[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.26. Denn wil ich nach langem Schmachten/Dich in Sions Burg betrachten; Brich erwünschter Tag herein! Und mein sterbliches Gebein/ Sol/ biß künfftig unsre Seelen Wieder in die Cörper gehn/ Rechst bey dir in einer Höhlen/ Die Verwesung überstehn. 27. Wie geschicht mir/ darf ich trauen!O du angenehmes Grauen! Hör ich meine Doris nicht! Die mit holder Stimme spricht: Nur drey Worte darff ich sagen: Ich weiß daß du traurig bist; Folge mir; vergiß dein Klagen/ Weil dich Doris nicht vergißt. Nach Absterben des Autoris ersten ICh sagte da mein Hertz mit Schmertz war angefüllt/Gemahlin. Ich bin/ erbarm es GOtt! des Hiobs Ebenbild/ Doch dacht ich/ Hiob darf sich mehr als ich betrüben/ Mir ist mein halbes Guth/ ihm keines übrig blieben. Ja aller Kinder Tod beweint der krancke Mann/ Da ich doch einen Sohn gesund noch küssen kan/ Und nur in einem Stück sind wir uns zu vergleichen/ Daß er sein Weib behält/ und meines muß verbleichen. Von dem Hoff- und Stadt- DU zweiffelst wie ich seh/ mein Freund nicht mehrLeben. daran/ Daß
26. Denn wil ich nach langem Schmachten/Dich in Sions Burg betrachten; Brich erwuͤnſchter Tag herein! Und mein ſterbliches Gebein/ Sol/ biß kuͤnfftig unſre Seelen Wieder in die Coͤrper gehn/ Rechſt bey dir in einer Hoͤhlen/ Die Verweſung uͤberſtehn. 27. Wie geſchicht mir/ darf ich trauen!O du angenehmes Grauen! Hoͤr ich meine Doris nicht! Die mit holder Stimme ſpricht: Nur drey Worte darff ich ſagen: Ich weiß daß du traurig biſt; Folge mir; vergiß dein Klagen/ Weil dich Doris nicht vergißt. Nach Abſterben des Autoris erſten ICh ſagte da mein Hertz mit Schmertz war angefuͤllt/Gemahlin. Ich bin/ erbarm es GOtt! des Hiobs Ebenbild/ Doch dacht ich/ Hiob darf ſich mehr als ich betruͤben/ Mir iſt mein halbes Guth/ ihm keines uͤbrig blieben. Ja aller Kinder Tod beweint der krancke Mann/ Da ich doch einen Sohn geſund noch kuͤſſen kan/ Und nur in einem Stuͤck ſind wir uns zu vergleichen/ Daß er ſein Weib behaͤlt/ und meines muß verbleichen. Von dem Hoff- und Stadt- DU zweiffelſt wie ich ſeh/ mein Freund nicht mehrLeben. daran/ Daß
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26.
Denn wil ich nach langem Schmachten/
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Brich erwuͤnſchter Tag herein!
Und mein ſterbliches Gebein/
Sol/ biß kuͤnfftig unſre Seelen
Wieder in die Coͤrper gehn/
Rechſt bey dir in einer Hoͤhlen/
Die Verweſung uͤberſtehn.
27.
Wie geſchicht mir/ darf ich trauen!
O du angenehmes Grauen!
Hoͤr ich meine Doris nicht!
Die mit holder Stimme ſpricht:
Nur drey Worte darff ich ſagen:
Ich weiß daß du traurig biſt;
Folge mir; vergiß dein Klagen/
Weil dich Doris nicht vergißt.
Nach Abſterben des Autoris erſten
Gemahlin.
ICh ſagte da mein Hertz mit Schmertz war angefuͤllt/
Ich bin/ erbarm es GOtt! des Hiobs Ebenbild/
Doch dacht ich/ Hiob darf ſich mehr als ich betruͤben/
Mir iſt mein halbes Guth/ ihm keines uͤbrig blieben.
Ja aller Kinder Tod beweint der krancke Mann/
Da ich doch einen Sohn geſund noch kuͤſſen kan/
Und nur in einem Stuͤck ſind wir uns zu vergleichen/
Daß er ſein Weib behaͤlt/ und meines muß verbleichen.
Von dem Hoff- und Stadt-
Leben.
DU zweiffelſt wie ich ſeh/ mein Freund nicht mehr
daran/
Daß
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