Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.Osmanische Geschichte und bey ihnen gegen seines Bruders Gewalt Schutz suchen könnte. Weil nunSelim besorgte, er möchte denselben Anschläge geben, die den osmanischen Sa- chen nachtheilig wären: so gab er Befehl, ihn mit mehrerm Fleiße aufzusuchen. Zuletzt hatte er das Schicksal, daß er von einem Soldaten ausgefunden, aus seinem Schlupfwinkel hervorgezogen und zu Selim gebracht wurde. Dieser übergab ihn, ohne ihm Zeit zu lassen eine Schutzrede für sich zu halten, ob er dieses gleich ernstlich verlangte, sogleich dem Nachrichter, und ließ ihn erwürgen. Persien ein, und rathschlaget mit seinen Weßi- ren vor derSchlacht: 4. Als Selim solchergestalt die Mitbuhler seines Reiches zu Grunde ge- 3 Hausfeinde] Nämlich gewisse große Hofbedienten, die Bajeßid heimlich gewo- gen waren, und von Selim allesamt ums Leben gebracht wurden. 4 Kißilbasch Schahi] der König der Rothköpfe. Dieses war Ismäil Sofi, der weiseste und gelehrteste von allen persischen Königen. Er wurde von seinen Unterthanen für einen Heiligen gehalten, weil zu seiner Zeit die Verbesserung des Kurons geschahe, wie ich in einer der vorhergehenden Anmer- kungen erzählet habe*. 5 Tibris] Diese Stadt wurde kurz her- [Spaltenumbruch] nach wieder von den Persern erobert, die die- selbe bis auf den heutigen Tag im Besitze haben. 6 Tschaldüran] Vieler Meinung nach ist es eine geraumige Ebene unter den Mau- ren von Tibris, und führet noch itzo diesen Namen. Andere halten es für eine kleine Stadt, nicht weit von Tibris. Nach seinem Ursprunge heißet es einen, der dem andern etwas zum stehlen hinleget, von dem Zeit- worte tschalarüm, ich stehle, von dem her- kommt tschaldürürüm, ich mache stehlen. Imgleichen bedeutet es, einen klopfen lassen. geshee- * 196 S. 41 Anm.
Osmaniſche Geſchichte und bey ihnen gegen ſeines Bruders Gewalt Schutz ſuchen koͤnnte. Weil nunSelim beſorgte, er moͤchte denſelben Anſchlaͤge geben, die den osmaniſchen Sa- chen nachtheilig waͤren: ſo gab er Befehl, ihn mit mehrerm Fleiße aufzuſuchen. Zuletzt hatte er das Schickſal, daß er von einem Soldaten ausgefunden, aus ſeinem Schlupfwinkel hervorgezogen und zu Selim gebracht wurde. Dieſer uͤbergab ihn, ohne ihm Zeit zu laſſen eine Schutzrede fuͤr ſich zu halten, ob er dieſes gleich ernſtlich verlangte, ſogleich dem Nachrichter, und ließ ihn erwuͤrgen. Perſien ein, und rathſchlaget mit ſeinen Weßi- ren vor derSchlacht: 4. Als Selim ſolchergeſtalt die Mitbuhler ſeines Reiches zu Grunde ge- 3 Hausfeinde] Naͤmlich gewiſſe große Hofbedienten, die Bajeßid heimlich gewo- gen waren, und von Selim alleſamt ums Leben gebracht wurden. 4 Kißilbaſch Schahi] der Koͤnig der Rothkoͤpfe. Dieſes war Ismaͤil Sofi, der weiſeſte und gelehrteſte von allen perſiſchen Koͤnigen. Er wurde von ſeinen Unterthanen fuͤr einen Heiligen gehalten, weil zu ſeiner Zeit die Verbeſſerung des Kurons geſchahe, wie ich in einer der vorhergehenden Anmer- kungen erzaͤhlet habe*. 5 Tibris] Dieſe Stadt wurde kurz her- [Spaltenumbruch] nach wieder von den Perſern erobert, die die- ſelbe bis auf den heutigen Tag im Beſitze haben. 6 Tſchalduͤran] Vieler Meinung nach iſt es eine geraumige Ebene unter den Mau- ren von Tibris, und fuͤhret noch itzo dieſen Namen. Andere halten es fuͤr eine kleine Stadt, nicht weit von Tibris. Nach ſeinem Urſprunge heißet es einen, der dem andern etwas zum ſtehlen hinleget, von dem Zeit- worte tſchalaruͤm, ich ſtehle, von dem her- kommt tſchalduͤruͤruͤm, ich mache ſtehlen. Imgleichen bedeutet es, einen klopfen laſſen. geshee- * 196 S. 41 Anm.
