Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.dein jedesmaliges Betragen rechtmäßig und ge- Die zweite: in allen solchen Fällen aber, gend, P 5
dein jedesmaliges Betragen rechtmaͤßig und ge- Die zweite: in allen ſolchen Faͤllen aber, gend, P 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0263" n="233"/> dein jedesmaliges Betragen rechtmaͤßig und ge-<lb/> wiſſenhaft iſt. Ich ſage in den meiſten <hi rendition="#fr">Faͤllen;</hi><lb/> denn zuweilen geraͤth man freilich wohl in Lagen,<lb/> welche keine menſchliche Sele, auſſer der unſrigen,<lb/> ſo ganz nach allen ihren Seiten zu uͤberſehen ver-<lb/> mag, und welche eine Art zu handeln erfodern,<lb/> die von allen Menſchen, ſelbſt von den guten und<lb/> weiſen, getadelt werden muß, weil die geſamten<lb/> Gruͤnde unſers Verfahrens nur uns ſelbſt und<lb/> dem Alwiſſenden allein bekant ſind. Aber in<lb/> Faͤllen dieſer Art ſei unbekuͤmmert, mein Sohn!<lb/> Denn wenn nur unſer Gewiſſen rein geblieben<lb/> iſt: ſo duͤrfen wir verſichert ſein, daß die Recht-<lb/> maͤßigkeit unſers Betragens fruͤh oder ſpaͤt in<lb/> einem hellern Lichte erſcheinen, und die kleinen<lb/> Flekke, welche der unverdiente Tadel auf unſern<lb/> guten Nahmen ſpruͤzte, voͤllig wieder auswiſchen<lb/> werde.</p><lb/> <p>Die zweite: <hi rendition="#fr">in allen ſolchen Faͤllen aber,<lb/> in denen der aͤuſſerliche Anſchein wider dich<lb/> iſt, weil die wahren Bewegungsgruͤnde<lb/> deiner Handlungen nur Gott und dir be-<lb/> kant ſind, ſei nicht ſo ſtolz auf deine Tu-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">P 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">gend,</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [233/0263]
dein jedesmaliges Betragen rechtmaͤßig und ge-
wiſſenhaft iſt. Ich ſage in den meiſten Faͤllen;
denn zuweilen geraͤth man freilich wohl in Lagen,
welche keine menſchliche Sele, auſſer der unſrigen,
ſo ganz nach allen ihren Seiten zu uͤberſehen ver-
mag, und welche eine Art zu handeln erfodern,
die von allen Menſchen, ſelbſt von den guten und
weiſen, getadelt werden muß, weil die geſamten
Gruͤnde unſers Verfahrens nur uns ſelbſt und
dem Alwiſſenden allein bekant ſind. Aber in
Faͤllen dieſer Art ſei unbekuͤmmert, mein Sohn!
Denn wenn nur unſer Gewiſſen rein geblieben
iſt: ſo duͤrfen wir verſichert ſein, daß die Recht-
maͤßigkeit unſers Betragens fruͤh oder ſpaͤt in
einem hellern Lichte erſcheinen, und die kleinen
Flekke, welche der unverdiente Tadel auf unſern
guten Nahmen ſpruͤzte, voͤllig wieder auswiſchen
werde.
Die zweite: in allen ſolchen Faͤllen aber,
in denen der aͤuſſerliche Anſchein wider dich
iſt, weil die wahren Bewegungsgruͤnde
deiner Handlungen nur Gott und dir be-
kant ſind, ſei nicht ſo ſtolz auf deine Tu-
gend,
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