haften am Boden auf dem Flek, auf welchem Gott mir stil zu stehn gebot, und euch nach- zusehn, so weit mein Auge reichen wird, auf den Wegen, auf denen Gott euch, ohne mich, nun weiter führen wird.
Ihr sahet, meine guten Kinder, wie lange ich kämpfte, wie oft ich mich ermante, und die sinkende Hand von neuem erhob, um euch weiter zu leiten auf dem schmalen ungebahnten Pfade zu jeder schönen Tugend und zur Glük- seeligkeit: aber ihr sahet auch, und der Al- sehende sah es zugleich, daß ich unter der Anstrengung erlag, und daß ich mich ent- schließen mußte, entweder euch in eurem Laufe aufzuhalten, oder allein zurükzubleiben. Ich wählte das Leztere, ohngeachtet ich wohl wußte, daß der unvernünftigere Theil der Vorübergehenden meine Bewegungsgründe zu dieser Wahl nicht fassen würde, nicht fassen könte, weil zur Beurtheilung und Billi- gung eines gewissenhaften Verfahrens erfodert
wird,
haften am Boden auf dem Flek, auf welchem Gott mir ſtil zu ſtehn gebot, und euch nach- zuſehn, ſo weit mein Auge reichen wird, auf den Wegen, auf denen Gott euch, ohne mich, nun weiter fuͤhren wird.
Ihr ſahet, meine guten Kinder, wie lange ich kaͤmpfte, wie oft ich mich ermante, und die ſinkende Hand von neuem erhob, um euch weiter zu leiten auf dem ſchmalen ungebahnten Pfade zu jeder ſchoͤnen Tugend und zur Gluͤk- ſeeligkeit: aber ihr ſahet auch, und der Al- ſehende ſah es zugleich, daß ich unter der Anſtrengung erlag, und daß ich mich ent- ſchließen mußte, entweder euch in eurem Laufe aufzuhalten, oder allein zuruͤkzubleiben. Ich waͤhlte das Leztere, ohngeachtet ich wohl wußte, daß der unvernuͤnftigere Theil der Voruͤbergehenden meine Bewegungsgruͤnde zu dieſer Wahl nicht faſſen wuͤrde, nicht faſſen koͤnte, weil zur Beurtheilung und Billi- gung eines gewiſſenhaften Verfahrens erfodert
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[0014]
haften am Boden auf dem Flek, auf welchem
Gott mir ſtil zu ſtehn gebot, und euch nach-
zuſehn, ſo weit mein Auge reichen wird, auf
den Wegen, auf denen Gott euch, ohne mich,
nun weiter fuͤhren wird.
Ihr ſahet, meine guten Kinder, wie lange
ich kaͤmpfte, wie oft ich mich ermante, und
die ſinkende Hand von neuem erhob, um euch
weiter zu leiten auf dem ſchmalen ungebahnten
Pfade zu jeder ſchoͤnen Tugend und zur Gluͤk-
ſeeligkeit: aber ihr ſahet auch, und der Al-
ſehende ſah es zugleich, daß ich unter der
Anſtrengung erlag, und daß ich mich ent-
ſchließen mußte, entweder euch in eurem
Laufe aufzuhalten, oder allein zuruͤkzubleiben.
Ich waͤhlte das Leztere, ohngeachtet ich wohl
wußte, daß der unvernuͤnftigere Theil der
Voruͤbergehenden meine Bewegungsgruͤnde
zu dieſer Wahl nicht faſſen wuͤrde, nicht
faſſen koͤnte, weil zur Beurtheilung und Billi-
gung eines gewiſſenhaften Verfahrens erfodert
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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