Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Ein Volksbuch, ein Gewaltsbuch. Wie ein Erdstoß War's doch, als Doctor Martin es emporhob. Daß weithin leuchtend Himmelsworte stammten, Die rings der Kirche Finsterniß hervorhob. Rom's Gottentfremdung war die That ein Schwertstoß Voll grimmer Schmerzen die von oben stammten, Doch freundlich der gesammten Westlichen Christenheit ging, wie ein Sternbild, Auf das Unendlich-Endliche, daß Viele Erkannten Gottes Ziele Und huldigend sich neigten vor des Herrn Bild. Und heute noch erprobet sich als Heiland Für Viele dieses Schriftenthum wie weiland. Wahr ist es, hundert Gegensätze schweben
Gebunden und gelöst in diesem Buche Und Jedem beut es Jedes, wie sie sagen, Doch wurzelt nur im heil'gen Widerspruche Stets alle Wahrheit ja und alles Leben, Und lösen mag der Geist euch alle Fragen. An solchem Buch zerschlagen Sich alle toten Formeln drin die Toten Das Leben bannen möchten und ersticken. Ein himmlisches Erquicken Wird aller Welt in diesem Buch geboten. Kühn ragt da, voller Früchte, voller Düfte, Des Kreuzes Dialektik in die Lüfte. Ein Volksbuch, ein Gewaltsbuch. Wie ein Erdſtoß War's doch, als Doctor Martin es emporhob. Daß weithin leuchtend Himmelsworte ſtammten, Die rings der Kirche Finſterniß hervorhob. Rom's Gottentfremdung war die That ein Schwertſtoß Voll grimmer Schmerzen die von oben ſtammten, Doch freundlich der geſammten Weſtlichen Chriſtenheit ging, wie ein Sternbild, Auf das Unendlich-Endliche, daß Viele Erkannten Gottes Ziele Und huldigend ſich neigten vor des Herrn Bild. Und heute noch erprobet ſich als Heiland Für Viele dieſes Schriftenthum wie weiland. Wahr iſt es, hundert Gegenſätze ſchweben
Gebunden und gelöst in dieſem Buche Und Jedem beut es Jedes, wie ſie ſagen, Doch wurzelt nur im heil'gen Widerſpruche Stets alle Wahrheit ja und alles Leben, Und löſen mag der Geiſt euch alle Fragen. An ſolchem Buch zerſchlagen Sich alle toten Formeln drin die Toten Das Leben bannen möchten und erſticken. Ein himmliſches Erquicken Wird aller Welt in dieſem Buch geboten. Kühn ragt da, voller Früchte, voller Düfte, Des Kreuzes Dialektik in die Lüfte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0054" n="40"/> <lg n="8"> <l>Ein Volksbuch, ein Gewaltsbuch. Wie ein Erdſtoß</l><lb/> <l>War's doch, als Doctor Martin es emporhob.</l><lb/> <l>Daß weithin leuchtend Himmelsworte ſtammten,</l><lb/> <l>Die rings der Kirche Finſterniß hervorhob.</l><lb/> <l>Rom's Gottentfremdung war die That ein Schwertſtoß</l><lb/> <l>Voll grimmer Schmerzen die von oben ſtammten,</l><lb/> <l>Doch freundlich der geſammten</l><lb/> <l>Weſtlichen Chriſtenheit ging, wie ein Sternbild,</l><lb/> <l>Auf das Unendlich-Endliche, daß Viele</l><lb/> <l>Erkannten Gottes Ziele</l><lb/> <l>Und huldigend ſich neigten vor des Herrn Bild.</l><lb/> <l>Und heute noch erprobet ſich als Heiland</l><lb/> <l>Für Viele dieſes Schriftenthum wie weiland.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Wahr iſt es, hundert Gegenſätze ſchweben</l><lb/> <l>Gebunden und gelöst in dieſem Buche</l><lb/> <l>Und Jedem beut es Jedes, wie ſie ſagen,</l><lb/> <l>Doch wurzelt nur im heil'gen Widerſpruche</l><lb/> <l>Stets alle Wahrheit ja und alles Leben,</l><lb/> <l>Und löſen mag der Geiſt euch alle Fragen.</l><lb/> <l>An ſolchem Buch zerſchlagen</l><lb/> <l>Sich alle toten Formeln drin die Toten</l><lb/> <l>Das Leben bannen möchten und erſticken.</l><lb/> <l>Ein himmliſches Erquicken</l><lb/> <l>Wird aller Welt in dieſem Buch geboten.</l><lb/> <l>Kühn ragt da, voller Früchte, voller Düfte,</l><lb/> <l>Des Kreuzes Dialektik in die Lüfte.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0054]
Ein Volksbuch, ein Gewaltsbuch. Wie ein Erdſtoß
War's doch, als Doctor Martin es emporhob.
Daß weithin leuchtend Himmelsworte ſtammten,
Die rings der Kirche Finſterniß hervorhob.
Rom's Gottentfremdung war die That ein Schwertſtoß
Voll grimmer Schmerzen die von oben ſtammten,
Doch freundlich der geſammten
Weſtlichen Chriſtenheit ging, wie ein Sternbild,
Auf das Unendlich-Endliche, daß Viele
Erkannten Gottes Ziele
Und huldigend ſich neigten vor des Herrn Bild.
Und heute noch erprobet ſich als Heiland
Für Viele dieſes Schriftenthum wie weiland.
Wahr iſt es, hundert Gegenſätze ſchweben
Gebunden und gelöst in dieſem Buche
Und Jedem beut es Jedes, wie ſie ſagen,
Doch wurzelt nur im heil'gen Widerſpruche
Stets alle Wahrheit ja und alles Leben,
Und löſen mag der Geiſt euch alle Fragen.
An ſolchem Buch zerſchlagen
Sich alle toten Formeln drin die Toten
Das Leben bannen möchten und erſticken.
Ein himmliſches Erquicken
Wird aller Welt in dieſem Buch geboten.
Kühn ragt da, voller Früchte, voller Düfte,
Des Kreuzes Dialektik in die Lüfte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |