Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.guten Namens! Erhalte ihn unbeflekt, unbe- Ich kenne in der That nichts lasterhafters, Wenn
guten Namens! Erhalte ihn unbeflekt, unbe- Ich kenne in der That nichts laſterhafters, Wenn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0138" n="132"/> guten Namens! Erhalte ihn unbeflekt, unbe-<lb/> ſcholten, ſo wird er in keinen Verdacht gezogen<lb/> werden. Ueble Nachrede und Verlaͤumdung thun<lb/> keinen wirklich ſchaͤdlichen Angrif, wo es nicht<lb/> eine ſchwache Seite gibt. Sie vergroͤßern wohl,<lb/> erſchaffen aber nicht.</p><lb/> <p>Ich kenne in der That nichts laſterhafters,<lb/> niedertraͤchtigers und zugleich laͤcherlichers als das<lb/> Luͤgen. Es iſt entweder die Wirkung der Bos-<lb/> heit, oder Feigheit, oder Eitelkeit, und verfehlt<lb/> insgemein bei jeder dieſer Abſichten ſeinen Endzwek.<lb/> Denn Luͤgen werden allezeit, fruͤher oder ſpaͤter,<lb/> entdekt. Wenn ich eine boshafte Luͤge zum Scha-<lb/> den des Vermoͤgens oder guten Nahmens eines<lb/> Menſchen ſage: ſo kan ich ihm zwar eine Zeitlang<lb/> ſchaden; ich kan jedoch ſicher ſein, daß ich zulezt<lb/> am meiſten dabei leiden werde. Denn ſo bald<lb/> man mich entdekt, (das wird aber gewiß geſchehen)<lb/> verliere ich wegen des ſchaͤndlichen Verſuchs, den<lb/> guten Nahmen eines andern zu beflekken, meinen<lb/> eigenen, und was nur nachher zu deſſelben Men-<lb/> ſchen Nachtheile geſagt wird, gilt, ſo wahr es<lb/> auch ſein mag, fuͤr Verlaͤumdung.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [132/0138]
guten Namens! Erhalte ihn unbeflekt, unbe-
ſcholten, ſo wird er in keinen Verdacht gezogen
werden. Ueble Nachrede und Verlaͤumdung thun
keinen wirklich ſchaͤdlichen Angrif, wo es nicht
eine ſchwache Seite gibt. Sie vergroͤßern wohl,
erſchaffen aber nicht.
Ich kenne in der That nichts laſterhafters,
niedertraͤchtigers und zugleich laͤcherlichers als das
Luͤgen. Es iſt entweder die Wirkung der Bos-
heit, oder Feigheit, oder Eitelkeit, und verfehlt
insgemein bei jeder dieſer Abſichten ſeinen Endzwek.
Denn Luͤgen werden allezeit, fruͤher oder ſpaͤter,
entdekt. Wenn ich eine boshafte Luͤge zum Scha-
den des Vermoͤgens oder guten Nahmens eines
Menſchen ſage: ſo kan ich ihm zwar eine Zeitlang
ſchaden; ich kan jedoch ſicher ſein, daß ich zulezt
am meiſten dabei leiden werde. Denn ſo bald
man mich entdekt, (das wird aber gewiß geſchehen)
verliere ich wegen des ſchaͤndlichen Verſuchs, den
guten Nahmen eines andern zu beflekken, meinen
eigenen, und was nur nachher zu deſſelben Men-
ſchen Nachtheile geſagt wird, gilt, ſo wahr es
auch ſein mag, fuͤr Verlaͤumdung.
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