gend, daß du den Tadel der bessern Men- schen für gar nichts achtest. Belehre viel- mehr, wenn's immer möglich ist, wenig- stens einige derselben, über die wahren Ursachen, welche dich bewogen haben, so und nicht anders zu handeln, und söhne dadurch ihren Verstand und ihr Herz mit den deinigen wieder aus.
Die dritte: solt' es sich aber gleichwohl ereignen, daß Vernunft und Gewissen et- was von dir verlangten, wovon du vor- aussähest, daß das Urtheil der ganzen Welt sich dagegen empören, und daß es dir unmöglich sein würde, auch nur einen einzigen von der Rechtmäßigkeit deines Verfahrens zu überzeugen: so verschmähe großmüthig und standhaft das Urtheil der ganzen Welt, und thue herzhaft was Ver- nunft und Gewissen von dir verlangen. Denn keines Menschen gute Meinung von dir muß dir theurer sein, als das Bewustsein, vor Gott und deinem Gewissen recht gethan zu haben; und solte deine ganze irdische Glükseeligkeit darüber
in
gend, daß du den Tadel der beſſern Men- ſchen fuͤr gar nichts achteſt. Belehre viel- mehr, wenn’s immer moͤglich iſt, wenig- ſtens einige derſelben, uͤber die wahren Urſachen, welche dich bewogen haben, ſo und nicht anders zu handeln, und ſoͤhne dadurch ihren Verſtand und ihr Herz mit den deinigen wieder aus.
Die dritte: ſolt’ es ſich aber gleichwohl ereignen, daß Vernunft und Gewiſſen et- was von dir verlangten, wovon du vor- ausſaͤheſt, daß das Urtheil der ganzen Welt ſich dagegen empoͤren, und daß es dir unmoͤglich ſein wuͤrde, auch nur einen einzigen von der Rechtmaͤßigkeit deines Verfahrens zu uͤberzeugen: ſo verſchmaͤhe großmuͤthig und ſtandhaft das Urtheil der ganzen Welt, und thue herzhaft was Ver- nunft und Gewiſſen von dir verlangen. Denn keines Menſchen gute Meinung von dir muß dir theurer ſein, als das Bewuſtſein, vor Gott und deinem Gewiſſen recht gethan zu haben; und ſolte deine ganze irdiſche Gluͤkſeeligkeit daruͤber
in
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0264"n="234"/><hirendition="#fr">gend, daß du den Tadel der beſſern Men-<lb/>ſchen fuͤr gar nichts achteſt. Belehre viel-<lb/>
mehr, wenn’s immer moͤglich iſt, wenig-<lb/>ſtens einige derſelben, uͤber die wahren<lb/>
Urſachen, welche dich bewogen haben, ſo<lb/>
und nicht anders zu handeln, und ſoͤhne<lb/>
dadurch ihren Verſtand und ihr Herz mit<lb/>
den deinigen wieder aus.</hi></p><lb/><p>Die dritte: <hirendition="#fr">ſolt’ es ſich aber gleichwohl<lb/>
ereignen, daß Vernunft und Gewiſſen et-<lb/>
was von dir verlangten, wovon du vor-<lb/>
ausſaͤheſt, daß das Urtheil der ganzen<lb/>
Welt ſich dagegen empoͤren, und daß es<lb/>
dir unmoͤglich ſein wuͤrde, auch nur einen<lb/>
einzigen von der Rechtmaͤßigkeit deines<lb/>
Verfahrens zu uͤberzeugen: ſo verſchmaͤhe<lb/>
großmuͤthig und ſtandhaft das Urtheil der<lb/>
ganzen Welt, und thue herzhaft was Ver-<lb/>
nunft und Gewiſſen von dir verlangen.</hi><lb/>
Denn keines Menſchen gute Meinung von dir<lb/>
muß dir theurer ſein, als das Bewuſtſein, vor<lb/>
Gott und deinem Gewiſſen recht gethan zu haben;<lb/>
und ſolte deine ganze irdiſche Gluͤkſeeligkeit daruͤber<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[234/0264]
gend, daß du den Tadel der beſſern Men-
ſchen fuͤr gar nichts achteſt. Belehre viel-
mehr, wenn’s immer moͤglich iſt, wenig-
ſtens einige derſelben, uͤber die wahren
Urſachen, welche dich bewogen haben, ſo
und nicht anders zu handeln, und ſoͤhne
dadurch ihren Verſtand und ihr Herz mit
den deinigen wieder aus.
Die dritte: ſolt’ es ſich aber gleichwohl
ereignen, daß Vernunft und Gewiſſen et-
was von dir verlangten, wovon du vor-
ausſaͤheſt, daß das Urtheil der ganzen
Welt ſich dagegen empoͤren, und daß es
dir unmoͤglich ſein wuͤrde, auch nur einen
einzigen von der Rechtmaͤßigkeit deines
Verfahrens zu uͤberzeugen: ſo verſchmaͤhe
großmuͤthig und ſtandhaft das Urtheil der
ganzen Welt, und thue herzhaft was Ver-
nunft und Gewiſſen von dir verlangen.
Denn keines Menſchen gute Meinung von dir
muß dir theurer ſein, als das Bewuſtſein, vor
Gott und deinem Gewiſſen recht gethan zu haben;
und ſolte deine ganze irdiſche Gluͤkſeeligkeit daruͤber
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/264>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.