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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

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das nur eine oder zwei Personen in der Gesel-
schaft auf sich anwenden und fühlen können,
welche also beide dadurch in Verlegenheit gesezt
und um so vielmehr gekränkt werden, weil sie
nicht gern merken lassen wollen, daß sie den ge-
gebnen Fingerzeig auf sich anwenden. Wache
also über dich, daß du nie etwas sagest, was
entweder die ganze Geselschaft, oder eine einzelne
Person in derselben vernünftiger oder wahr-
scheinlicherweise übel aufnehmen könne, und er-
innere dich des französischen Sprichworts: qu'il
ne faut pas parler de corde dans la maison
d'un pendu.

Gutmüthigkeit gefält algemein, selbst denen,
die sie nicht haben, und es ist nicht möglich, lie-
benswürdig zu sein, ohne gutmüthig zu sein und
zu scheinen.


Ich habe dir, mein Lieber, mehr als einmahl
Aufmerksamkeit empfohlen, und ich werde noch
oft auf diese Materie zurükkommen, denn sie ist
eben so unerschöpflich, als sie wichtig ist.

Richte

das nur eine oder zwei Perſonen in der Geſel-
ſchaft auf ſich anwenden und fuͤhlen koͤnnen,
welche alſo beide dadurch in Verlegenheit geſezt
und um ſo vielmehr gekraͤnkt werden, weil ſie
nicht gern merken laſſen wollen, daß ſie den ge-
gebnen Fingerzeig auf ſich anwenden. Wache
alſo uͤber dich, daß du nie etwas ſageſt, was
entweder die ganze Geſelſchaft, oder eine einzelne
Perſon in derſelben vernuͤnftiger oder wahr-
ſcheinlicherweiſe uͤbel aufnehmen koͤnne, und er-
innere dich des franzoͤſiſchen Sprichworts: qu’il
ne faut pas parler de corde dans la maiſon
d’un pendu.

Gutmuͤthigkeit gefaͤlt algemein, ſelbſt denen,
die ſie nicht haben, und es iſt nicht moͤglich, lie-
benswuͤrdig zu ſein, ohne gutmuͤthig zu ſein und
zu ſcheinen.


Ich habe dir, mein Lieber, mehr als einmahl
Aufmerkſamkeit empfohlen, und ich werde noch
oft auf dieſe Materie zuruͤkkommen, denn ſie iſt
eben ſo unerſchoͤpflich, als ſie wichtig iſt.

Richte
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[91/0097] das nur eine oder zwei Perſonen in der Geſel- ſchaft auf ſich anwenden und fuͤhlen koͤnnen, welche alſo beide dadurch in Verlegenheit geſezt und um ſo vielmehr gekraͤnkt werden, weil ſie nicht gern merken laſſen wollen, daß ſie den ge- gebnen Fingerzeig auf ſich anwenden. Wache alſo uͤber dich, daß du nie etwas ſageſt, was entweder die ganze Geſelſchaft, oder eine einzelne Perſon in derſelben vernuͤnftiger oder wahr- ſcheinlicherweiſe uͤbel aufnehmen koͤnne, und er- innere dich des franzoͤſiſchen Sprichworts: qu’il ne faut pas parler de corde dans la maiſon d’un pendu. Gutmuͤthigkeit gefaͤlt algemein, ſelbſt denen, die ſie nicht haben, und es iſt nicht moͤglich, lie- benswuͤrdig zu ſein, ohne gutmuͤthig zu ſein und zu ſcheinen. Ich habe dir, mein Lieber, mehr als einmahl Aufmerkſamkeit empfohlen, und ich werde noch oft auf dieſe Materie zuruͤkkommen, denn ſie iſt eben ſo unerſchoͤpflich, als ſie wichtig iſt. Richte

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/97>, abgerufen am 04.12.2024.