Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Und seine Gottesmenschheit die er zeugte, Die in ihm ist und lebt und webt bewußtvoll Weil sie mit ihm verselbigt hat der Glaube, Die seines Leidens ist und seiner Lust voll, Die tausend Kreuzen ihren Nacken beugte Und dennoch nimmer ward dem Tod zum Raube, Und Jene die am Staube, Ach! weithin zahllos wie der Sand am Meere In trauriger Gebundenheit noch kleben Und immer noch nicht leben Obschon sein Blut für sie auch troff vom Speere, Der Menschheit sämmtliche Geschlechter malten In jenen Augen sich die mild erstralten. Und was uns fördern mag im rechten Handeln,
Was als Erkenntniß kräftig im Gedanken Sich fortbewegt, und was da lieblich scheinet Als Schönheit in der Sinne holden Schranken, Des Tages Glanz, der Nächte stilles Wandeln, Und Schmerz und Wonne die das Leben weinet, Und was der Künstler meinet, Das All mit Allem was uns in ihm hebet, In ihm beglückt, was da gevestet aufliegt, Was grünt, was läuft und auffliegt, Was flammt und strömt und frohes Leben lebet, Im Spiegel jener Augen war's zu lesen, War Eins mit Ihm durch seiner Liebe Wesen. Und ſeine Gottesmenſchheit die er zeugte, Die in ihm iſt und lebt und webt bewußtvoll Weil ſie mit ihm verſelbigt hat der Glaube, Die ſeines Leidens iſt und ſeiner Luſt voll, Die tauſend Kreuzen ihren Nacken beugte Und dennoch nimmer ward dem Tod zum Raube, Und Jene die am Staube, Ach! weithin zahllos wie der Sand am Meere In trauriger Gebundenheit noch kleben Und immer noch nicht leben Obſchon ſein Blut für ſie auch troff vom Speere, Der Menſchheit ſämmtliche Geſchlechter malten In jenen Augen ſich die mild erſtralten. Und was uns fördern mag im rechten Handeln,
Was als Erkenntniß kräftig im Gedanken Sich fortbewegt, und was da lieblich ſcheinet Als Schönheit in der Sinne holden Schranken, Des Tages Glanz, der Nächte ſtilles Wandeln, Und Schmerz und Wonne die das Leben weinet, Und was der Künſtler meinet, Das All mit Allem was uns in ihm hebet, In ihm beglückt, was da geveſtet aufliegt, Was grünt, was läuft und auffliegt, Was flammt und ſtrömt und frohes Leben lebet, Im Spiegel jener Augen war's zu leſen, War Eins mit Ihm durch ſeiner Liebe Weſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0023" n="9"/> <lg n="4"> <l>Und ſeine Gottesmenſchheit die er zeugte,</l><lb/> <l>Die in ihm iſt und lebt und webt bewußtvoll</l><lb/> <l>Weil ſie mit ihm verſelbigt hat der Glaube,</l><lb/> <l>Die ſeines Leidens iſt und ſeiner Luſt voll,</l><lb/> <l>Die tauſend Kreuzen ihren Nacken beugte</l><lb/> <l>Und dennoch nimmer ward dem Tod zum Raube,</l><lb/> <l>Und Jene die am Staube,</l><lb/> <l>Ach! weithin zahllos wie der Sand am Meere</l><lb/> <l>In trauriger Gebundenheit noch kleben</l><lb/> <l>Und immer noch nicht leben</l><lb/> <l>Obſchon ſein Blut für ſie auch troff vom Speere,</l><lb/> <l>Der Menſchheit ſämmtliche Geſchlechter malten</l><lb/> <l>In jenen Augen ſich die mild erſtralten.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und was uns fördern mag im rechten Handeln,</l><lb/> <l>Was als Erkenntniß kräftig im Gedanken</l><lb/> <l>Sich fortbewegt, und was da lieblich ſcheinet</l><lb/> <l>Als Schönheit in der Sinne holden Schranken,</l><lb/> <l>Des Tages Glanz, der Nächte ſtilles Wandeln,</l><lb/> <l>Und Schmerz und Wonne die das Leben weinet,</l><lb/> <l>Und was der Künſtler meinet,</l><lb/> <l>Das All mit Allem was uns in ihm hebet,</l><lb/> <l>In ihm beglückt, was da geveſtet aufliegt,</l><lb/> <l>Was grünt, was läuft und auffliegt,</l><lb/> <l>Was flammt und ſtrömt und frohes Leben lebet,</l><lb/> <l>Im Spiegel jener Augen war's zu leſen,</l><lb/> <l>War Eins mit Ihm durch ſeiner Liebe Weſen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0023]
Und ſeine Gottesmenſchheit die er zeugte,
Die in ihm iſt und lebt und webt bewußtvoll
Weil ſie mit ihm verſelbigt hat der Glaube,
Die ſeines Leidens iſt und ſeiner Luſt voll,
Die tauſend Kreuzen ihren Nacken beugte
Und dennoch nimmer ward dem Tod zum Raube,
Und Jene die am Staube,
Ach! weithin zahllos wie der Sand am Meere
In trauriger Gebundenheit noch kleben
Und immer noch nicht leben
Obſchon ſein Blut für ſie auch troff vom Speere,
Der Menſchheit ſämmtliche Geſchlechter malten
In jenen Augen ſich die mild erſtralten.
Und was uns fördern mag im rechten Handeln,
Was als Erkenntniß kräftig im Gedanken
Sich fortbewegt, und was da lieblich ſcheinet
Als Schönheit in der Sinne holden Schranken,
Des Tages Glanz, der Nächte ſtilles Wandeln,
Und Schmerz und Wonne die das Leben weinet,
Und was der Künſtler meinet,
Das All mit Allem was uns in ihm hebet,
In ihm beglückt, was da geveſtet aufliegt,
Was grünt, was läuft und auffliegt,
Was flammt und ſtrömt und frohes Leben lebet,
Im Spiegel jener Augen war's zu leſen,
War Eins mit Ihm durch ſeiner Liebe Weſen.
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