Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.von unsern heutigen Antoninen sich ein einziger Sind Verwöhnung, Noth und Bedürfniß mans,
von unſern heutigen Antoninen ſich ein einziger Sind Verwoͤhnung, Noth und Beduͤrfniß mans,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="98"/> von unſern heutigen <hi rendition="#fr">Antoninen</hi> ſich ein einziger<lb/> dieſes Verdienſt um die Menſchheit erwerben wer-<lb/> de? Hoffe, mein Sohn, ſo viel du kanſt, und<lb/> vernim jezt die zweite Folge unſerer Beobachtung,<lb/> welche fuͤr den Beurtheiler der Menſchen gehoͤrt:</p><lb/> <p>Sind Verwoͤhnung, Noth und Beduͤrfniß<lb/> wirklich die gewoͤhnlichſten Triebfedern menſchlicher<lb/> Handlungen; und iſt es wirklich eine ſo ſeltne Er-<lb/> ſcheinung, daß jemand aus freier Wahl und nach<lb/> eigenen Grundſaͤzen handle: o ſo laßt uns doch<lb/> nicht auf Rechnung der ſchuldloſen menſchlichen Na-<lb/> tur ſezen, was die dermalige Lage der Menſch-<lb/> heit bei der gegenwaͤrtigen Weltverfaſſung allein<lb/> verſchuldet! Wenn der Bach, der vorher ſtil und<lb/> klar zwiſchen bebluͤmten Ufern in ſeinem reinen<lb/> Standbette dahinfloß, durch Abdaͤmmung <choice><sic>gezwun-<lb/></sic><corr>gezwun-<lb/> gen </corr></choice>wird, ſich in eine weite, leimigte, allen Winden<lb/> offenſtehende Flaͤche zu ergießen, um etwa hier<lb/> einen See zu Luſtfahrten fuͤr den Herrn der Ge-<lb/> gend zu bilden, dort die feſte Burg eines Tiran-<lb/> nen unzugaͤnglich zu machen: iſt es ſeine Schuld,<lb/> wenn er hier einen Garten, die Freude ſeines Be-<lb/> ſizers, dort ein Saatfeld, die Hofnung des Land-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mans,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0128]
von unſern heutigen Antoninen ſich ein einziger
dieſes Verdienſt um die Menſchheit erwerben wer-
de? Hoffe, mein Sohn, ſo viel du kanſt, und
vernim jezt die zweite Folge unſerer Beobachtung,
welche fuͤr den Beurtheiler der Menſchen gehoͤrt:
Sind Verwoͤhnung, Noth und Beduͤrfniß
wirklich die gewoͤhnlichſten Triebfedern menſchlicher
Handlungen; und iſt es wirklich eine ſo ſeltne Er-
ſcheinung, daß jemand aus freier Wahl und nach
eigenen Grundſaͤzen handle: o ſo laßt uns doch
nicht auf Rechnung der ſchuldloſen menſchlichen Na-
tur ſezen, was die dermalige Lage der Menſch-
heit bei der gegenwaͤrtigen Weltverfaſſung allein
verſchuldet! Wenn der Bach, der vorher ſtil und
klar zwiſchen bebluͤmten Ufern in ſeinem reinen
Standbette dahinfloß, durch Abdaͤmmung gezwun-
gen wird, ſich in eine weite, leimigte, allen Winden
offenſtehende Flaͤche zu ergießen, um etwa hier
einen See zu Luſtfahrten fuͤr den Herrn der Ge-
gend zu bilden, dort die feſte Burg eines Tiran-
nen unzugaͤnglich zu machen: iſt es ſeine Schuld,
wenn er hier einen Garten, die Freude ſeines Be-
ſizers, dort ein Saatfeld, die Hofnung des Land-
mans,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |