Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite
Und lebet/ (ja noch mehr) stirbt andern zu gefallen.
Erfreue dich mein Sinn daß dir ein guter Geist/
Den unbekanten Schatz der edlen Freyheit weist;
Ich weiß du wirst die Schnur/ sey nur bemühet/ finden/
Dich aus dem Labyrinth des Pöbels loß zu winden.
Gebrauch den Lauff der Welt zu deinem Zeitvertreib/
Sieh doch das Possenspiel/ wie dieser sich ein Weib/
Weiln jener so gemacht/ läßt aus der Fremde bringen/
Wie jener seinen Wanst läßt in ein Schnürleib zwingen/
Die Kost/ die ihm sonst schmeckt/ nach andern Zungen
würtzt/

Und sein bequemes Hauß/ so fort zu Boden stürtzt/
Auf daß die gantze Stadt mag mit verwundern schauen/
Daß er dem Nachbar gleich auch kan Palläste bauen;
Verwirf den Richterspruch/ den die Gewohnheit fällt/
Es ist dir die Vernunfft umsonst nicht zugesellt.
Der Tod klopfft an die Thür es wechseln alle Sachen/
Und keiner kans doch nicht der Welt zu Dancke machen/
Der mich verwundet hat/ vom Jach-Zorn angetrieben/
An dem wird das Gesetz bald seinen Eyfer üben;
Wie aber geht es dem für so genossen aus/
Der nur mit Vorbedacht fällt in mein eigen Hauß/
Und da mit eitelm Tand/ den er mit Worten spickt/
Aus Freundschafft einen Dolch biß in dem Hertzen drückt.
Du freyer Blumenberg und Schutzwehr meiner Lust/
Bey dir ist mir ja nichts von allem dem bewust/
Hier aber seh ich wol/ in Wällen und Pasteyen
Ist keine Sicherheit für solchen Rasereyen/
Und der/ dem dieser Zwang und Weise nicht gefällt/
Wird als ein Wunderthier zum Schauspiel aufgestelt/
Fort Kutscher folge mir/ ich wil am letzten Garten/
Der in der Vorstadt liegt/ zu Fusse deiner warten/
Hernach so sol es frisch im vollen Trabe gehn/
Biß wir den spitzen Thurm in unserm Dorffe sehn.
Und solte mich auch dort die Räuber Schaar entdecken/
So wird mich Wald und Busch für ihrem Wuth verstecken.
Mein
Und lebet/ (ja noch mehr) ſtirbt andern zu gefallen.
Erfreue dich mein Sinn daß dir ein guter Geiſt/
Den unbekanten Schatz der edlen Freyheit weiſt;
Ich weiß du wirſt die Schnur/ ſey nur bemuͤhet/ finden/
Dich aus dem Labyrinth des Poͤbels loß zu winden.
Gebrauch den Lauff der Welt zu deinem Zeitvertreib/
Sieh doch das Poſſenſpiel/ wie dieſer ſich ein Weib/
Weiln jener ſo gemacht/ laͤßt aus der Fremde bringen/
Wie jener ſeinen Wanſt laͤßt in ein Schnuͤrleib zwingen/
Die Koſt/ die ihm ſonſt ſchmeckt/ nach andern Zungen
wuͤrtzt/

Und ſein bequemes Hauß/ ſo fort zu Boden ſtuͤrtzt/
Auf daß die gantze Stadt mag mit verwundern ſchauen/
Daß er dem Nachbar gleich auch kan Pallaͤſte bauen;
Verwirf den Richterſpruch/ den die Gewohnheit faͤllt/
Es iſt dir die Vernunfft umſonſt nicht zugeſellt.
Der Tod klopfft an die Thuͤr es wechſeln alle Sachen/
Und keiner kans doch nicht der Welt zu Dancke machen/
Der mich verwundet hat/ vom Jach-Zorn angetrieben/
An dem wird das Geſetz bald ſeinen Eyfer uͤben;
Wie aber geht es dem fuͤr ſo genoſſen aus/
Der nur mit Vorbedacht faͤllt in mein eigen Hauß/
Und da mit eitelm Tand/ den er mit Worten ſpickt/
Aus Freundſchafft einen Dolch biß in dem Hertzen druͤckt.
