die andern nicht anders, als nachtheilig für die Vervolkomnung des ganzen Menschen sein. Dis ist nun der Fal bei denen, welche man Enthu- siasten und Schwärmer nent, und deren Haupt- karakter in einem schädlichen Uebergewichte der Einbildungskraft, der Fantasie und des Em- pfindungsvermögens über Vernunft und Beur- theilungskraft besteht. Aber höre nun auch, wie dieses Uebergewicht sich zu äussern pflegt.
Der Schwärmer sieht an allen Gegenständen seiner Vorstellungen gemeiniglich nur eine Seite, und zwar diejenige, welche ihm grade zugewandt, ihm grade die nächste ist. Auf diese heftet sich sein ganzer Selenblik; für alle andere Seiten eben desselben Gegenstandes hat er von Stund an weder Auge noch Ohr. Diese Einengung seiner Vorstellungen auf einen einzigen Flek ist der Funke, der auf den Zunder seiner Einbildungskraft fält. Augenbliklich steht dieselbe in hellen Flammen, welche ein magisches Licht über den ganzen Ge- genstand verbreiten. Und nun ist er ein Seher, ein Fantast, ein aus allen natürlichen und wirk- lichen Verhältnissen Entrükter, der Dinge hört
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die andern nicht anders, als nachtheilig fuͤr die Vervolkomnung des ganzen Menſchen ſein. Dis iſt nun der Fal bei denen, welche man Enthu- ſiaſten und Schwaͤrmer nent, und deren Haupt- karakter in einem ſchaͤdlichen Uebergewichte der Einbildungskraft, der Fantaſie und des Em- pfindungsvermoͤgens uͤber Vernunft und Beur- theilungskraft beſteht. Aber hoͤre nun auch, wie dieſes Uebergewicht ſich zu aͤuſſern pflegt.
Der Schwaͤrmer ſieht an allen Gegenſtaͤnden ſeiner Vorſtellungen gemeiniglich nur eine Seite, und zwar diejenige, welche ihm grade zugewandt, ihm grade die naͤchſte iſt. Auf dieſe heftet ſich ſein ganzer Selenblik; fuͤr alle andere Seiten eben deſſelben Gegenſtandes hat er von Stund an weder Auge noch Ohr. Dieſe Einengung ſeiner Vorſtellungen auf einen einzigen Flek iſt der Funke, der auf den Zunder ſeiner Einbildungskraft faͤlt. Augenbliklich ſteht dieſelbe in hellen Flammen, welche ein magiſches Licht uͤber den ganzen Ge- genſtand verbreiten. Und nun iſt er ein Seher, ein Fantaſt, ein aus allen natuͤrlichen und wirk- lichen Verhaͤltniſſen Entruͤkter, der Dinge hoͤrt
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[193/0223]
die andern nicht anders, als nachtheilig fuͤr die
Vervolkomnung des ganzen Menſchen ſein. Dis
iſt nun der Fal bei denen, welche man Enthu-
ſiaſten und Schwaͤrmer nent, und deren Haupt-
karakter in einem ſchaͤdlichen Uebergewichte der
Einbildungskraft, der Fantaſie und des Em-
pfindungsvermoͤgens uͤber Vernunft und Beur-
theilungskraft beſteht. Aber hoͤre nun auch,
wie dieſes Uebergewicht ſich zu aͤuſſern pflegt.
Der Schwaͤrmer ſieht an allen Gegenſtaͤnden
ſeiner Vorſtellungen gemeiniglich nur eine Seite,
und zwar diejenige, welche ihm grade zugewandt,
ihm grade die naͤchſte iſt. Auf dieſe heftet ſich
ſein ganzer Selenblik; fuͤr alle andere Seiten eben
deſſelben Gegenſtandes hat er von Stund an
weder Auge noch Ohr. Dieſe Einengung ſeiner
Vorſtellungen auf einen einzigen Flek iſt der Funke,
der auf den Zunder ſeiner Einbildungskraft faͤlt.
Augenbliklich ſteht dieſelbe in hellen Flammen,
welche ein magiſches Licht uͤber den ganzen Ge-
genſtand verbreiten. Und nun iſt er ein Seher,
ein Fantaſt, ein aus allen natuͤrlichen und wirk-
lichen Verhaͤltniſſen Entruͤkter, der Dinge hoͤrt
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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/223>, abgerufen am 16.05.2024.
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