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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Auf den der Reichthum schneyt/ in dessen Zundern blincket/
Womit ein König pralt/ da man den Tagus trincket;
Der le[t][ - 1 Zeichen fehlt]te wolvergnügt und aller Sorgen frey/
Hätt er nicht einen Feind an seiner Phantasey/
Er könte seinen Rest der Tage glücklich schliessen/
Und als sein eigner Herr der güldnen Ruh geniessen/
Dergleichen nicht einmahl Monarchen wiederfährt/
Ihm aber ist der Hof/ sein Kercker gar zu werth:
Und in des Fürsten Gunst noch höher aufzusteigen/
Wird ihm kein Tritt zu schwer/ kein widriges Bezeigen;
Damit er andern nur noch länger schaden mag/
Wacht er bey stiller Nacht/ und rennt den gantzen Tag;
Die Brunnen die das Gold mit leichten Quellen geben/
Und dem zuletzt die Scham sich selbst zu überleben/
Das ists was dergestalt ihn in dem Schwindel hält/
Daß er was Freyheit gilt fast ins vergessen stellt.
Zwar sehnt er sich zum Schein/ die eitle Welt zu fliehen/
Doch die Gemächlichkeit den Diensten vorzuziehen/
Die er aus treuer Pflicht dem armen Nechsten schenckt/
Bedünckt ihm so ein Schluß/ der sein Gewissen kränckt;
Und wer es besser weiß/ kan kaum das Lachen zwingen/
Wenn einer/ der sich längst verstrickt in Satans Schlingen/
Mit solcher Heucheley von dem Gewissen spricht;
Genug! wer Wespen stöhrt/ kriegt Beulen ins Gesicht.
Ein andrer legte nicht so bald den Griffel nieder/
Doch mir ist alle Schrifft/ die Stacheln führt/ zuwider.
Ubersetzung der fünfften Satyre des
Boileau.
DEr Adel ist alsdenn kein blosser Dienst zu nennen/
Wenn man aus solchem Blut/ das Helden zeugen
können/

Entsprießt/ und nach dem Satz/ den strenge Tu-
gend stifft/

Auch so der Ahnen Spuhr/ wie du/ mein Dan-
geau/ trifft.

Nur
E 5
Auf den der Reichthum ſchneyt/ in deſſen Zuñern blincket/
Womit ein Koͤnig pralt/ da man den Tagus trincket;
Der le[t][ – 1 Zeichen fehlt]te wolvergnuͤgt und aller Sorgen frey/
Haͤtt er nicht einen Feind an ſeiner Phantaſey/
Er koͤnte ſeinen Reſt der Tage gluͤcklich ſchlieſſen/
Und als ſein eigner Herr der guͤldnen Ruh genieſſen/
Dergleichen nicht einmahl Monarchen wiederfaͤhrt/
Ihm aber iſt der Hof/ ſein Kercker gar zu werth:
Und in des Fuͤrſten Gunſt noch hoͤher aufzuſteigen/
Wird ihm kein Tritt zu ſchwer/ kein widriges Bezeigen;
Damit er andern nur noch laͤnger ſchaden mag/
Wacht er bey ſtiller Nacht/ und rennt den gantzen Tag;
Die Brunnen die das Gold mit leichten Quellen geben/
Und dem zuletzt die Scham ſich ſelbſt zu uͤberleben/
Das iſts was dergeſtalt ihn in dem Schwindel haͤlt/
Daß er was Freyheit gilt faſt ins vergeſſen ſtellt.
Zwar ſehnt er ſich zum Schein/ die eitle Welt zu fliehen/
Doch die Gemaͤchlichkeit den Dienſten vorzuziehen/
Die er aus treuer Pflicht dem armen Nechſten ſchenckt/
Beduͤnckt ihm ſo ein Schluß/ der ſein Gewiſſen kraͤnckt;
Und wer es beſſer weiß/ kan kaum das Lachen zwingen/
Weñ einer/ der ſich laͤngſt verſtrickt in Satans Schlingen/
Mit ſolcher Heucheley von dem Gewiſſen ſpricht;
Genug! wer Weſpen ſtoͤhrt/ kriegt Beulen ins Geſicht.
Ein andrer legte nicht ſo bald den Griffel nieder/
Doch mir iſt alle Schrifft/ die Stacheln fuͤhrt/ zuwider.
Uberſetzung der fuͤnfften Satyre des
Boileau.
DEr Adel iſt alsdenn kein bloſſer Dienſt zu nennen/
Wenn man aus ſolchem Blut/ das Helden zeugen
koͤnnen/

Entſprießt/ und nach dem Satz/ den ſtrenge Tu-
gend ſtifft/

Auch ſo der Ahnen Spuhr/ wie du/ mein Dan-
geau/ trifft.

Nur
E 5
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[73/0086] Auf den der Reichthum ſchneyt/ in deſſen Zuñern blincket/ Womit ein Koͤnig pralt/ da man den Tagus trincket; Der let_te wolvergnuͤgt und aller Sorgen frey/ Haͤtt er nicht einen Feind an ſeiner Phantaſey/ Er koͤnte ſeinen Reſt der Tage gluͤcklich ſchlieſſen/ Und als ſein eigner Herr der guͤldnen Ruh genieſſen/ Dergleichen nicht einmahl Monarchen wiederfaͤhrt/ Ihm aber iſt der Hof/ ſein Kercker gar zu werth: Und in des Fuͤrſten Gunſt noch hoͤher aufzuſteigen/ Wird ihm kein Tritt zu ſchwer/ kein widriges Bezeigen; Damit er andern nur noch laͤnger ſchaden mag/ Wacht er bey ſtiller Nacht/ und rennt den gantzen Tag; Die Brunnen die das Gold mit leichten Quellen geben/ Und dem zuletzt die Scham ſich ſelbſt zu uͤberleben/ Das iſts was dergeſtalt ihn in dem Schwindel haͤlt/ Daß er was Freyheit gilt faſt ins vergeſſen ſtellt. Zwar ſehnt er ſich zum Schein/ die eitle Welt zu fliehen/ Doch die Gemaͤchlichkeit den Dienſten vorzuziehen/ Die er aus treuer Pflicht dem armen Nechſten ſchenckt/ Beduͤnckt ihm ſo ein Schluß/ der ſein Gewiſſen kraͤnckt; Und wer es beſſer weiß/ kan kaum das Lachen zwingen/ Weñ einer/ der ſich laͤngſt verſtrickt in Satans Schlingen/ Mit ſolcher Heucheley von dem Gewiſſen ſpricht; Genug! wer Weſpen ſtoͤhrt/ kriegt Beulen ins Geſicht. Ein andrer legte nicht ſo bald den Griffel nieder/ Doch mir iſt alle Schrifft/ die Stacheln fuͤhrt/ zuwider. Uberſetzung der fuͤnfften Satyre des Boileau. DEr Adel iſt alsdenn kein bloſſer Dienſt zu nennen/ Wenn man aus ſolchem Blut/ das Helden zeugen koͤnnen/ Entſprießt/ und nach dem Satz/ den ſtrenge Tu- gend ſtifft/ Auch ſo der Ahnen Spuhr/ wie du/ mein Dan- geau/ trifft. Nur E 5

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/86>, abgerufen am 27.11.2024.