Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.Und Völker so wie Einzle werden allzeit, Wenn selbstbeschränkend Einzles sie erlesen, Als Glieder sich des großen Ganzen wissen. Seht da des Sprachthums Heiligkeit und Wesen! Uns vor dem Fluche gänzlicher Verfallzeit Zu retten ist das ew'ge Wort beflissen. O in den Finsternissen Der Jetztwelt haltet fest an solchem Horte! Mag mehr und mehr die Gegenwart verrotten Und mag der Fremde spotten, Die deutsche Zukunft blüht im deutschen Worte. Hat Luthers Hammer denn schon ausgewuchtet? Noch hat ja deutscher Geist nicht ausgefruchtet. Wie spielst du wechselreich und vielgestaltig.
O Herr, allstets derselbe und ein andrer, Im Menschen vor mir und im Menschenwerke! Ein erdgebildet hoher Himmelswandrer, Als Theil beschränkt, als Ganzes frei-gewaltig, Ein schwaches Rohr stets wie ein Gott der Stärke! Doch wo ich dich vermerke, Allmittler! schmilzt mir alles dein Erscheinen Am liebsten stets in jenes Bild zurücke, Das wir in Schmerz und Glücke Am Fuß des Kreuzes dankerfüllt beweinen. Vom Kreuz auf Golgatha kommt uns das Leben, Wie mannigfaltig du es mochtest geben. Und Völker ſo wie Einzle werden allzeit, Wenn ſelbſtbeſchränkend Einzles ſie erleſen, Als Glieder ſich des großen Ganzen wiſſen. Seht da des Sprachthums Heiligkeit und Weſen! Uns vor dem Fluche gänzlicher Verfallzeit Zu retten iſt das ew'ge Wort befliſſen. O in den Finſterniſſen Der Jetztwelt haltet feſt an ſolchem Horte! Mag mehr und mehr die Gegenwart verrotten Und mag der Fremde ſpotten, Die deutſche Zukunft blüht im deutſchen Worte. Hat Luthers Hammer denn ſchon ausgewuchtet? Noch hat ja deutſcher Geiſt nicht ausgefruchtet. Wie ſpielſt du wechſelreich und vielgeſtaltig.
O Herr, allſtets derſelbe und ein andrer, Im Menſchen vor mir und im Menſchenwerke! Ein erdgebildet hoher Himmelswandrer, Als Theil beſchränkt, als Ganzes frei-gewaltig, Ein ſchwaches Rohr ſtets wie ein Gott der Stärke! Doch wo ich dich vermerke, Allmittler! ſchmilzt mir alles dein Erſcheinen Am liebſten ſtets in jenes Bild zurücke, Das wir in Schmerz und Glücke Am Fuß des Kreuzes dankerfüllt beweinen. Vom Kreuz auf Golgatha kommt uns das Leben, Wie mannigfaltig du es mochteſt geben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0060" n="46"/> <lg n="8"> <l>Und Völker ſo wie Einzle werden allzeit,</l><lb/> <l>Wenn ſelbſtbeſchränkend Einzles ſie erleſen,</l><lb/> <l>Als Glieder ſich des großen Ganzen wiſſen.</l><lb/> <l>Seht da des Sprachthums Heiligkeit und Weſen!</l><lb/> <l>Uns vor dem Fluche gänzlicher Verfallzeit</l><lb/> <l>Zu retten iſt das ew'ge Wort befliſſen.</l><lb/> <l>O in den Finſterniſſen</l><lb/> <l>Der Jetztwelt haltet feſt an ſolchem Horte!</l><lb/> <l>Mag mehr und mehr die Gegenwart verrotten</l><lb/> <l>Und mag der Fremde ſpotten,</l><lb/> <l>Die deutſche Zukunft blüht im deutſchen Worte.</l><lb/> <l>Hat Luthers Hammer denn ſchon ausgewuchtet?</l><lb/> <l>Noch hat ja deutſcher Geiſt nicht ausgefruchtet.</l><lb/> </lg> <lg n="9"> <l>Wie ſpielſt du wechſelreich und vielgeſtaltig.</l><lb/> <l>O Herr, allſtets derſelbe und ein andrer,</l><lb/> <l>Im Menſchen vor mir und im Menſchenwerke!</l><lb/> <l>Ein erdgebildet hoher Himmelswandrer,</l><lb/> <l>Als Theil beſchränkt, als Ganzes frei-gewaltig,</l><lb/> <l>Ein ſchwaches Rohr ſtets wie ein Gott der Stärke!</l><lb/> <l>Doch wo ich dich vermerke,</l><lb/> <l>Allmittler! ſchmilzt mir alles dein Erſcheinen</l><lb/> <l>Am liebſten ſtets in jenes Bild zurücke,</l><lb/> <l>Das wir in Schmerz und Glücke</l><lb/> <l>Am Fuß des Kreuzes dankerfüllt beweinen.</l><lb/> <l>Vom Kreuz auf Golgatha kommt uns das Leben,</l><lb/> <l>Wie mannigfaltig du es mochteſt geben.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0060]
Und Völker ſo wie Einzle werden allzeit,
Wenn ſelbſtbeſchränkend Einzles ſie erleſen,
Als Glieder ſich des großen Ganzen wiſſen.
Seht da des Sprachthums Heiligkeit und Weſen!
Uns vor dem Fluche gänzlicher Verfallzeit
Zu retten iſt das ew'ge Wort befliſſen.
O in den Finſterniſſen
Der Jetztwelt haltet feſt an ſolchem Horte!
Mag mehr und mehr die Gegenwart verrotten
Und mag der Fremde ſpotten,
Die deutſche Zukunft blüht im deutſchen Worte.
Hat Luthers Hammer denn ſchon ausgewuchtet?
Noch hat ja deutſcher Geiſt nicht ausgefruchtet.
Wie ſpielſt du wechſelreich und vielgeſtaltig.
O Herr, allſtets derſelbe und ein andrer,
Im Menſchen vor mir und im Menſchenwerke!
Ein erdgebildet hoher Himmelswandrer,
Als Theil beſchränkt, als Ganzes frei-gewaltig,
Ein ſchwaches Rohr ſtets wie ein Gott der Stärke!
Doch wo ich dich vermerke,
Allmittler! ſchmilzt mir alles dein Erſcheinen
Am liebſten ſtets in jenes Bild zurücke,
Das wir in Schmerz und Glücke
Am Fuß des Kreuzes dankerfüllt beweinen.
Vom Kreuz auf Golgatha kommt uns das Leben,
Wie mannigfaltig du es mochteſt geben.
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