Sprache herzuleiten wären *. Diese Nachlässigkeit vermehrete sich in den jüngern Zeiten, da die Griechen größtentheils selbst Barbarn wurden, und noch weniger, als ihre Vorfahrer, von ausländi- schen Sachen zu urtheilen geschickt waren. Die Lateiner, die noch unwissender, als jene, waren, nahmen es getrost von ihnen an; und weil die Italiener von geraumer Zeit her in dem mittel- ländischen Meere Eroberungen gemacht und Handlung getrieben hatten: so zwangen sie die morgenländischen Wörter noch weiter nach ihrer Mundart, und führeten dieselben noch verderbter in ganz Europa ein; wie man unter andern aus den Wörtern Cairo, Scutari, und dergleichen, siehet. Diese Verderbung hat verursachet, daß man diese Wörter in ihrer eigentlichen Sprache kaum mehr kennen kann: so daß in Ansehung der ältern die Kunst- richter große, aber oft vergebliche Mühe angewendet haben, ihren wahren Ursprung zu finden; wie zum Beyspiele aus Relands Abhandlung von der alten persischen Sprache zu ersehen ist. Was aber diese Schwierigkeit für Verwirrung in Vergleichung der alten Geschichte und Erdbeschreibung angerichtet hat: das ist denen zur Genüge bekannt, die die ausländische Geschichte aus ihren Quellen herzuleiten bemühet sind. Diese Gründe haben uns
bewo-
des Ueberſetzers
Sprache herzuleiten waͤren *. Dieſe Nachlaͤſſigkeit vermehrete ſich in den juͤngern Zeiten, da die Griechen groͤßtentheils ſelbſt Barbarn wurden, und noch weniger, als ihre Vorfahrer, von auslaͤndi- ſchen Sachen zu urtheilen geſchickt waren. Die Lateiner, die noch unwiſſender, als jene, waren, nahmen es getroſt von ihnen an; und weil die Italiener von geraumer Zeit her in dem mittel- laͤndiſchen Meere Eroberungen gemacht und Handlung getrieben hatten: ſo zwangen ſie die morgenlaͤndiſchen Woͤrter noch weiter nach ihrer Mundart, und fuͤhreten dieſelben noch verderbter in ganz Europa ein; wie man unter andern aus den Woͤrtern Cairo, Scutari, und dergleichen, ſiehet. Dieſe Verderbung hat verurſachet, daß man dieſe Woͤrter in ihrer eigentlichen Sprache kaum mehr kennen kann: ſo daß in Anſehung der aͤltern die Kunſt- richter große, aber oft vergebliche Muͤhe angewendet haben, ihren wahren Urſprung zu finden; wie zum Beyſpiele aus Relands Abhandlung von der alten perſiſchen Sprache zu erſehen iſt. Was aber dieſe Schwierigkeit fuͤr Verwirrung in Vergleichung der alten Geſchichte und Erdbeſchreibung angerichtet hat: das iſt denen zur Genuͤge bekannt, die die auslaͤndiſche Geſchichte aus ihren Quellen herzuleiten bemuͤhet ſind. Dieſe Gruͤnde haben uns
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des Ueberſetzers
Sprache herzuleiten waͤren
*
. Dieſe Nachlaͤſſigkeit vermehrete ſich
in den juͤngern Zeiten, da die Griechen groͤßtentheils ſelbſt Barbarn
wurden, und noch weniger, als ihre Vorfahrer, von auslaͤndi-
ſchen Sachen zu urtheilen geſchickt waren. Die Lateiner, die
noch unwiſſender, als jene, waren, nahmen es getroſt von ihnen
an; und weil die Italiener von geraumer Zeit her in dem mittel-
laͤndiſchen Meere Eroberungen gemacht und Handlung getrieben
hatten: ſo zwangen ſie die morgenlaͤndiſchen Woͤrter noch weiter
nach ihrer Mundart, und fuͤhreten dieſelben noch verderbter in
ganz Europa ein; wie man unter andern aus den Woͤrtern
Cairo, Scutari, und dergleichen, ſiehet. Dieſe Verderbung hat
verurſachet, daß man dieſe Woͤrter in ihrer eigentlichen Sprache
kaum mehr kennen kann: ſo daß in Anſehung der aͤltern die Kunſt-
richter große, aber oft vergebliche Muͤhe angewendet haben, ihren
wahren Urſprung zu finden; wie zum Beyſpiele aus Relands
Abhandlung von der alten perſiſchen Sprache zu erſehen iſt.
Was aber dieſe Schwierigkeit fuͤr Verwirrung in Vergleichung
der alten Geſchichte und Erdbeſchreibung angerichtet hat: das iſt
denen zur Genuͤge bekannt, die die auslaͤndiſche Geſchichte aus
ihren Quellen herzuleiten bemuͤhet ſind. Dieſe Gruͤnde haben uns
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/29>, abgerufen am 21.11.2024.
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