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Osmaniſche Geſchichte
und bey ihnen gegen ſeines Bruders Gewalt Schutz ſuchen koͤnnte. Weil nun
Selim beſorgte, er moͤchte denſelben Anſchlaͤge geben, die den osmaniſchen Sa-
chen nachtheilig waͤren: ſo gab er Befehl, ihn mit mehrerm Fleiße aufzuſuchen.
Zuletzt hatte er das Schickſal, daß er von einem Soldaten ausgefunden, aus
ſeinem Schlupfwinkel hervorgezogen und zu Selim gebracht wurde. Dieſer
uͤbergab ihn, ohne ihm Zeit zu laſſen eine Schutzrede fuͤr ſich zu halten, ob er
dieſes gleich ernſtlich verlangte, ſogleich dem Nachrichter, und ließ ihn erwuͤrgen.
4. Als Selim ſolchergeſtalt die Mitbuhler ſeines Reiches zu Grunde ge-
richtet, auch noch gewiſſe Hausfeinde
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aus dem Wege geraͤumet hatte: ſo wen-
dete er ſeine Gedanken auf auswaͤrtige Eroberungen. Unter ſeinen Feinden
von außen war ohne Zweifel der Sultan Gaͤwri, Koͤnig in Aegypten, der vor-
nehmſte, mit dem Bajeßid nach vielen Streitigkeiten Friede gemacht hatte.
Allein, es war weder ſicher noch rathſam, denſelben anzugreifen, ehe Kißilbaſch
Schahi
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uͤberwunden war. Dieſer letztere hatte ſeine Feindſeligkeit genugſam
verrathen, und daher war es zu befuͤrchten, die Perſer moͤchten die Osmanen
waͤhrend der Zeit anfallen, da dieſe mit den aͤgyptiſchen Sachen zu thun haͤtten.
Die Mishelligkeiten mit ihnen waren durch die letzten ketzeriſchen Aenderungen
des Kurons von Schejtan Kuli noch mehr vergroͤßert worden, der mit des Koͤ-
niges Genehmhaltung ganz Perſien angeſtecket und dieſes Volk zu Feinden der
wahren Nachfolger des Kurons gemacht hatte. In Betrachtung deſſen ent-
ſchloß ſich Selim, die Perſer vorher zu demuͤthigen, ehe er zu anderweiten Un-
ternehmungen ſchritte. Er ging alſo im Jahre 920 mit einem zahlreichen Krie-
geshee-
³ Hausfeinde] Naͤmlich gewiſſe große
Hofbedienten, die Bajeßid heimlich gewo-
gen waren, und von Selim alleſamt ums
Leben gebracht wurden.
⁴ Kißilbaſch Schahi] der Koͤnig der
Rothkoͤpfe. Dieſes war Ismaͤil Sofi, der
weiſeſte und gelehrteſte von allen perſiſchen
Koͤnigen. Er wurde von ſeinen Unterthanen
fuͤr einen Heiligen gehalten, weil zu ſeiner
Zeit die Verbeſſerung des Kurons geſchahe,
wie ich in einer der vorhergehenden Anmer-
kungen erzaͤhlet habe *.
⁵ Tibris] Dieſe Stadt wurde kurz her-
nach wieder von den Perſern erobert, die die-
ſelbe bis auf den heutigen Tag im Beſitze
haben.
⁶ Tſchalduͤran] Vieler Meinung nach
iſt es eine geraumige Ebene unter den Mau-
ren von Tibris, und fuͤhret noch itzo dieſen
Namen. Andere halten es fuͤr eine kleine
Stadt, nicht weit von Tibris. Nach ſeinem
Urſprunge heißet es einen, der dem andern
etwas zum ſtehlen hinleget, von dem Zeit-
worte tſchalaruͤm, ich ſtehle, von dem her-
kommt tſchalduͤruͤruͤm, ich mache ſtehlen.
Imgleichen bedeutet es, einen klopfen laſſen.
H. 920.
J. C. 1514.
* 196 S. 41 Anm.
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