Von da schikt' er einen Boten nach seines Vaters Hause, um denselben nach und nach auf seine Erscheinung vorbereiten zu lassen. Erst muste der Abgeschikte ihm melden: es wäre jemand da, der ihm angenehme Nachrichten von seinem Sohne bringen wolte; dan, daß sein Sohn die Rükreise selbst nach Hamburg angetreten hätte; und endlich, daß der Jemand, der ihm diese frohe Nachricht brächte, sein Sohn selbst wäre. Hätte Robinson diese Vorsicht nicht gebraucht: so würde die zu große Freude seinen alten Vater überwältiget und getödtet haben.
Und nun flog Robinson selbst durch die ihm noch sehr wohlbekanten Straßen nach seinem väterlichen Hause; und fiel, da er es erreicht hatte, vor nahmenlosen Entzükken ausser sich, seinem vor Freude zitternden Vater in die Arme. Mein Vater! -- mein Sohn! Dies war alles, was beide hervorbringen konten. Stum, zitternd und athemlos blieb einer an dem andern hängen, bis endlich ein wohlthätiger Strom von Tränen ihrem gepreßten Herzen einige Linderung verschafte.
Frei-
Von da ſchikt' er einen Boten nach ſeines Vaters Hauſe, um denſelben nach und nach auf ſeine Erſcheinung vorbereiten zu laſſen. Erſt muſte der Abgeſchikte ihm melden: es waͤre jemand da, der ihm angenehme Nachrichten von ſeinem Sohne bringen wolte; dan, daß ſein Sohn die Ruͤkreiſe ſelbſt nach Hamburg angetreten haͤtte; und endlich, daß der Jemand, der ihm dieſe frohe Nachricht braͤchte, ſein Sohn ſelbſt waͤre. Haͤtte Robinſon dieſe Vorſicht nicht gebraucht: ſo wuͤrde die zu große Freude ſeinen alten Vater uͤberwaͤltiget und getoͤdtet haben.
Und nun flog Robinſon ſelbſt durch die ihm noch ſehr wohlbekanten Straßen nach ſeinem vaͤterlichen Hauſe; und fiel, da er es erreicht hatte, vor nahmenloſen Entzuͤkken auſſer ſich, ſeinem vor Freude zitternden Vater in die Arme. Mein Vater! — mein Sohn! Dies war alles, was beide hervorbringen konten. Stum, zitternd und athemlos blieb einer an dem andern haͤngen, bis endlich ein wohlthaͤtiger Strom von Traͤnen ihrem gepreßten Herzen einige Linderung verſchafte.
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Von da ſchikt' er einen Boten nach ſeines
Vaters Hauſe, um denſelben nach und nach auf
ſeine Erſcheinung vorbereiten zu laſſen. Erſt muſte
der Abgeſchikte ihm melden: es waͤre jemand da,
der ihm angenehme Nachrichten von ſeinem Sohne
bringen wolte; dan, daß ſein Sohn die Ruͤkreiſe
ſelbſt nach Hamburg angetreten haͤtte; und
endlich, daß der Jemand, der ihm dieſe frohe
Nachricht braͤchte, ſein Sohn ſelbſt waͤre. Haͤtte
Robinſon dieſe Vorſicht nicht gebraucht: ſo
wuͤrde die zu große Freude ſeinen alten Vater
uͤberwaͤltiget und getoͤdtet haben.
Und nun flog Robinſon ſelbſt durch die ihm
noch ſehr wohlbekanten Straßen nach ſeinem
vaͤterlichen Hauſe; und fiel, da er es erreicht
hatte, vor nahmenloſen Entzuͤkken auſſer ſich,
ſeinem vor Freude zitternden Vater in die Arme.
Mein Vater! — mein Sohn! Dies war
alles, was beide hervorbringen konten. Stum,
zitternd und athemlos blieb einer an dem andern
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/368>, abgerufen am 21.11.2024.
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