Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.Verstand zu überreden, und das Herz einzuneh- Einen solchen Man zu bilden, ihn zugleich Gelehrsamkeit wird durch Lesung von Büchern werden
Verſtand zu uͤberreden, und das Herz einzuneh- Einen ſolchen Man zu bilden, ihn zugleich Gelehrſamkeit wird durch Leſung von Buͤchern werden
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Verſtand zu uͤberreden, und das Herz einzuneh-
men, anzuwenden weiß, der kan und wird zwar
Feinde, wird aber und muß auch Freunde haben;
man kan ſich zwar ihm widerſezen, er wird aber
auch unterſtuͤzt werden; ſeine Geiſtesgaben koͤnnen
bei einigen Eiferſucht erregen, ſein einnehmendes
Weſen aber wird ihn bei noch mehrern beliebt
machen; er wird betraͤchtlich ſein, und dafuͤr an-
geſehen werden.
Einen ſolchen Man zu bilden, ihn zugleich
ehrwuͤrdig und liebenswerth zu machen, muͤſſen
viele verſchiedne Eigenſchaften zuſammentreffen,
und die geringſte muß mit der groͤßten verbunden
werden; dieſe wuͤrde ohne jene nichts helfen, jene
wuͤrde ohne dieſe nichts werth ſein.
Gelehrſamkeit wird durch Leſung von Buͤchern
erworben; allein die viel nothwendigere Gelehr-
ſamkeit, die Kentniß der Welt, laͤßt ſich blos
erlangen, wenn man Menſchen liest, und alle
ihre verſchiednen Ausgaben ſtudiert. Insgemein
haͤlt man in jeder Sprache viele Woͤrter fuͤr gleich-
bedeutend; die aber die Sprache aufmerkſam un-
terſuchen, werden finden, daß ſie es nicht ſind; ſie
werden
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