Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Um dieses Unglük -- das größte, welches
einen Menschen hienieden treffen kan, weil es
ihn zu jeder Art von wahrer Glükseeligkeit durch-
aus unfähig macht! -- zu vermeiden, laß meinen
Rath mit glühenden Buchstaben deinem Gedächt-
nisse eingeschrieben sein: Beglükke die Lieben,
welche Gott mit dir verbinden wird, so sehr du
immer kanst; erwirb dir dadurch einen Schaz von
häuslicher Glükseeligkeit, zu dem du jedesmahl
deine Zuflucht nehmen könnest, so oft du einer
Ermunterung bedarfst; diesen Schaz dir zu er-
halten und zu vergrößern, laß allewege deine an-
gelegentlichste Sorge sein; geneuß daneben in
vollen Zügen, so oft du immer kanst, der un-
schuldigen, wohlthätigen Freuden der Natur,
die sie so mütterlich darbietet allen ihren Kin-
dern, welche davon genießen wollen; übe deine
Sele täglich, das Schöne, das Große, das Un-
aussprechliche, welches ihr Anblik gewährt, im-
mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß
in dieser Absicht keine der unzähligen schönen
Verwandlungen dieser immer regen, immer
schöpferischen Natur, welche täglich neu in ihren

Dekora-

Um dieſes Ungluͤk — das groͤßte, welches
einen Menſchen hienieden treffen kan, weil es
ihn zu jeder Art von wahrer Gluͤkſeeligkeit durch-
aus unfaͤhig macht! — zu vermeiden, laß meinen
Rath mit gluͤhenden Buchſtaben deinem Gedaͤcht-
niſſe eingeſchrieben ſein: Begluͤkke die Lieben,
welche Gott mit dir verbinden wird, ſo ſehr du
immer kanſt; erwirb dir dadurch einen Schaz von
haͤuslicher Gluͤkſeeligkeit, zu dem du jedesmahl
deine Zuflucht nehmen koͤnneſt, ſo oft du einer
Ermunterung bedarfſt; dieſen Schaz dir zu er-
halten und zu vergroͤßern, laß allewege deine an-
gelegentlichſte Sorge ſein; geneuß daneben in
vollen Zuͤgen, ſo oft du immer kanſt, der un-
ſchuldigen, wohlthaͤtigen Freuden der Natur,
die ſie ſo muͤtterlich darbietet allen ihren Kin-
dern, welche davon genießen wollen; uͤbe deine
Sele taͤglich, das Schoͤne, das Große, das Un-
ausſprechliche, welches ihr Anblik gewaͤhrt, im-
mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß
in dieſer Abſicht keine der unzaͤhligen ſchoͤnen
Verwandlungen dieſer immer regen, immer
ſchoͤpferiſchen Natur, welche taͤglich neu in ihren

Dekora-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0102" n="72"/>
        <p>Um die&#x017F;es Unglu&#x0364;k &#x2014; das gro&#x0364;ßte, welches<lb/>
einen Men&#x017F;chen hienieden treffen kan, weil es<lb/>
ihn zu jeder Art von wahrer Glu&#x0364;k&#x017F;eeligkeit durch-<lb/>
aus unfa&#x0364;hig macht! &#x2014; zu vermeiden, laß meinen<lb/>
Rath mit glu&#x0364;henden Buch&#x017F;taben deinem Geda&#x0364;cht-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e einge&#x017F;chrieben &#x017F;ein: Beglu&#x0364;kke die Lieben,<lb/>
welche Gott mit dir verbinden wird, &#x017F;o &#x017F;ehr du<lb/>
immer kan&#x017F;t; erwirb dir dadurch einen Schaz von<lb/>
ha&#x0364;uslicher Glu&#x0364;k&#x017F;eeligkeit, zu dem du jedesmahl<lb/>
deine Zuflucht nehmen ko&#x0364;nne&#x017F;t, &#x017F;o oft du einer<lb/>
Ermunterung bedarf&#x017F;t; die&#x017F;en Schaz dir zu er-<lb/>
halten und zu vergro&#x0364;ßern, laß allewege deine an-<lb/>
gelegentlich&#x017F;te Sorge &#x017F;ein; geneuß daneben in<lb/>
vollen Zu&#x0364;gen, &#x017F;o oft du immer kan&#x017F;t, der un-<lb/>
&#x017F;chuldigen, wohltha&#x0364;tigen Freuden der Natur,<lb/>
die &#x017F;ie &#x017F;o mu&#x0364;tterlich darbietet allen ihren Kin-<lb/>
dern, welche davon genießen wollen; u&#x0364;be deine<lb/>
Sele ta&#x0364;glich, das Scho&#x0364;ne, das Große, das Un-<lb/>
aus&#x017F;prechliche, welches ihr Anblik gewa&#x0364;hrt, im-<lb/>
mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß<lb/>
in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht keine der unza&#x0364;hligen &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Verwandlungen die&#x017F;er immer regen, immer<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pferi&#x017F;chen Natur, welche ta&#x0364;glich neu in ihren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Dekora-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0102] Um dieſes Ungluͤk — das groͤßte, welches einen Menſchen hienieden treffen kan, weil es ihn zu jeder Art von wahrer Gluͤkſeeligkeit durch- aus unfaͤhig macht! — zu vermeiden, laß meinen Rath mit gluͤhenden Buchſtaben deinem Gedaͤcht- niſſe eingeſchrieben ſein: Begluͤkke die Lieben, welche Gott mit dir verbinden wird, ſo ſehr du immer kanſt; erwirb dir dadurch einen Schaz von haͤuslicher Gluͤkſeeligkeit, zu dem du jedesmahl deine Zuflucht nehmen koͤnneſt, ſo oft du einer Ermunterung bedarfſt; dieſen Schaz dir zu er- halten und zu vergroͤßern, laß allewege deine an- gelegentlichſte Sorge ſein; geneuß daneben in vollen Zuͤgen, ſo oft du immer kanſt, der un- ſchuldigen, wohlthaͤtigen Freuden der Natur, die ſie ſo muͤtterlich darbietet allen ihren Kin- dern, welche davon genießen wollen; uͤbe deine Sele taͤglich, das Schoͤne, das Große, das Un- ausſprechliche, welches ihr Anblik gewaͤhrt, im- mer lebendiger und inniger zu empfinden; laß in dieſer Abſicht keine der unzaͤhligen ſchoͤnen Verwandlungen dieſer immer regen, immer ſchoͤpferiſchen Natur, welche taͤglich neu in ihren Dekora-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/102
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/102>, abgerufen am 17.05.2024.