Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.werden zwischen allen den Wörtern, die man ge- Welt haben ist, meiner Meinung nach, Ein H 4
werden zwiſchen allen den Woͤrtern, die man ge- Welt haben iſt, meiner Meinung nach, Ein H 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="119"/> werden zwiſchen allen den Woͤrtern, die man ge-<lb/> woͤhnlicher Weiſe gleichbedeutend neut, einen<lb/> kleinen Unterſchied entdekken. Das eine hat im-<lb/> mer mehr Nachdruk, Umfang, Feinheit, als das<lb/> andre. So iſt es auch mit den Menſchen. Ueber-<lb/> haupt ſind ſie alle einander gleich; aber nicht<lb/> zwei von ihnen ſind es voͤllig. Die ſie nicht ſorg-<lb/> faͤltig beobachtet haben, verkennen ſie beſtaͤndig,<lb/> bemerken nicht die Schattierung, den ſtufenweiſen<lb/> Abfal derjenigen Gemuͤthsarten, die ſich aͤhnlich<lb/> ſcheinen, ohne es zu ſein. Geſelſchaft, mannich-<lb/> faltige Geſelſchaft, iſt fuͤr dieſe Wiſſenſchaft die<lb/> einzige Schule.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#fr">Welt haben</hi> iſt, meiner Meinung nach,<lb/> ein ſehr richtiger, gluͤklicher Ausdruk davon, wenn<lb/> man Geſchiklichkeit und gutes Bezeigen hat, und<lb/> ſich in allen Geſelſchaften gehoͤrig aufzufuͤhren weiß.<lb/> Es faßt mit Wahrheit in ſich, daß ein Menſch,<lb/> der dieſe Volkommenheiten nicht beſizt, nicht zur<lb/> Welt gehoͤrt. Ohne ſie ſind die beſten Gaben<lb/> unwirkſam, Hoͤflichkeit iſt ungereimt, und Frei-<lb/> heit anſtoͤßig.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [119/0125]
werden zwiſchen allen den Woͤrtern, die man ge-
woͤhnlicher Weiſe gleichbedeutend neut, einen
kleinen Unterſchied entdekken. Das eine hat im-
mer mehr Nachdruk, Umfang, Feinheit, als das
andre. So iſt es auch mit den Menſchen. Ueber-
haupt ſind ſie alle einander gleich; aber nicht
zwei von ihnen ſind es voͤllig. Die ſie nicht ſorg-
faͤltig beobachtet haben, verkennen ſie beſtaͤndig,
bemerken nicht die Schattierung, den ſtufenweiſen
Abfal derjenigen Gemuͤthsarten, die ſich aͤhnlich
ſcheinen, ohne es zu ſein. Geſelſchaft, mannich-
faltige Geſelſchaft, iſt fuͤr dieſe Wiſſenſchaft die
einzige Schule.
Welt haben iſt, meiner Meinung nach,
ein ſehr richtiger, gluͤklicher Ausdruk davon, wenn
man Geſchiklichkeit und gutes Bezeigen hat, und
ſich in allen Geſelſchaften gehoͤrig aufzufuͤhren weiß.
Es faßt mit Wahrheit in ſich, daß ein Menſch,
der dieſe Volkommenheiten nicht beſizt, nicht zur
Welt gehoͤrt. Ohne ſie ſind die beſten Gaben
unwirkſam, Hoͤflichkeit iſt ungereimt, und Frei-
heit anſtoͤßig.
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