten und ſahe darauf die hinwel- kende ſchon halb verhungerte Familie, wie eine ſchon halb erſtorbene Pflanze nach einem erquik- kenden Sommerregen, in wenigen Tagen wieder aufbluͤhen, und einer Gluͤkſeeligkeit genießen, auf die ſie fuͤr dieſes Leben ſchon laͤngſt Verzicht gethan hatte. Da hier grade ein Schif vor Anker lag, wel- ches nach Hamburg beſtimt war: ſo verließ er ſeinen bisherigen Fuͤhrer, um ihn nicht weiter zu bemuͤhen, und ging, von Freitag begleitet, an Bord dieſes Hamburgiſchen Schiffes; welches bald darauf die Anker lichtete. Auch dieſe Fahrt ging geſchwind und gluͤklich von ſtatten. Schon hatten ſie Heiligeland im Ge-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/364>, abgerufen am 21.11.2024.