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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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man doch kühnlich behaupten, daß es das
Zeitalter des Goldes sei.



Suche daher durch Sparsamkeit und
Fleiß deine äusserlichen Umstände so blü-
hend, als möglich, zu machen.
Denn erst-
lich ist es leider! nur alzuwahr, daß man in der
meisten Menschen Augen nur grade so viel ist, als
man besizt. *) Nun kan es uns zwar in vielen,
aber doch bei weitem nicht in allen Fällen, gleich-
gültig sein, was die Narren von uns denken;
es ist vielmehr zuweilen gut, auch bei ihnen von
einigem Gewicht zu sein, und dieses Gewicht gibt
uns das Geld. Aber es ist auch gut, von keinen
Nahrungssorgen gequält zu werden! Es ist auch

gut,
*) Ich habe einen reichen Filz gekant, der, wenn
er einen Unbekanten nennen hörte, sogleich die
Frage aufzuwerfen pflegte: wie viel hat er?
und wenn die Antwort disseits hundert tausend
Thaler fiel, niemahls ermangelte hinzuzu-
sezen: der Kerl ist ein Hundsfot! Was
dieser Unhold sprach, das denken andere,
nur vielleicht nicht ganz so grob. Tanti mihi
es, quantum possides.
Q 4

man doch kuͤhnlich behaupten, daß es das
Zeitalter des Goldes ſei.



Suche daher durch Sparſamkeit und
Fleiß deine aͤuſſerlichen Umſtaͤnde ſo bluͤ-
hend, als moͤglich, zu machen.
Denn erſt-
lich iſt es leider! nur alzuwahr, daß man in der
meiſten Menſchen Augen nur grade ſo viel iſt, als
man beſizt. *) Nun kan es uns zwar in vielen,
aber doch bei weitem nicht in allen Faͤllen, gleich-
guͤltig ſein, was die Narren von uns denken;
es iſt vielmehr zuweilen gut, auch bei ihnen von
einigem Gewicht zu ſein, und dieſes Gewicht gibt
uns das Geld. Aber es iſt auch gut, von keinen
Nahrungsſorgen gequaͤlt zu werden! Es iſt auch

gut,
*) Ich habe einen reichen Filz gekant, der, wenn
er einen Unbekanten nennen hoͤrte, ſogleich die
Frage aufzuwerfen pflegte: wie viel hat er?
und wenn die Antwort diſſeits hundert tauſend
Thaler fiel, niemahls ermangelte hinzuzu-
ſezen: der Kerl iſt ein Hundsfot! Was
dieſer Unhold ſprach, das denken andere,
nur vielleicht nicht ganz ſo grob. Tanti mihi
es, quantum poſſides.
Q 4
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[247/0277] man doch kuͤhnlich behaupten, daß es das Zeitalter des Goldes ſei. Suche daher durch Sparſamkeit und Fleiß deine aͤuſſerlichen Umſtaͤnde ſo bluͤ- hend, als moͤglich, zu machen. Denn erſt- lich iſt es leider! nur alzuwahr, daß man in der meiſten Menſchen Augen nur grade ſo viel iſt, als man beſizt. *) Nun kan es uns zwar in vielen, aber doch bei weitem nicht in allen Faͤllen, gleich- guͤltig ſein, was die Narren von uns denken; es iſt vielmehr zuweilen gut, auch bei ihnen von einigem Gewicht zu ſein, und dieſes Gewicht gibt uns das Geld. Aber es iſt auch gut, von keinen Nahrungsſorgen gequaͤlt zu werden! Es iſt auch gut, *) Ich habe einen reichen Filz gekant, der, wenn er einen Unbekanten nennen hoͤrte, ſogleich die Frage aufzuwerfen pflegte: wie viel hat er? und wenn die Antwort diſſeits hundert tauſend Thaler fiel, niemahls ermangelte hinzuzu- ſezen: der Kerl iſt ein Hundsfot! Was dieſer Unhold ſprach, das denken andere, nur vielleicht nicht ganz ſo grob. Tanti mihi es, quantum poſſides. Q 4

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/277>, abgerufen am 22.11.2024.