Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Ordnung und Simplizität! -- O daß
diese beiden -- wie sol ich sie nennen? Tugen-
den? Nicht genug; -- diese beiden Mütter
und Pflegerinnen so vieler Tugenden, diese beiden
Beschüzerinnen vor so vielen Lastern und vor so
vielen Unannehmlichkeiten des Lebens -- o daß
sie doch, gleich einem ehrenvollen Familienwappen,
geprägt wären auf alles, was dein ist, auf deine
Handlungen, wie auf deine Denkungsart, auf dein
Hauswesen, wie auf deine Sitten! Wie sehr da-
durch die Gesundheit unsers Leibes und unsers
Geistes befördert, unsere Wirksamkeit vergrößert
und erleichtert, unsere häusliche Glükseeligkeit be-
festiget und unsere ganze Lebensbahn grade und
eben gemacht wird, das kan ich dir nicht beschrei-
ben, mein Sohn! Das magst du vorjezt aus
dem Beispiele deiner Eltern, und künftig, will's
Gott! aus deiner eigenen angenehmen Erfahrung
lernen!

Damit aber dieser Geist der Ordnung und der
Einfalt in unserer ganzen Denkungsart und in un-
sern Handlungen herschend werde, müssen wir,
auch in Kleinigkeiten, auch in ganz gleichgültigen

Dingen,
F 3

Ordnung und Simplizitaͤt! — O daß
dieſe beiden — wie ſol ich ſie nennen? Tugen-
den? Nicht genug; — dieſe beiden Muͤtter
und Pflegerinnen ſo vieler Tugenden, dieſe beiden
Beſchuͤzerinnen vor ſo vielen Laſtern und vor ſo
vielen Unannehmlichkeiten des Lebens — o daß
ſie doch, gleich einem ehrenvollen Familienwappen,
gepraͤgt waͤren auf alles, was dein iſt, auf deine
Handlungen, wie auf deine Denkungsart, auf dein
Hausweſen, wie auf deine Sitten! Wie ſehr da-
durch die Geſundheit unſers Leibes und unſers
Geiſtes befoͤrdert, unſere Wirkſamkeit vergroͤßert
und erleichtert, unſere haͤusliche Gluͤkſeeligkeit be-
feſtiget und unſere ganze Lebensbahn grade und
eben gemacht wird, das kan ich dir nicht beſchrei-
ben, mein Sohn! Das magſt du vorjezt aus
dem Beiſpiele deiner Eltern, und kuͤnftig, will’s
Gott! aus deiner eigenen angenehmen Erfahrung
lernen!

Damit aber dieſer Geiſt der Ordnung und der
Einfalt in unſerer ganzen Denkungsart und in un-
ſern Handlungen herſchend werde, muͤſſen wir,
auch in Kleinigkeiten, auch in ganz gleichguͤltigen

Dingen,
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0115" n="85"/>
        <p><hi rendition="#fr">Ordnung und Simplizita&#x0364;t</hi>! &#x2014; O daß<lb/>
die&#x017F;e beiden &#x2014; wie &#x017F;ol ich &#x017F;ie nennen? Tugen-<lb/>
den? Nicht genug; &#x2014; die&#x017F;e beiden Mu&#x0364;tter<lb/>
und Pflegerinnen &#x017F;o vieler Tugenden, die&#x017F;e beiden<lb/>
Be&#x017F;chu&#x0364;zerinnen vor &#x017F;o vielen La&#x017F;tern und vor &#x017F;o<lb/>
vielen Unannehmlichkeiten des Lebens &#x2014; o daß<lb/>
&#x017F;ie doch, gleich einem ehrenvollen Familienwappen,<lb/>
gepra&#x0364;gt wa&#x0364;ren auf alles, was dein i&#x017F;t, auf deine<lb/>
Handlungen, wie auf deine Denkungsart, auf dein<lb/>
Hauswe&#x017F;en, wie auf deine Sitten! Wie &#x017F;ehr da-<lb/>
durch die Ge&#x017F;undheit un&#x017F;ers Leibes und un&#x017F;ers<lb/>
Gei&#x017F;tes befo&#x0364;rdert, un&#x017F;ere Wirk&#x017F;amkeit vergro&#x0364;ßert<lb/>
und erleichtert, un&#x017F;ere ha&#x0364;usliche Glu&#x0364;k&#x017F;eeligkeit be-<lb/>
fe&#x017F;tiget und un&#x017F;ere ganze Lebensbahn grade und<lb/>
eben gemacht wird, das kan ich dir nicht be&#x017F;chrei-<lb/>
ben, mein Sohn! Das mag&#x017F;t du vorjezt aus<lb/>
dem Bei&#x017F;piele deiner Eltern, und ku&#x0364;nftig, will&#x2019;s<lb/>
Gott! aus deiner eigenen angenehmen Erfahrung<lb/>
lernen!</p><lb/>
        <p>Damit aber die&#x017F;er Gei&#x017F;t der Ordnung und der<lb/>
Einfalt in un&#x017F;erer ganzen Denkungsart und in un-<lb/>
&#x017F;ern Handlungen her&#x017F;chend werde, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir,<lb/>
auch in Kleinigkeiten, auch in ganz gleichgu&#x0364;ltigen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Dingen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0115] Ordnung und Simplizitaͤt! — O daß dieſe beiden — wie ſol ich ſie nennen? Tugen- den? Nicht genug; — dieſe beiden Muͤtter und Pflegerinnen ſo vieler Tugenden, dieſe beiden Beſchuͤzerinnen vor ſo vielen Laſtern und vor ſo vielen Unannehmlichkeiten des Lebens — o daß ſie doch, gleich einem ehrenvollen Familienwappen, gepraͤgt waͤren auf alles, was dein iſt, auf deine Handlungen, wie auf deine Denkungsart, auf dein Hausweſen, wie auf deine Sitten! Wie ſehr da- durch die Geſundheit unſers Leibes und unſers Geiſtes befoͤrdert, unſere Wirkſamkeit vergroͤßert und erleichtert, unſere haͤusliche Gluͤkſeeligkeit be- feſtiget und unſere ganze Lebensbahn grade und eben gemacht wird, das kan ich dir nicht beſchrei- ben, mein Sohn! Das magſt du vorjezt aus dem Beiſpiele deiner Eltern, und kuͤnftig, will’s Gott! aus deiner eigenen angenehmen Erfahrung lernen! Damit aber dieſer Geiſt der Ordnung und der Einfalt in unſerer ganzen Denkungsart und in un- ſern Handlungen herſchend werde, muͤſſen wir, auch in Kleinigkeiten, auch in ganz gleichguͤltigen Dingen, F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/115
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/115>, abgerufen am 18.05.2024.