Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.den gesitteten Ständen in allen Barbarismen, (Was ist wohl die beständige und richtige An- dafür, G 3
den geſitteten Staͤnden in allen Barbarismen, (Was iſt wohl die beſtaͤndige und richtige An- dafuͤr, G 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="101"/> den geſitteten Staͤnden in allen Barbarismen,<lb/> Soloͤzismen, und poͤbelhaften Ausdruͤkken eines<lb/> Stalknechts reden zu hoͤren. Vermeide aber auch<lb/> eine zu ſteife und geſuchte Genauigkeit, insbeſon-<lb/> dere das, was die Frauenzimmer hochtrabende<lb/> Worte nennen, ſo lange es gangbare eben ſo tref-<lb/> fende Ausdruͤkke gibt. Die Franzoſen machen die<lb/> Kunſt gut zu erzaͤhlen zu ihrem Studium; nur<lb/> verfallen ſie ſo leicht dahin, daß ſie zu viel erzaͤh-<lb/> len, und mit einer zu geſuchten Zierlichkeit. —<lb/> Aber nicht blos deine Worte, ſondern auch deine<lb/> Ausſprache und der Ton deiner Stimme muͤſſen<lb/> annehmlich ſein.</p><lb/> <p>(Was iſt wohl die beſtaͤndige und richtige An-<lb/> merkung uͤber alle Schauſpieler auf der Buͤhne?<lb/> Nicht wahr, dieſe, daß die, welche den meiſten<lb/> Verſtand haben, allezeit am beſten reden, wenn<lb/> ſie auch zufalsweiſe nicht eben die beſten Stimmen<lb/> haben ſolten? Sie werden deutlich, vernehmlich<lb/> und mit gehoͤrigem Nachdrukke reden, ihre Stim-<lb/> men moͤgen ſo ſchlecht ſein, als ſie wollen. Haͤtte<lb/><hi rendition="#fr">Roſcius</hi> haſtig und unannehmlich geſprochen,<lb/> und den Mund zu vol genommen: ſo bin ich gut<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><fw place="bottom" type="catch">dafuͤr,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0107]
den geſitteten Staͤnden in allen Barbarismen,
Soloͤzismen, und poͤbelhaften Ausdruͤkken eines
Stalknechts reden zu hoͤren. Vermeide aber auch
eine zu ſteife und geſuchte Genauigkeit, insbeſon-
dere das, was die Frauenzimmer hochtrabende
Worte nennen, ſo lange es gangbare eben ſo tref-
fende Ausdruͤkke gibt. Die Franzoſen machen die
Kunſt gut zu erzaͤhlen zu ihrem Studium; nur
verfallen ſie ſo leicht dahin, daß ſie zu viel erzaͤh-
len, und mit einer zu geſuchten Zierlichkeit. —
Aber nicht blos deine Worte, ſondern auch deine
Ausſprache und der Ton deiner Stimme muͤſſen
annehmlich ſein.
(Was iſt wohl die beſtaͤndige und richtige An-
merkung uͤber alle Schauſpieler auf der Buͤhne?
Nicht wahr, dieſe, daß die, welche den meiſten
Verſtand haben, allezeit am beſten reden, wenn
ſie auch zufalsweiſe nicht eben die beſten Stimmen
haben ſolten? Sie werden deutlich, vernehmlich
und mit gehoͤrigem Nachdrukke reden, ihre Stim-
men moͤgen ſo ſchlecht ſein, als ſie wollen. Haͤtte
Roſcius haſtig und unannehmlich geſprochen,
und den Mund zu vol genommen: ſo bin ich gut
dafuͤr,
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