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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Nur kränckt mich/ wenn ein Thor/ der sich in schnöden
Lüsten

Pflegt eintzig und allein/ mit seinem Stand zu brüsten/
So unverschämte Pracht mit fremden Schmucke treibt/
Und andrer Leute Lob auf seine Rechnung schreibt.
Sein tapfferes Geschlecht mag durch berühmte Sachen
Die ältsten Chronicken zu dicken Büchern machen;
Gesetzt: daß ein Capet/ der Franckreichs Scepter
führt/

Der Ahnen Ritterschild mit Lilgen ausgeziert;
Wozu sol aber ihm der leere Vorraht dienen/
Wenn er von solchem Stamm/ der ehmals groß geschienen/
Der Welt nichts weisen kan/ als ein verlegnes Blat/
An dem das Pergament der Wurm geschonet hat?
Wenn er was göttliches an seiner Quelle spühret/
Und doch in seinem Sinn zugleich ist überführet/
Daß man nichts grosses mehr an ihm zu sehen kriegt:
Als daß ein stoltzer Jeck in weicher Wollust liegt.
Doch scheint es/ wenn er sich so übermüthig blähet/
Daß sich nach seinem Winck des Himmels Axe drehet/
Und daß des Schöpffers Hand/ mit reiffem Vorbedacht/
Ihn aus viel bessern Thon/ als mich hervor gebracht.
Was ist es für ein Thier/ du Geist von hohen Gaben!
Das wir gemeiniglich am allerliebsten haben?
Ists nicht ein muntres Pferd/ das Krafft und Feuer
bläßt/

Und keinen neben sich das Ziel erreichen läßt?
Da offt ein Koppelgaul wird ohngefehr bezahlet/
Ob gleich manch schönes Roß in seinem Stammbaum
prahlet/

Und trägt/ wenn er nicht taugt/ den Rentzel über Land/
Wo man das Schindvieh nicht gar in die Karre spannt.
Wie aber wilst denn du uns andre so bethören/
Daß jederman an dir sol was vergangnes ehren?
Mein Freund du irrest dich/ und kennest nicht die Welt/
Wo ich nicht Tugend seh/ da seh' ich keinen Held.
Getraust
Nur kraͤnckt mich/ wenn ein Thor/ der ſich in ſchnoͤden
Luͤſten

Pflegt eintzig und allein/ mit ſeinem Stand zu bruͤſten/
So unverſchaͤmte Pracht mit fremdẽ Schmucke treibt/
Und andrer Leute Lob auf ſeine Rechnung ſchreibt.
Sein tapfferes Geſchlecht mag durch beruͤhmte Sachen
Die aͤltſten Chronicken zu dicken Buͤchern machen;
Geſetzt: daß ein Capet/ der Franckreichs Scepter
fuͤhrt/

Der Ahnen Ritterſchild mit Lilgen ausgeziert;
Wozu ſol aber ihm der leere Vorraht dienen/
Wenn er von ſolchem Stam̃/ der ehmals groß geſchienen/
Der Welt nichts weiſen kan/ als ein verlegnes Blat/
An dem das Pergament der Wurm geſchonet hat?
Wenn er was goͤttliches an ſeiner Quelle ſpuͤhret/
Und doch in ſeinem Sinn zugleich iſt uͤberfuͤhret/
Daß man nichts groſſes mehr an ihm zu ſehen kriegt:
Als daß ein ſtoltzer Jeck in weicher Wolluſt liegt.
Doch ſcheint es/ wenn er ſich ſo uͤbermuͤthig blaͤhet/
Daß ſich nach ſeinem Winck des Himmels Axe drehet/
Und daß des Schoͤpffeꝛs Hand/ mit reiffem Vorbedacht/
Ihn aus viel beſſern Thon/ als mich hervor gebracht.
Was iſt es fuͤr ein Thier/ du Geiſt von hohen Gaben!
Das wir gemeiniglich am allerliebſten haben?
Iſts nicht ein muntres Pferd/ das Krafft und Feuer
blaͤßt/

Und keinen neben ſich das Ziel erreichen laͤßt?
Da offt ein Koppelgaul wird ohngefehr bezahlet/
Ob gleich manch ſchoͤnes Roß in ſeinem Stammbaum
prahlet/

Und traͤgt/ wenn er nicht taugt/ den Rentzel uͤber Land/
Wo man das Schindvieh nicht gar in die Karre ſpañt.
Wie aber wilſt denn du uns andre ſo bethoͤren/
Daß jederman an dir ſol was vergangnes ehren?
Mein Freund du irreſt dich/ und kenneſt nicht die Welt/
Wo ich nicht Tugend ſeh/ da ſeh’ ich keinen Held.
Getrauſt
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[74/0087] Nur kraͤnckt mich/ wenn ein Thor/ der ſich in ſchnoͤden Luͤſten Pflegt eintzig und allein/ mit ſeinem Stand zu bruͤſten/ So unverſchaͤmte Pracht mit fremdẽ Schmucke treibt/ Und andrer Leute Lob auf ſeine Rechnung ſchreibt. Sein tapfferes Geſchlecht mag durch beruͤhmte Sachen Die aͤltſten Chronicken zu dicken Buͤchern machen; Geſetzt: daß ein Capet/ der Franckreichs Scepter fuͤhrt/ Der Ahnen Ritterſchild mit Lilgen ausgeziert; Wozu ſol aber ihm der leere Vorraht dienen/ Wenn er von ſolchem Stam̃/ der ehmals groß geſchienen/ Der Welt nichts weiſen kan/ als ein verlegnes Blat/ An dem das Pergament der Wurm geſchonet hat? Wenn er was goͤttliches an ſeiner Quelle ſpuͤhret/ Und doch in ſeinem Sinn zugleich iſt uͤberfuͤhret/ Daß man nichts groſſes mehr an ihm zu ſehen kriegt: Als daß ein ſtoltzer Jeck in weicher Wolluſt liegt. Doch ſcheint es/ wenn er ſich ſo uͤbermuͤthig blaͤhet/ Daß ſich nach ſeinem Winck des Himmels Axe drehet/ Und daß des Schoͤpffeꝛs Hand/ mit reiffem Vorbedacht/ Ihn aus viel beſſern Thon/ als mich hervor gebracht. Was iſt es fuͤr ein Thier/ du Geiſt von hohen Gaben! Das wir gemeiniglich am allerliebſten haben? Iſts nicht ein muntres Pferd/ das Krafft und Feuer blaͤßt/ Und keinen neben ſich das Ziel erreichen laͤßt? Da offt ein Koppelgaul wird ohngefehr bezahlet/ Ob gleich manch ſchoͤnes Roß in ſeinem Stammbaum prahlet/ Und traͤgt/ wenn er nicht taugt/ den Rentzel uͤber Land/ Wo man das Schindvieh nicht gar in die Karre ſpañt. Wie aber wilſt denn du uns andre ſo bethoͤren/ Daß jederman an dir ſol was vergangnes ehren? Mein Freund du irreſt dich/ und kenneſt nicht die Welt/ Wo ich nicht Tugend ſeh/ da ſeh’ ich keinen Held. Getrauſt

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/87>, abgerufen am 23.11.2024.