Du freyer Blumenberg und Schutzwehr meiner Luſt/
Bey dir iſt mir ja nichts von allem dem bewuſt/
Hier aber ſeh ich wol/ in Waͤllen und Paſteyen
Iſt keine Sicherheit fuͤr ſolchen Raſereyen/
Und der/ dem dieſer Zwang und Weiſe nicht gefaͤllt/
Wird als ein Wunderthier zum Schauſpiel aufgeſtelt/
Fort Kutſcher folge mir/ ich wil am letzten Garten/
Der in der Vorſtadt liegt/ zu Fuſſe deiner warten/
Hernach ſo ſol es friſch im vollen Trabe gehn/
Biß wir den ſpitzen Thurm in unſerm Dorffe ſehn.
Und ſolte mich auch dort die Raͤuber Schaar entdecken/
So wird mich Wald und Buſch fuͤr ihrem Wuth verſteckẽ.
Mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0113" n="100"/>
          <l>Und lebet/ (ja noch mehr) &#x017F;tirbt andern zu gefallen.</l><lb/>
          <l>Erfreue dich mein Sinn daß dir ein guter Gei&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Den unbekanten Schatz der edlen Freyheit wei&#x017F;t;</l><lb/>
          <l>Ich weiß du wir&#x017F;t die Schnur/ &#x017F;ey nur bemu&#x0364;het/ finden/</l><lb/>
          <l>Dich aus dem Labyrinth des Po&#x0364;bels loß zu winden.</l><lb/>
          <l>Gebrauch den Lauff der Welt zu deinem Zeitvertreib/</l><lb/>
          <l>Sieh doch das Po&#x017F;&#x017F;en&#x017F;piel/ wie die&#x017F;er &#x017F;ich ein Weib/</l><lb/>
          <l>Weiln jener &#x017F;o gemacht/ la&#x0364;ßt aus der Fremde bringen/</l><lb/>
          <l>Wie jener &#x017F;einen Wan&#x017F;t la&#x0364;ßt in ein Schnu&#x0364;rleib zwingen/</l><lb/>
          <l>Die Ko&#x017F;t/ die ihm &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chmeckt/ nach andern Zungen<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;rtzt/</hi></l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ein bequemes Hauß/ &#x017F;o fort zu Boden &#x017F;tu&#x0364;rtzt/</l><lb/>
          <l>Auf daß die gantze Stadt mag mit verwundern &#x017F;chauen/</l><lb/>
          <l>Daß er dem Nachbar gleich auch kan Palla&#x0364;&#x017F;te bauen;</l><lb/>
          <l>Verwirf den Richter&#x017F;pruch/ den die Gewohnheit fa&#x0364;llt/</l><lb/>
          <l>Es i&#x017F;t dir die Vernunfft um&#x017F;on&#x017F;t nicht zuge&#x017F;ellt.</l><lb/>
          <l>Der Tod klopfft an die Thu&#x0364;r es wech&#x017F;eln alle Sachen/</l><lb/>
          <l>Und keiner kans doch nicht der Welt zu Dancke machen/</l><lb/>
          <l>Der mich verwundet hat/ vom Jach-Zorn angetrieben/</l><lb/>
          <l>An dem wird das Ge&#x017F;etz bald &#x017F;einen Eyfer u&#x0364;ben;</l><lb/>
          <l>Wie aber geht es dem fu&#x0364;r &#x017F;o geno&#x017F;&#x017F;en aus/</l><lb/>
          <l>Der nur mit Vorbedacht fa&#x0364;llt in mein eigen Hauß/</l><lb/>
          <l>Und da mit eitelm Tand/ den er mit Worten &#x017F;pickt/</l><lb/>
          <l>Aus Freund&#x017F;chafft einen Dolch biß in dem Hertzen dru&#x0364;ckt.</l><lb/>
          <l>Du freyer Blumenberg und Schutzwehr meiner Lu&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Bey dir i&#x017F;t mir ja nichts von allem dem bewu&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Hier aber &#x017F;eh ich wol/ in Wa&#x0364;llen und Pa&#x017F;teyen</l><lb/>
          <l>I&#x017F;t keine Sicherheit fu&#x0364;r &#x017F;olchen Ra&#x017F;ereyen/</l><lb/>
          <l>Und der/ dem die&#x017F;er Zwang und Wei&#x017F;e nicht gefa&#x0364;llt/</l><lb/>
          <l>Wird als ein Wunderthier zum Schau&#x017F;piel aufge&#x017F;telt/</l><lb/>
          <l>Fort Kut&#x017F;cher folge mir/ ich wil am letzten Garten/</l><lb/>
          <l>Der in der Vor&#x017F;tadt liegt/ zu Fu&#x017F;&#x017F;e deiner warten/</l><lb/>
          <l>Hernach &#x017F;o &#x017F;ol es fri&#x017F;ch im vollen Trabe gehn/</l><lb/>
          <l>Biß wir den &#x017F;pitzen Thurm in un&#x017F;erm Dorffe &#x017F;ehn.</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;olte mich auch dort die Ra&#x0364;uber Schaar entdecken/</l><lb/>
          <l>So wird mich Wald und Bu&#x017F;ch fu&#x0364;r ihrem Wuth ver&#x017F;tecke&#x0303;.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0113] Und lebet/ (ja noch mehr) ſtirbt andern zu gefallen. Erfreue dich mein Sinn daß dir ein guter Geiſt/ Den unbekanten Schatz der edlen Freyheit weiſt; Ich weiß du wirſt die Schnur/ ſey nur bemuͤhet/ finden/ Dich aus dem Labyrinth des Poͤbels loß zu winden. Gebrauch den Lauff der Welt zu deinem Zeitvertreib/ Sieh doch das Poſſenſpiel/ wie dieſer ſich ein Weib/ Weiln jener ſo gemacht/ laͤßt aus der Fremde bringen/ Wie jener ſeinen Wanſt laͤßt in ein Schnuͤrleib zwingen/ Die Koſt/ die ihm ſonſt ſchmeckt/ nach andern Zungen wuͤrtzt/ Und ſein bequemes Hauß/ ſo fort zu Boden ſtuͤrtzt/ Auf daß die gantze Stadt mag mit verwundern ſchauen/ Daß er dem Nachbar gleich auch kan Pallaͤſte bauen; Verwirf den Richterſpruch/ den die Gewohnheit faͤllt/ Es iſt dir die Vernunfft umſonſt nicht zugeſellt. Der Tod klopfft an die Thuͤr es wechſeln alle Sachen/ Und keiner kans doch nicht der Welt zu Dancke machen/ Der mich verwundet hat/ vom Jach-Zorn angetrieben/ An dem wird das Geſetz bald ſeinen Eyfer uͤben; Wie aber geht es dem fuͤr ſo genoſſen aus/ Der nur mit Vorbedacht faͤllt in mein eigen Hauß/ Und da mit eitelm Tand/ den er mit Worten ſpickt/ Aus Freundſchafft einen Dolch biß in dem Hertzen druͤckt. Du freyer Blumenberg und Schutzwehr meiner Luſt/ Bey dir iſt mir ja nichts von allem dem bewuſt/ Hier aber ſeh ich wol/ in Waͤllen und Paſteyen Iſt keine Sicherheit fuͤr ſolchen Raſereyen/ Und der/ dem dieſer Zwang und Weiſe nicht gefaͤllt/ Wird als ein Wunderthier zum Schauſpiel aufgeſtelt/ Fort Kutſcher folge mir/ ich wil am letzten Garten/ Der in der Vorſtadt liegt/ zu Fuſſe deiner warten/ Hernach ſo ſol es friſch im vollen Trabe gehn/ Biß wir den ſpitzen Thurm in unſerm Dorffe ſehn. Und ſolte mich auch dort die Raͤuber Schaar entdecken/ So wird mich Wald und Buſch fuͤr ihrem Wuth verſteckẽ. Mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/113
Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/113>, abgerufen am 23.11.2024.